Beinahe wäre eine 88-Jährige aus Freudenstadt einem Schockanruf zum Opfer gefallen. (Symbolfoto) Foto: © highwaystarz - stock.adobe.com/HighwayStarz

Schockanrufe, bei denen meist älteren Menschen die Notlage eines Angehörigen vorgegaukelt wird, um Zahlungen zu veranlassen, haben landesweit zugenommen. Auch eine 88-jährige Freudenstädterin wäre fast darauf reingefallen.

Namentlich genannt werden möchte die 88-jährige Freudenstädterin, die diesen Monat fast Opfer eines so genannten Schockanrufs geworden wäre, nicht. Das Erlebte sitzt der Frau, die trotz ihres Alters alles andere als einen naiven Eindruck vermittelt, noch immer in den Knochen und wirkt nach. Besonders nach dem Vorfall sei ihr das Ganze drei oder vier Tage lang ziemlich nachgegangen, erzählt die Frau.

Letztlich war es vermutlich ihr wacher Verstand, der sie nach dem ersten „Schock“ aufgrund des Anrufes am Ende doch vor schlimmerem Schaden bewahrt hat. Mit dem unschönen Erlebnis steht die Freudenstädterin auch nicht alleine da – die Betrugsmasche hat in den letzten Jahren deutlich Fahrt aufgenommen.

Angebliche Notlage von Angehörigen

Die Methoden, mit der die Täter dabei vorgehen, sind immer ähnlich. Ältere Menschen werden mit einer angeblichen Notlage von Angehörigen unter Druck gesetzt. Deshalb warnt auch die Polizei immer wieder.  Auch im Fall der Freudenstädterin war das so.

Gegen zehn Uhr morgens hatte bei ihr das Telefon geklingelt . „Mama, Mama, ich habe eine rote Ampel überfahren und dabei einen Menschen getötet“, schrie eine Frau scheinbar heulend in großer Verzweiflung in das Telefon. Aufgrund der weinerlichen und völlig verzweifelt klingenden Stimme war es der Freudenstädterin nicht möglich, diese Stimme von derjenigen der eigenen Tochter zu unterscheiden. „Ich hab wirklich gedacht, es ist meine Tochter in totaler Verzweiflung.“

Der Hörer wurde von der vermeintlichen Tochter dann an eine angebliche Rechtsanwältin weitergereicht. Die erklärte, dass sie sich mit der „Tochter“ auf der Polizeistation befinde und, dass diese wegen des Vorfalles in Haft genommen werde, wenn nicht Kaution gestellt würde. Da eine ausreichende Menge an Bargeld so schnell nicht verfügbar war, verständigten sich beide Seiten schließlich auf die Übergabe von Münzen und Schmuck. Beides befand sich aber in der Zweitwohnung der 88-Jährigen bei Stuttgart.

Nach dem ersten Schock dämmert es der Frau

Weil der aufgebaute Druck so groß war, hat die Frau daraufhin sofort ein Taxi bestellt und sich gemeinsam mit dem Lebensgefährten auf den Weg gemacht. Zuvor wurde sie aber noch nach der dortigen Festnetznummer, einem Handy und der Handynummer gefragt. Es folgte ein Anruf auf diesem Handy und die Anweisung, den Anruf auch während der Fahrt nicht zu beenden, sondern das Handy aufgeklappt im Auto liegen zu lassen. Die Täter waren deshalb in der Lage, im Auto mitzuhören.

Nach dem ersten Schock dämmerte der Frau plötzlich im Auto, dass etwas vielleicht nicht stimmt. Geistesgegenwärtig schrieb die Frau ihre Vermutung, dass es sich um einen Betrugsversuch handeln könnte, auf einen Zettel um den neben ihr sitzenden Partner zu informieren – ohne, dass die Betrüger am anderen Ende der Leitung davon erfuhren.

Täter werden nur selten geschnappt

Der vereinbarte Ablauf wurde trotzdem unverändert durchgezogen. Angekommen in der Wohnung bei Stuttgart, hat die Frau von der Wohnung einer Nachbarin aus zuerst die vermeintlich betroffene Tochter angerufen und zuhause auch erreicht. Diese verständigte sofort die Polizei. Das nach wie vor angeschaltete Handy lag währenddessen in der eigenen Wohnung einen Stock tiefer, die Anrufer bekamen also auch davon nichts mit. Diese meldeten sich aber – und mit großer Penetranz – auf dem Festnetz. „Ich hätte dort ans Telefon gehen und mitspielen sollen“, sagt die Frau rückblickend. In dem Moment habe sie sich das aber einfach nicht getraut. Die Täter werden deshalb auch nur in den seltensten Fällen tatsächlich geschnappt. Angezeigt wurde im Falle der Freudenstädterin ein „unbekannter“ Anrufer.

Mit ihrer Geschichte möchte die Frau sensibilisieren und dafür sorgen, das dasselbe nicht auch anderen passiert.

Was die Polizei im Falle eines Schockanrufs rät

Auflegen
Legen Sie am besten auf, wenn Sie nicht sicher sind, wer anruft oder Sie sich unter Druck gesetzt fühlen.

Misstrauen
Seien Sie stets misstrauisch, wenn Sie am Telefon um (hohe) Geldbeträge gebeten werden. Die Polizei wird am Telefon keine Zahlung einer Kaution zur Abwendung einer Untersuchungshaft fordern.

Angaben prüfen
Nehmen Sie sich Zeit, um die Angaben des Anrufers zu überprüfen.

Angehörige anrufen
Rufen Sie den Angehörigen unter der Ihnen bekannten Nummer an. Achten Sie darauf, dass Sie das vorherige Gespräch mit den Anrufern definitiv beendet haben.

Nichts Persönliches
Sprechen Sie am Telefon nicht über Ihre persönlichen sowie familiären und finanziellen Verhältnisse.

Nichts übergeben
Übergeben Sie niemals Geld oder Wertsachen an unbekannte Personen.

Dienstausweis fordern
Fordern Sie von angeblichen Amtspersonen den Dienstausweis. Rufen Sie gegebenenfalls die bekannte, örtliche Dienststelle an.

Vertrauensperson
Reden Sie mit Familienangehörigen oder Bekannten über solche Anrufe beziehungsweise ziehen Sie eine Vertrauensperson hinzu.

Notruf
Verständigen Sie über den Notruf 110 die Polizei.