Rottweil hat mit der KWS im nächsten Jahr die erste Ganztagsgrundschule. Foto: Armbruster

Pionierarbeit: Rottweil hat im nächsten Jahr die erste Ganztagsgrundschule.

Rottweil - Dass sich die Konrad-Witz-Schule (KWS) mit ihrem Leiter Willy Schmidt mutig an Neues heranwagt, hat sie schon oft bewiesen. Zuletzt mit der Einrichtung der Gemeinschaftsschule. Jetzt will die KWS als erste Schule in der Stadt Ganztagsgrundschule werden.

Voraussetzung für diesen Schritt: Nicht nur die Lehrer, auch die Eltern müssen dahinter stehen, wenn der Wandel von der Ganztagsbetreuung zur Ganztagsgrundschule vollzogen werden soll. In der KWS ist das der Fall, wie die Elternbeiratsspitze in der Sitzung des Kultur-, Sozial- und Verwaltungsausschusses am Mittwoch nickend bestätigte. An der Eichendorff- und Römerschule dagegen, mit denen die Stadt ebenfalls Gespräche geführt hat, überwiegt die Skepsis. Die Schulkonferenz der Römerschule habe die Ganztagesgrundschule bereits abgelehnt, erklärte Sabine Flaig von der Stadtverwaltung dem Gremium. Die Signale aus der Eichendorffschule seien ähnlich. Eltern würden vor allem den Wegfall der Flexibilität befürchten.

An der Konrad-Witz-Schule will man ein gewisses Maß der Flexibilität bewahren: Die Eltern können zwischen Halbtags- und Ganztagsschule wählen. Der schulische Ganztagsbetrieb ist von der Schule zu organisieren, die Finanzierung der zusätzlichen Lehrerwochenstunden leistet das Land – ein Fakt, der als großer Vorteil gewertet wird. "Je mehr Schüler in der Ganztagsgrundschule, umso mehr Lehrerstunden werden zugeteilt", so Sabine Flaig. Das bedeute auch eine Ersparnis für die Stadt: Bei drei oder vier Gruppen sind es geschätzte 8000 bis 15 000 Euro im Jahr.

Fachbereichsleiter Bernd Pfaff freut sich in erster Linie über die zu erwartende höhere Qualität und dankte Schmidt für die Bereitschaft, mutig voran zu gehen. Schmidt allerdings betonte, dass so viel Mut gar nicht nötig sei. "Alle Wege, die wir bisher eingeschlagen haben, haben sich als notwendig und richtig erwiesen." An der KWS gebe es bereits seit 1997 eine Kernzeitbetreuung. Die Einrichtung einer Ganztagsgrundschule sei ein logischer weiterer Schritt.

Es gehe darum, die Bildungsqualität zu erhöhen. "Wir müssen die Kinder von heute auf 2030 vorbereiten", gab er zu bedenken. Für ihn sei dieser Schritt im Übrigen kein Wagnis. "Da fühle ich mich erfahren genug." Und natürlich wolle man die Kinder den Eltern nicht entziehen. "Die Eltern sind mündig genug, bei diesem Angebot zu wählen", betonte er.

Damit spielte Schmidt auf den vorhergehenden Einwand von CDU-Stadtrat Hans-Peter Alf an, der sich zwar für die Einrichtung der Ganztagsgrundschule aussprach, es aber als Krux bezeichnete, dass die Kinder so ein Stück weit "die soziale Bindung zu ihren Familien verlieren".

Ingeborg Gekle-Maier (Grüne) hielt dagegen ein derart flammendes Plädoyer für die Ganztagsgrundschule ("sorgt für mehr Bildungsgerechtigkeit und wirkt dem Fachkräftemangel entgegen"), dass Oberbürgermeister Ralf Broß ihr glatt Landtags-Rednerqualitäten zusprach.

Auch Heide Friederichs (FFR) ist überzeugt, dass in dieser Schulform die Zukunft liegt. Die Wahlform, wie sie die KWS plant, sei ein großes Zugeständnis an die Eltern. "Das wird gut klappen." Arved Sassnick (SPD) zeigte Verständnis für jene Eltern, die noch skeptisch sind. Dennoch gebe es bei den Sechs- bis Zehnjährigen eben inzwischen viele doppelverdienende Eltern, denen die Ganztagsgrundschule zugute kommt.

Einstimmig beschloss der Ausschuss, dass der Antrag zur Einrichtung einer Ganztagsgrundschule an der KWS zum Schuljahr 2017/18 beim Staatlichen Schulamt Donaueschingen gestellt werden soll. Auf die Eichendorff- und Römerschule will man eventuell zu einem späteren Zeitpunkt nochmals zugehen.

Info: Das Konzept

Das Wahlmodell an der KWS:

 Halbtagsschule: hier ist keine zusätzliche Betreuung vor oder nach dem Unterricht möglich. An ein bis zwei Nachmittagen findet Unterricht statt.

 "Reine" Ganztagsschule: Ganztagsgrundschule an vier Tagen zu je acht Stunden (7.30 bis 15.30 Uhr, außer freitags). Das Angebot ist bis auf das Mittagessen kostenfrei. Schulpflicht für die angemeldeten Schüler (mit Ausnahme des Mittagessens).

 "Erweiterte" Ganztagsschule: Zur reinen Ganztagsgrundschule wird eine zusätzliche kostenpflichtige Betreuung durch den Schulträger angeboten, montags bis donnerstags von 15.30 bis 17 Uhr, freitags von 12.10 bis 17 Uhr.