Mit großem Interesse verfolgen die Neufraer Bürger die Versammlung zum Hochwasserschutz an der Starzel. Foto: Schmidt

Konzept vorgestellt. Entlastungsbecken wird vergrößert. Vor-Ort-Besichtigung mit Anwohnern geplant.

Rottweil-Neufra - Die Ertüchtigungsvorschläge für das Hochwasserrückhaltebecken in Neufra treffen auf große Zustimmung. Die Probleme im Unterdorf sehen die Bürger dadurch aber nicht gelöst.

Der Rottweiler Teilort Neufra lebt schon seit Jahrzehnten mit der Hochwasserproblematik. Das in den 80er-Jahren gebaute Hochwasserrückhaltebecken gewährt Schutz, aber bei Weitem keinen ausreichenden. Starke Regenereignisse kann das Bauwerk nicht aufhalten. Blank liegen die Nerven in Neufra nicht, aber ruhig schlafen ist beim derzeitigen Dauerregen, schier unmöglich, erzählen die Starzel-Anlieger. Die letzte Katastrophe vor zwei Jahren hält auch die Stadt Rottweil wach. Es begannen die Untersuchungen des Rückhaltebeckens, deren Ergebnisse jetzt in der Karl-Stimmler-Halle im Rahmen einer Ortschaftsratssitzung vorgestellt wurden.

Damm ist standsicher

Im jetzigen Zustand halte das Becken nur noch einem 20-jährigen Hochwasserereignis stand, sagte Stefan Rapp vom Planungsbüro Wald und Korbe. Die nun angedachten Maßnahmen schützen Neufra dann bei einem 100-jährigen Ereignis, und der Hochwasserabfluss durch den Ort könne von 16 auf zwölf Kubikmeter pro Sekunde gedrosselt und damit das Überlaufen verhindert werden. Die gute Nachricht: Der Damm ist standsicher und das Hochwasserentlastungsbecken funktionsfähig, betonte Rapp. Das Konzept beinhalte die Volumenvergrößerung des Beckens von jetzt 320 000 auf dann 350 000 Kubikmeter, eine Erhöhung der Überlaufschwelle am Entlastungsbauwerk, den Neubau eines Einlaufbauwerks und die Vergrößerung der Einlauffläche.

Darüber hinaus werde das Entlastungsbauwerk verankert, um das Bauwerk vor der Mehrbelastung von vorne zu sichern, aber auch um dem Wasserdruck von hinten stand zu halten.

Des Weiteren wären kleinere Maßnahmen wie eine Böschungstreppe mit Schrägpegel, eine Beleuchtung und Pegelmesser im Unterwasser geplant, von denen sich Rapp, "deutlich mehr Sicherheit" verspricht. Der Flusslauf im Ort soll durch Ausgrabungen verbreitert und der Fließquerschnitt dadurch vergrößert werden. Durch das Zusammenspiel dieser Maßnahmen verbleibe der Hochwasserabfluss auch bei einem 100-jährigen Hochwasser in der Starzel, versicherte Rapp.

Karl Ulmschneider, Anlieger der Starzel, lobte die geplanten Maßnahmen beim Rückhaltebecken als "sehr vertrauenserweckend".

Brücke bereitet Sorge

Sorge bereite ihm indes die obere Starzelbrücke, die nicht in die Überlegungen mit einbezogen worden sei Für ihn stellt das Brückenbauwerk die eigentliche Problematik im Ort da. Aufgrund ihres Höhenniveaus prallen die Fluten ab und verteilen sich links und rechts in die nieder liegenden Hauseingänge. Darüber hinaus bat er, das Gefälle der Starzel über die gesamte Länge hinweg auszugleichen. Beide Brücken wären geprüft worden, reagierte Rapp. Die Bemessungen hätten ergeben, dass durch die geplanten Maßnahmen und durch die erreichte Verminderung von 16 auf 12 Kubikmeter pro Sekunde, beide Brücken kein Problem mehr darstellen dürften. Allerdings gestand er ein, dass auch das ertüchtigte Bauwerk einem 400-jährigen Hochwasserereignis, vergleichbar mit dem vor zwei Jahren, nicht standhalten könnte. Nicht beachtet innerhalb der Planung fühlten sich die Anwohner im Unterdorf. Ihre Hochwasserprobleme bemessen sich nach ihrer Sicht nicht an der Starzel, sondern am Hochwasserstand der Prim, auf die die Starzel trifft.

Auch Unterdorf im Blick?

Durch den Rückstau und dem veränderten Winkel – die Prim begegne der Starzel nicht mehr wie früher im spitzen, sondern im stumpfen Winkel – wären die Folgen nicht minder verheerend als im Oberdorf. Wie Klaus Gaiselmann, Leiter des Umweltschutzamtes am Landratsamt Rottweil, auf Nachfrage erläuterte, wurde auch diese Situation von Wald und Korbe modelliert und bemessen. Aufgrund des geringeren Hochwasserabflusses, der durch die Maßnahmen im Oberdorf erreicht werde, sei auch das Unterdorf bei einem 100-jährigen Hochwasserereignis geschützt.

Nichts desto trotz würden die Beobachtungen der Anwohner ernst genommen, und eine gemeinsame Vor-Ort-Besichtigung vereinbart Sollten sich die Bedenken der Anwohner bestätigen, könne zum Schutz entweder eine kleine Schutzmauer gezogen oder bei mehr Platz auch ein Damm errichtet werden. Wären nur wenige Objekte betroffen, sei vereinzelt auch ein Objektschutz möglich. Über Frühwarnsysteme werde noch nachgedacht, sagte Rapp. Allein das Läuten einer Sirene, wie von Ortsvorsteher Willy Schaumann vorgestellt, helfe den Anliegern, die sich nicht im Ort aufhalten wenig, sagten die Bürger. Das Becken werde von einer webcam beobachtet, so Rapp. Die Ereignisse über das Internet zur Verfügung zu stellen, wäre denkbar.

Bau nächstes Jahr

Der Kostenrahmen für die Gesamtmaßnahme liege derzeit bei 1,5 Millionen Euro. 50 Prozent davon stelle das Land als Förderung in Aussicht. Nach den Genehmigungsverfahren könne mit dem Bau im kommenden Jahr begonnen die Baumaßnahme mithin im Sommer 2018 abgeschlossen werden.

Klar wurde auf der Veranstaltung aber auch, dass Neufra weiterhin Hochwasserereignisse über das 100-jährige hinaus treffen werden. Gefördert werden vom Land aber nur Maßnahmen bemessen am 100-jährigen. 500 Sandsäcke stehen der Feuerwehr daher zur Verfügung. Jeder Bürger sollte darüber hinaus Sandsäcke für den Selbstschutz lagern, so Rapp.