Im gut gefüllten Jugendstilsaal begrüßt Geschäftsführer Thomas Brobeil rund 200 Tagungsgäste zum 25. Rottweiler Herbstsymposium. Foto: Schröder Foto: Schwarzwälder-Bote

Medizin: Experten informieren bei Tagung zum Thema "Gehirn – Geist – Seele" über ihre Fachgebiete

Das 25. Rottweiler Herbstsymposium stand unter dem Leitthema "Gehirn – Geist – Seele: Moderne Psychiatrie im Vinzenz-von-Paul-Hospital".

Rottweil. Geschäftsführer Thomas Brobeil hob hervor, dass das Herbstsymposium seit 25 Jahren zum unverzichtbaren Programm des Hospitals gehöre und eine gute Möglichkeit zum Informationstransfer zwischen Klinik, Fachdiensten, niedergelassenen Ärzten und interessiertem Publikum biete. Das Themenspektrum reichte von sucht- oder gesundheitspolitischen Fragestellungen über neue neurobiologische Konzepte und bewährte Interventionen bis hin zu trauma-assoziierten Schmerzzuständen und ihren Behandlungsmöglichkeiten.

Rainer Thomasius, Professor an der Uniklinik Hamburg-Eppendorf, referierte zur Frage einer möglichen Legalisierung von Cannabis. Er wandte sich gegen eine Verharmlosung des Cannabiskonsums und wies nachdrücklich auf die Gefahren besonders bei Jugendlichen hin, heißt es in einer Mitteilung.

Studien zeigten, dass der Konsum von Cannabis zu Entwicklungsschäden des Gehirns mit Intelligenzeinbußen und Motivationsstörungen führen kann. Gegenüber einer viel diskutierten Einführung der Altersschranke für Jugendliche zeigte sich Thomasius skeptisch. So würden auch Alkoholika heute schon von Älteren an Jüngere weitergegeben, und Testkäufe belegten, dass die gesetzliche Regelung massenhaft unterlaufen werde.

Für suchtgefährdete Jugendliche sprach er sich statt für Strafverfolgung für mehr Therapieangebote und den Ausbau von Präventionsmaßnahmen aus.

Sinnvoll hingegen könne der Einsatz von Cannabis bei chronischen Schmerzen und spastischen Lähmungen bei multipler Sklerose sein. Hier müsse im Einzelfall eine Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.

Hirnstimulation hilft Schwerstdepressiven

In seinem sowohl kurzweiligen als auch anschaulichen Vortrag "Update EKT" gab dann Alexander Sartorius vom Zentrum für seelische Gesundheit Mannheim einen Überblick über die Entstehungsgeschichte der Elektrokrampftherapie (EKT) und über den Stellenwert dieser Behandlungsmethode.

Thomas Schläpfer von der Universitätsklinik Freiburg stellte die neuen Möglichkeiten der Hirnstimulation bei schwerstkranken depressiven Patienten vor. Er berichtete aus der eigenen Arbeitsgruppe und gab einen interessanten Überblick über den weltweiten Stand dieser neuen Therapieform. Der Professor legte insbesondere Wert darauf, dass für Schwerstkranke, für die derzeit keine andere Therapiemöglichkeit bestehe, auf diese Art und Weise nun auch in der Nähe von Rottweil, in Freiburg, eine neue Therapieeinrichtung geschaffen worden sei.

Der Jüngste im Bunde, Jonas Tesarz von der Universitätsklinik Heidelberg, stellte dar, wie akute Schmerzen sich zu chronischen Schmerzen verändern können. Chronischer Schmerz müsse dabei als eine Verarbeitungsstörung auf Gehirn- und Körperebene angesehen werden, bei der sich vor allem auch schmerzhafte, psychosoziale Erlebnisse des Lebensablaufs – wie zerstörerische und bedrohliche Gewalterfahrung, emotionale Vernachlässigung und sexueller Missbrauch – an dieses Gegenwartsereignis anheften und dessen Bewältigung erheblich erschweren könnten.

Er stellte mit dem EMDR-Verfahren eine effektive Methode vor, die durch Augenstimulationsbewegungen geleitet, strukturiert und sicher durch die verschiedenen Schmerzebenen führt und so zu einer Linderung oder Besserung bis hin zur Heilung führen kann.

Die Referenten, laut Mitteilung ausgewiesene Experten auf ihrem Gebiet, gestalteten ihre Vorträge auf hohem wissenschaftlichen Niveau und gleichzeitig praxisbezogen und anschaulich. Die Resonanz der rund 200 Teilnehmern aus der Region sei deshalb positiv gewesen.