Weihbischof Thomas Maria Renz, Petra Depner, Diözesanleiterin der Pfadfinder, und OB Stephan Neher (von links) diskutierten mit Schülern des beruflichen Gymnasiums St. Klara über die Themen Flucht und Asyl. Foto: Rath Foto: Schwarzwälder-Bote

St. Klara-Schüler beschäftigen sich mit Flucht und Asyl / Weitere 160 Flüchtlinge kommen nach Rottenburg

Von Annika Rath

Rottenburg. Im Rahmen einer Projektwoche und in Zusammenarbeit mit dem "Bund der Deutschen Katholischen Jugend" war eine Woche lang die "Pfadfindergemeinschaft St. Georg" am beruflichen Gymnasium St. Klara.

Almanya. Der türkische Begriff für Deutschland in schwarz-rot-goldenen Lettern ist schon von weitem auf dem Plakat zu sehen. Darunter kann eine Filmrezension zum gleichnamigen Film gelesen werden. Er beschäftigt sich mit dem Leben türkischstämmiger Gastarbeiter in Deutschland.

Was der Schriftsteller Thomas Mann damit zu tun hat? Auch er war ein Auswanderer. Von Deutschland zog es ihn zuerst in die Schweiz und danach in die USA.

Unter dem Motto "Werde Weltfairänderer" wurde mit den Schülern der Oberstufe des beruflichen Gymnasiums St. Klara an Stationen und in Workshops geredet, diskutiert, überlegt und die Ergebnisse und Ideen festgehalten. Dabei waren die zentralen Themen Asyl, Flucht und Vertreibung.

Ein Besuch bei der Rottenburger Tafel mit Diakon Matthias Schneider gehörte etwa zum Programm. Am Dienstag machte sich eine Gruppe auf, um mit Birgit Reinke von der Stadt einen Rundgang durch Rottenburg zu machen. Gefragt wurde: "Rottenburg is(s)t fair – wer ist dabei?"

Rund 350 Flüchtlinge sind momentan in Rottenburg untergebracht

Neben dem einwöchigen Schwerpunkt hatten sich die Schüler auch immer wieder während des Schuljahres in den Unterrichtsfächern wie etwa Religion, Deutsch oder Gemeinschaftskunde mit diesen Problemstellungen auseinandergesetzt. So ist es unter anderem das Ziel des beruflichen Gymnasiums, dass die Jugendlichen Veränderungen innerhalb der Gesellschaft wahrnehmen. Gleichzeitig sollen sie lernen, hierzu eine eigene Stellung zu nehmen.

Höhepunkt war dann die Podiumsdiskussion mit dem Schwerpunkt Migration am Donnerstag. Die vielfältigen Fragen der Schüler beantworteten Oberbürgermeister Stephan Neher, Weihbischof Thomas Maria Renz und Petra Depner, Diözesanleiterin der Pfadfinder. Zum Einstieg beschrieb der OB die aktuelle Situation: Rund 350 Flüchtlinge sind momentan in Rottenburg untergebracht.

Erst am Tag vor dem Gespräch hatte die Stadt dem Landkreis zugesagt, weitere 160 Flüchtlinge aufnehmen zu können. Sie sollen im Hochhaus auf dem DHL-Gelände ein neues Zuhause finden. Gleichzeitig machte er deutlich, dass wie in vielen Städten die Kapazitäten immer mehr ausgeschöpft seien: "In der Schublade liegen schon Pläne für den Notfall für Belegungen von Turnhallen." Diesen Weg bezeichnete er als nicht ideal. Deshalb wolle man ihn erst ganz am Ende einschlagen, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft seien.

Ob die Kirche denn nicht den Dom als Unterbringungsmöglichkeit anbieten könne, wollte ein Schüler daraufhin vom Weihbischof wissen. "Es muss ja nicht unbedingt der Dom sein, aber andere Einrichtungen schon", schmunzelte Renz. So wohnen etwa seit kurzem auf der Liebfrauenhöhe bei den Schönstätter Marienschwestern in Ergenzingen einige Familien mit kleinen Kindern.

Wichtig fanden es alle drei Experten, dass durch Arbeitsmöglichkeiten eine Struktur im Alltag der Flüchtlinge geschaffen wird. Hier habe die Politik Nachholbedarf. Dafür sei dann wieder die Sprache entscheidend. "Wenn ein Flüchtling in der Pflege arbeitet und die Menschen nicht versteht, dann ist es halt schwierig", schilderte Renz. Neher setzte sich dafür ein, dass die ausländischen Bildungsabschlüsse auf das deutsche System übertragen werden, um den Einstieg in die Arbeitswelt zu erleichtern.

Die Gefahr von Fremdenfeindlichkeit sah Petra Depner überall gegeben, schilderte aber gleichzeitig eine überwiegend positive Grundstimmung. "Wichtig sind solche Veranstaltungen wie heute, um Toleranz und Offenheit zu schaffen", lobte der OB die Projektwoche und das Schuljahresthema am beruflichen Gymnasium St. Klara. Denn nicht nur die Schüler, sondern auch die Lehrer und Experten konnten einige neue Sichtweisen und Gedanken mit nach Hause nehmen.