Yves Opizzo zeigt den Schatten, der die Zeit angibt. Foto: Rahmann

Yves Opizzo, der seit seit 1987 Sonnenuhren im In- und Ausland errichtet, kreierte die im April diesen Jahres eingeweihte Sonnenuhr im römischen Freilichtmuseum. Er erzählt, wie er dabei vorging und wie sie funktioniert.

Der Schatten des ungefähr sechs Meter hohen Obelisks dient der im April diesen Jahres eingeweihten Sonnenuhr im römischen Freilichtmuseum als Zeiger. Um den Obelisken sind Steinplatten in den Boden eingelassen. Auf einigen von ihnen stehen römische Zahlen, auf anderen Symbole von Tierkreiszeiten. Jene mit Zahlen verlaufen in einer Art Bogen um den Obelisken und zeigen die Uhrzeit – nach der antiken Zeiteinteilung – an. Jene Steinplatten mit Tierkreiszeichen verlaufen auf einer Art Geraden, die von dem Obelisken wegführt und zeigen jeweils den 21. des aktuellen Monats an.

Wenn ein Betrachter sich aber direkt vor den Stein „eins“ stellt und die Steinplatten betrachtet, auf die der Schatten im Verlauf der Monate zur ersten römischen Stunde fallen soll, sieht er eine krumme Linie und keine Gerade. Genauso bildet der Verlauf der Steine, die die römischen Stunden anzeigen sollen, keinen perfekten Bogen. Dennoch „ist die Sonnenuhr extrem präzise“, sagt Opizzo.

Die Perspektive vom Boden aus sei trügerisch, da der Boden total unregelmäßig sei. Man müsse die Perspektive von der Spitze des Obelisken einnehmen – von dort aus bilden die Stundensteine eine perfekte Linie und die Monatssteine einen perfekten Bogen.

Laserstrahl zeigt beim Aufstellen, wohin der Schatten jeweils hin fällt

Er habe die Position der Steine mit Hightech erarbeitet, die die Sonne simuliert. Ein an der Spitze des Obelisks installierter elektronischer Theodolit – eine Art Winkelmesser – habe die „exakte Stelle der Sonne berechnet“ und ihm mit einem Laserstrahl aufgezeigt, wohin ihr Schatten fällt.

Die Sonnenuhr sei zwar exakt, aber nicht vergleichbar mit unserer Armbanduhr – selbst mit der analogen nicht. Denn das Verständnis von Zeit im alten Rom sei ein relatives und und kein exaktes gewesen. Den „Lichttag“ unterteilten sie mit Hilfe der Sonnenuhr in zwölf gleiche Teile, sogenannte „temporale Stunden“. Doch wenn man den „Lichttag“ am längsten Tag des Jahres in zwölf gleich Teile teilt, umfasse so eine temporale Stunde ungefähr 80 Minuten, am kürzesten Tag des Jahres 40 Minuten. Unsere heutige Zeiteinteilung stimme also nur bei Tag-und Nachtgleiche mit den temporalen Stunden der Römer überein.

Direkt vergleichen könne man die beiden Zeitmessungen nur in der Mittagszeit zur sechsten temporalen Stunde, wenn der Schatten des Obelisken genau an der Nord-Süd-Achse verläuft – was nach mitteleuropäischer Zeit eigentlich bei 12 Uhr liegen müsste. Doch auch hier müsse man einige Korrekturen vornehmen.

Erstens müsse man die Sommer-Zeitumstellung zurückkorrigieren. Zweitens richte sich unsere Uhr nach dem Meridian, der durch Görlitz geht – wo die Sonne allerdings 25 Minuten früher als in Hechingen aufgehe. Drittens spiele unsere Orientierung am Äquator und die tatsächliche Neigung der Erde um 4,6 Grad sowie die ellipsenförmige Bahn, in der sie sich um die Sonne dreht, eine Rolle.

Die alten Römer hatten ein anderes Verhältnis zur Zeit und ihrer Messung

Woher rührt Opizzos Faszination fürs Analoge? „Wenn die Leute nicht mehr verstehen, was sie tun, gibt es einen Kulturverlust“, sagt er. Er unterrichte zwar als Informatiker seit 45 Jahren, doch sieht er das Motto „Digital first“ kritisch: „Die Lösung haben ist nicht die Kultur, sondern wie ich die Lösung finde.“