Das Planetarium (Bildmitte) leidet doppelt: Unter der Baustelle am Bahnhof und einem endlosen Ausschreibungsverfahren. Foto: Peter Petsch

Das Planetarium steht hart am Rande der Großbaustelle Stuttgart 21. Es müsste dringend ein Lebenszeichen geben. Neue Technik und neue Vorführungen im Sternenkino würden das ermöglichen – aber die Beschaffungsaktion ist zum Fiasko geworden.

Stuttgart - Vier Jahre nach der Bewilligung von 2,7 Millionen Euro für die technische Aufrüstung des Planetariums lassen die digitalen Videoprojektoren, die die komplett veralteten Diaprojektoren ersetzen soll, immer noch auf sich warten. Zweimal sind die EU-weite Ausschreibung und die Vergabe der Lieferung schon gescheitert. Im Moment unternimmt die Abteilung Zentraler Einkauf im Haupt- und Personalamt der Stadt Stuttgart den dritten Anlauf.

„Der Vorgang ist hoch ärgerlich“, sagt Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU). Denn das Bahnhofprojekt Stuttgart 21 hat das im Mittleren Schlossgarten stehende Planetarium nahezu eingekreist – „das Planetarium braucht die neue Projektionsanlage als zentrales Element der Attraktivitätssteigerung“, sagt Eisenmann. Nicht nur technisch gehe es hier um einen Systemwechsel. Die neue Projektoranlage eröffne mit neuen Programmen den Besuchern auch ganz neue Sichtweisen auf die Planetarium-Themen. Aber zunächst ist weiter Geduld gefragt. Selbst wenn die Vergabe im dritten Anlauf bis zum Jahresende klappe, werde es „eher Herbst als Frühjahr 2014 sein“, bis die Technik eingebaut ist, sagt Eisenmann. Das wäre dann nahezu fünf Jahre nach der Bereitstellung des Geldes.

Dass die Beschaffung aus dem Ruder lief, erklären die Beteiligten im Rathaus mit mehreren Eigenheiten des Verfahrens. Für die Lieferung der Projektoranlage kämen von vornherein nur vier oder fünf Anbieter in Frage, heißt es. Außerdem gab es „Aspekte, die die Auswahl tendenziell einschränkten“, sagt Eisenmann. Man müsse sich das etwa so vorstellen: „Da sucht jemand eine Luxuslimousine mit einer genau definierten Ausstattung – und das soll aber die S-Klasse sein.“ Kurzum: Die Anforderungen in der Ausschreibung liefen offenbar auf einen bestimmten Anbieter hinaus. Dagegen wandte sich ein Mitbewerber. Die Stadtverwaltung versuchte das Scheitern der Ausschreibung durch eine Neuauflage zu verhindern. Doch auch in der zweiten Runde brachte man kein Verfahren mit einem rechtssicheren Ergebnis zustande. Daher nun die dritte Runde.

Gelder schon lang bewilligt, Planetarium könnte längst aufgewertet sein

Die CDU im Gemeinderat ist alarmiert. „Vier Jahre sind ins Land gegangen, während das Planetarium Not leidet“, kritisiert Stadtrat Jürgen Sauer. Die Einrichtung kämpfe mit Widrigkeiten und sei mehr Technikmuseum als modernes Planetarium.

Der Fall spielt im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsbürgermeisters Werner Wölfle (Grüne), der die Verzögerungen ebenfalls sehr bedauert. Natürlich heiße es nun wieder, die Verwaltung bringe das nicht auf die Reihe, sagt er. Wölfle führt die Probleme aber auch auf unprofessionelles Verhalten eines am Verfahren beteiligten Unternehmens zurück. Im Haupt- und Personalamt setze man alles daran, dass man bis Jahresende eine rechtssichere Entscheidung habe.

Wölfle habe dieses Verfahren geerbt, die Anfänge gingen auf die Zeit vor seiner Wahl zum Bürgermeister zurück, attestiert Susanne Eisenmann ihm. Außerdem habe die Stadtverwaltung an dem komplizierten Verfahren auch externe Berater und Juristen beteiligt, nachdem die Anforderungen für das Planetarium definiert gewesen seien.

Das Ergebnis schmerzt Eisenmann und die Leitung des Planetariums, weil die Gelder schon lang bewilligt sind und das Planetarium längst aufgewertet sein könnte. Um vieles anderes, was das Sternenkino auch braucht, muss dagegen in den jetzt anlaufenden Beratungen für den Stadthaushalt 2014/2015 noch gebangt werden. Die Verwaltungsspitze schlug den Stadträten vor, 820 000 Euro für eine neue Bestuhlung und begleitende Maßnahmen auszugeben. Der Austausch der am Boden verankerten Bestuhlung bringt nämlich Eingriffe in den Fußbodenbelag und die Fußbodenheizung.

Planetarium zurzeit und auch in den nächsten zehn Jahren geöffnet

Darüber hinaus wirbt Eisenmann bei den Fraktionen um zusätzliches Geld, damit das Planetarium die Öffentlichkeitsarbeit verstärken kann. Jeweils rund 116 000 Euro sollen dafür in den nächsten Jahren eingesetzt werden. Die wichtigste Botschaft, die man aussenden will: Anders als viele glauben, ist das Planetarium zurzeit und auch in den nächsten zehn Jahren nicht geschlossen. Mit einer Ausnahme: 2014, wenn die neue Technik eingebaut wird, ist die Öffnung nicht aufrecht zu erhalten.

Die Schätzungen, wie lang die Pause dauern wird, gehen auseinander. Planetarium-Chef Uwe Lemmer schließt nicht aus, dass ein paar Monate geschlossen werden muss, wenn die Bestuhlung genehmigt wird und man alle Arbeiten zusammenlegt. Eisenmann möchte die Pause auf vier bis sechs Wochen beschränken. Dafür böten sich die Sommerferien an. Am Terminplan für S 21 werde man sich vermutlich gar nicht orientieren können, meint Lemmer. Da werde es immer störende Baustellenaktivitäten geben. Eine Kooperation werde kaum möglich sein. „Da heißt es: Augen zu und durch“, sagt der Direktor. Wenn der Tiefbahnhof erst fertig ist, wird die Lage des Planetariums besser sein denn je, tröstet man sich.