Durch das Projekt Fellwechsel sollen Pelze von gejagten Tieren genutzt werden. Foto: Deutscher Jagdverband

Es ist hinlänglich bekannt, dass viele Tiere für das Pelzgeschäft Qualen leiden. Durch das Projekt Fellwechsel sollen Pelze von den Tieren genutzt werden, die bei der Jagd ohnehin sterben. Doch Tierschützer sehen auch das kritisch, darunter Cornelia Gaigl, Vorsitzende des Tierschutzvereins Villingen-Schwenningen.

Um die Felle von bei der Jagd geschossenen Tieren sinnvoll zu nutzen, wurde 2017 durch den Deutschen Jagdverband und den Landesjagdverband Baden-Württemberg die Fellwechsel GmbH ins Leben gerufen. Bälge von Raubsäugern werden zu Pelzen weiterverarbeitet und verkauft.

René Greiner, Pressesprecher vom Landesjagdverband, erklärt auf Nachfrage unserer Redaktion, das Projekt Fellwechsel bewerte der Landesjagdverband im Sinne des Artenschutzes und der Nachhaltigkeit als sinnvoll. Arten wie Auerhuhn, Rebhuhn oder Kiebitz seien in den vergangenen Jahrzehnten aufgrund von drastischen Lebensraumveränderungen in ihren Populationen eingebrochen, während Beutegreifer wie der Fuchs oder Waschbär zugenommen haben. Die Bejagung von Beutegreifern, insbesondere im Umfeld der seltenen Arten, diene diesen zum Schutz. „Wenn aus Artenschutzgründen Tiere erlegt werden, dann gehört es zum Respekt im Umgang mit Wildtieren dazu, dass wenn möglich auch eine weitere Nutzung stattfindet“, so Greiner.

Jäger entscheiden selbst über Beteiligung

Im Jagdjahr 2022/23 hätten sich landesweit rund 60 Sammelstellen der lokalen Kreisjägervereinigungen in Baden-Württemberg beteiligt, teilt Greiner mit. Im Bereich des Schwarzwaldes gebe es zudem bereits seit 2008 die Marke „Schwarzwaldpelz aus nachhaltiger Jagd“, welche im Rahmen des Aktionsplans Auerhuhn des Ministeriums für Ländlichen Raum gegründet worden sei.

Ob sich Jäger in der Region an dem Projekt beteiligen und zu welcher Anzahl lässt sich laut Karin Zeger, zuständig für die Pressearbeit beim Kreisjägerverband Rottweil, nicht beantworten, da es jedem Jäger selbst überlassen bleibe, teilzunehmen oder nicht. Eine Beteiligung sei auch abhängig vom individuellen Jagdglück. Im Kreis Rottweil sei vor allem die Dezimierung von Füchsen wichtig. Auch Waschbären seien im Kreis Rottweil vorhanden.

Vorwürfe, durch das Projekt Fellwechsel würden Anreize für die Jagd auf Tiere geschaffen, seien haltlos, so der Pressesprecher des Landesjagdverbandes. Die Jägerschaft werde für die Abgabe der erlegten Tiere zur Fellnutzung monetär nicht entschädigt.

Pelz soll nicht wieder in Mode kommen

Dennoch stellen sich Tierschutzorganisationen gegen das Projekt. Cornelia Gaigl, Vorsitzende des Tierschutzvereins Villingen-Schwenningen erklärt, der Gedanke, Fell nicht zu verschwenden, sei auf den ersten Blick nachhaltig. Allerdings sei Pelz aus unserer Gesellschaft „weitestgehend verbannt worden“. Die meisten Pelze würden unter schlimmsten Bedingungen für Tiere „erzeugt“. „Wie soll der normale Mensch von außen betrachtet den Unterschied zwischen dem qualgezüchteten Pelz und dem Pelz aus Überschuss aus der Jagd unterscheiden können?“, hinterfragt Gaigl. Wird Pelz wieder gesellschaftsfähig, erhöhe sich insgesamt die Nachfrage, befürchtet die Vorsitzende.

So sieht es auch der Landestierschutzverband: „Da das Tragen von Pelzen oder Pelzprodukten sicherlich keine Lebensnotwendigkeit für uns darstellt und wir jede Menge andere Möglichkeiten haben, ähnlich gute und warme Bekleidungsstücke aus anderen Materialien zu erwerben, gibt es keinen ‚vernünftigen Grund‘ Pelzmode- oder Accessoires wieder zur einer ‚Renaissance‘ zu verhelfen“, heißt es auf Nachfrage.

Dabei sei Pelz inzwischen verpönt, meint Julia Zhorzel, Fachreferentin für Bekleidung und Textil bei der Tierrechtsorganisation PETA und weist darauf hin, dass vergangenes Jahr im Rahmen einer Europäischen Bürgerinitiative in weniger als zehn Monaten über 1,7 Millionen Unterschriften für ein pelzfreies Europa gesammelt wurden. Insbesondere kritisiert die PETA den Einsatz sogenannter Schrotmunition, die von Jäger genutzt werde, um das Fell der Tiere nicht zu beschädigen. „Tiere, die angeschossen wurden, flüchten sich teils mit klaffenden Wunden, zerschlagenen Knochen und heraushängenden Eingeweiden stunden- oder tagelang durch den Wald, bis sie schließlich langsam und qualvoll sterben.“

Tierschützer: von Nachhaltigkeit keine Spur

Von Nachhaltigkeit und Artenschutz könne bei „Fellwechsel“ keine Rede sein, so der Landestierschutzverband, da nur ein „verschwindend geringer Anteil“ der erlegten und nicht zum Verzehr genutzten Tiere über das Projekt verwertet würde. In Baden-Württemberg seien laut Geschäftsbericht im Jahr 2022 lediglich rund 350 Tiere dem Projekt „Fellwechsel“ zugeführt und weiterverarbeitet worden.

PETA argumentiert, die Verarbeitung und Haltbarmachung der Felle sei höchst umweltschädlich. Oft kämen hochgiftige und umweltbelastende Chemikalien wie Formaldehyd oder Schwefelsäure zum Einsatz. Zudem belaste Bleimunition die Umwelt.

Dient die Jagd wirklich dem Artenschutz?

Eine kritische Haltung haben PETA und der Landestierschutzverband auch gegenüber der Bejagung von Tieren im Allgemeinen. Der Landestierschutzverband sieht die Ursache der Bedrohung der Arten weniger in den Beutegreifern, sondern hauptsächlich in der Lebensraumzerstörung. Bei Waschbären setzte sich die Ausbreitung fort, ohne dass die intensive Jagd die Population regulieren könne.

So sieht das auch PETA. Jagen sei laut aktuellen Studien und Stellungnahmen renommierter Wildbiologen kontraproduktiv. Feldhasen, Wildkaninchen und Fasane würden zudem vielfach von Jägern selbst getötet.