Stuttgart - Mit Millionen-Beträgen will die Stadt in den nächsten beiden Jahren in der Stuttgarter Innenstadt Straßen, Plätze und Treppenanlagen erneuern - das Zentrum von Bad Cannstatt bleibt vorerst noch auf der Warteliste. Nur in der Badstraße wird sich mit Sicherheit was tun.

Noch ein paar Monate, dann kann der Dauerstreit um die Badstraße endgültig abgehakt werden. Zu Beginn der Sommerferien wird die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) den Bau der barrierefreien Stadtbahnhaltestelle vor dem Kaufhof in Angriff nehmen. Fünf Monate soll es dann noch dauern, bis Mütter und Väter mit Kinderwagen und bis Rollstuhlfahrer keine Treppenstufen an den Stadtbahnwagen mehr überwinden müssen.

Kurz vor Weihnachten haben die Stadträte die entscheidende Weiche gestellt. Die jahrzehntelang diskutierte Herausnahme der Linie U13 aus der Badstraße und die Alternativstrecke von der Wilhelma über die König-Karls-Brücke zum Wilhelmsplatz wurden verworfen. Der Umwelt- und Technik-Ausschuss stimmte abschließend dem Bau von abgesenkten Hochbahnsteigen neben etwas erhöhten Gleisen in der Straßenmitte zu. Wenn die neue Haltestelle gebaut ist, soll auch in dem Abschnitt zwischen Haltestelle und Hochbunker beim Neckar im Jahr 2011 der öffentliche Raum aufgefrischt werden. Zugleich soll die Straße mehr Profil als südlicher Abschluss der Altstadt und als Bindeglied zur neueren Bebauung bekommen.

Cannstatt braucht aber mehr als eine sanfte Korrektur in der Badstraße. Wer durch die Altstadt geht, der sieht, dass die Gestaltung des öffentlichen Raums heute überholt wirkt. Der Marktplatz, der nach dem Willen der Grünen von Autos befreit werden soll, schreit auch nach Auffrischung. Diverse Fraktionen wünschen sich auch die Marktstraße etwas zeitgemäßer. Dennoch haben sie einen Realisierungswettbewerb für Alt-Cannstatts wichtigste Einkaufsstraße und einen Ideenwettbewerb für die Neugestaltung der kompletten Altstadt vor Weihnachten erst einmal vertagt - gegen den Wunsch des Bezirksbeirats, aber auf Wunsch der Stadtverwaltung. Nur mit dem Einschub "zurzeit nicht empfohlen" wahrten sie die Option für das große Nachdenken über Cannstatts Mitte. Für 2010 und 2011, die Geltungsdauer des vor Weihnachten beschlossenen Stadthaushalts, sind damit alle Maßnahmen jenseits der Badstraße vertagt. Die Zeit muss aber nicht ganz verloren sein. Sie könnte genutzt werden, um zu klären, was Cannstatt wirklich braucht.

Anfänge sind gemacht, sagt Bezirksvorsteher Thomas Jakob. Die Giebelbeleuchtung in der Marktstraße sei erneuert. Bezüglich der Straßenlaternen sei inzwischen klar, dass jedes zweite Exemplar entfallen könne, weil neue Leuchtmittel das Umfeld besser ausleuchteten. Bei Ausbesserungen des Belags im Zuge von Leitungsarbeiten werde dafür Sorge getragen, dass es hinterher nicht allzu sehr nach Flickschusterei aussehe. Dass der Belag insgesamt etwas angegriffen aussehe und wie "in die Jahre gekommen", liege auch an der Belastung durch die Volksfestumzüge.

Elektronikmarkt steht auf der Wunschliste

Dass die Altstadt wieder mal behutsam aufgefrischt werden sollte, bestreitet niemand. CDU-Stadtrat Philipp Hill empfahl dafür ein Stufenkonzept anzupeilen. Manfred Kanzleiter (SPD) hofft, dass die Vermarktung eines städtischen Grundstücks neben dem Kaufhof zur Initialzündung wird. Auf der Wunschliste der Cannstatter und der Wirtschaftsförderung steht ein Fachmarkt für Elektronikgeräte.

"Notwendig und sinnvoll wäre manches in der Cannstatter Altstadt", sagt Kanzleiter. Vor einiger Zeit hatte die SPD vorgeschlagen, dafür jährlich eine Million Euro beiseitezulegen - die Summe, die die SSB nach eigener Auskunft spart, wenn die Haltestelle Badstraße nicht beseitigt, der Betrieb dort durch Stadtbahnen ohne Klappstufen aber wirtschaftlicher wird. Leider habe sich die finanzielle Lage der Stadt inzwischen verschlechtert, sagt Kanzleiter. Ohne die lähmende Diskussion über das Für und Wider der Stadtbahn in der Badstraße hätte man der schlechten Kassenlage noch zuvorkommen können.

Nun könnte der Weg mühsamer werden. Im Stadtplanungsamt fehlen nicht nur die Geldmittel für die Wettbewerbe. "Wir können auch nicht federführend tätig werden bei der Suche nach dem Konzept für Alt-Cannstatt", sagt Oehler. Er rät zu einem Runden Tisch im Bezirk, der alle relevanten Gruppen wie den Einzelhandel und die Gebäudeeigentümer einbezieht. Die Ergebnisse könnten dann von der Politik in die Realisierungsphase befördert werden.

Anfänge sind gemacht, sagt Bezirksvorsteher Thomas Jakob. Die Giebelbeleuchtung in der Marktstraße sei erneuert. Bezüglich der Straßenlaternen sei inzwischen klar, dass jedes zweite Exemplar entfallen könne, weil neue Leuchtmittel das Umfeld besser ausleuchteten. Bei Ausbesserungen des Belags im Zuge von Leitungsarbeiten werde dafür Sorge getragen, dass es hinterher nicht allzu sehr nach Flickschusterei aussehe. Dass der Belag insgesamt etwas angegriffen aussehe und wie "in die Jahre gekommen", liege auch an der Belastung durch die Volksfestumzüge.

Bei der Erneuerung des Marktplatzes kämpfte man mit einem Problem: Die Nachbarhäuser haben ihre Schauseiten zur Marktstraße, die Rückfront wirke am Marktplatz wie "vereinigte Hüttenwerke", sagt Jakob. Die Häuser seien oft im Besitz von Erbengemeinschaften, die nicht in Cannstatt präsent und nicht an einer Aufbesserung interessiert gewesen seien.

Ohne Schönheitskur für die Rückfront bringt die Verkehrsberuhigung des Marktplatzes nach Auffassung der Bezirksbeiräte aber keine Aufwertung. Vielleicht, hofft Jakob, zollen die Eigentümer ja jetzt der Tatsache Tribut, dass der Zahn der Zeit weiter an den Häusern genagt habe. Vielleicht bringe die Ausweisung eines Sanierungsgebiets die Wende.