Bernd "Bebo" Bohleber schneidert sich seine Bundschuhe selbst. In der Gewandwerkstatt am 25. und 26. April können sich Kinder mit seiner Hilfe selbst ein Paar herstellen. Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Wenn Ende April zur Gewandwerkstatt geladen wird, ist Bebo Bohleber selbstverständlich dabei

Von Dunja Smaoui

Nagold. Er streicht über die weichen, ledernen Schuhe. Mit feinen braunen Schnüren und aus einem Stück hat er sie  selbst angefertigt. "Die hier haben eine dickere Sohle als die anderen", sagt er und zeigt auf das Paar, das er selbst trägt. Bernd "Bebo" Bohlebers Schuhe sind keine gewöhnlichen Schuhe. Es sind Bundschuhe und sie sind keltisch, wie viele andere Dinge in seiner Wohnung. Bohleber bewundert die Lebensweise der alten Volksgruppe und ist beim Keltenfest in Nagold nicht wegzudenken.

"Wenn sich einer mit den alten Kelten auskennt, dann ist das unser Bebo", sagt Stadtmitarbeiterin Anja Bulmer und nimmt einen Schluck aus dem Kelch mit süßen Honigwein, den ihr Bebo Bohleber auf den Tisch gestellt hat. Bebo selbst sitzt "gewandet" – wie es in den Kreisen heißt – auf seinem Sofa. Er trägt ein braunes Leder-Gewand, um den Hals einen Wendelring und um die Hüfte einen Lederbeutel, in dem keltische Münzen klimpern. "Die Kelten", sagt er lächelnd, "die sind für mich mehr als nur ein Hobby".

Angefangen hat alles 2003 als sich Anja Bulmer  dachte: Nagold braucht ein Keltenfest. "Denn das gab es bis dato einfach nicht bei uns." Sie schüttelt den Kopf. "Und das, obwohl die Geschichte der Volksgruppe in unserer Stadt sehr großgeschrieben wird." Der Großgrabhügel "Krautbühl" am Fuße der Burgruine sei zum Beispiel ein wichtiger Nachweis für die keltische Besiedlung, so Bohleber.

Keltenlager entsteht am Krautbühl

"Bebo war für die Idee ein Keltenfest zu organisieren, gleich zu begeistern", erzählt Anja Bulmer. "Und dann hat sich daraus irgendwie eine Eigendynamik entwickelt." Seit zwölf Jahren organisieren sie zusammen mit anderen Mitstreitern alle zwei Jahre eine richtige Kelten-Zeit mit Vorträgen, Wanderungen, Workshops und allem, was dazu gehört. "Das zweitägige Fest ist dann am Ende ein riesiges Highlight", freut sich Bohleber. "Wir bauen ein richtiges Lager am Krautbühl auf, damit jeder kennenlernen kann, wie die Kelten früher gelebt haben."

Er schenkt nochmal Met nach und erklärt die Einzigartigkeit des Getränks, das er von seinen Reisen mitgebracht hat. "Ich bin inzwischen bestimmt 20-mal im Jahr in ganz Deutschland auf Keltenfesten und Veranstaltungen unterwegs", erzählt der gelernte Polsterer und lacht. "Das hat sich mit der Zeit so entwickelt." Nachdem er seinen Beruf als Polsterer an den Nagel gehangen hat, widmete sich Bohleber seinem Hobby – den Kelten – und baute sich ein kleines Geschäft daraus auf. "Ich habe irgendwann angefangen historische Produkte selbst herzustellen, alles aus Leder", erzählt er. Dazu zählten zum Beispiel Gürteltaschen, Umhängetaschen oder auch ganze Gewandungen. Diese verkauft er.

Er streicht über seine Gewandung und zeigt die sauber verarbeiteten Nähte und bunten, keltischen Knöpfe. "Alles was ich trage, ist handgefertigt und einzigartig." Und das sei ihm auch bei seinen Produkten, die er herstellt wichtig. Ein besonderes Interesse hat der gebürtige Nagolder an keltischen Bundschuhen. "Die sind wirklich sehr bequem, da laufe ich am liebsten immer mit rum." Er lacht und man merkt, die Kelten, das ist mehr als nur ein Hobby. Sie sind eine Lebenseinstellung.

"Ich trage auch unterm Jahr meine Gewänder", erzählt er. "Mir gefällt es einfach, wie die Kelten gelebt haben." Er blickt auf ein Bild an der Wand, das ihn in voller Montur auf einem Keltenfest zeigt. "Die Kelten waren bunt. Sie waren eine Gemeinschaft. Und jeder war für jeden da." Seine Augen blitzen auf. "Die Kelten muss man einfach leben. Und wir tun das bei unseren Festen. Das Gefühl ist einfach unbeschreiblich."

Anja Bulmer stimmt ihm zu. "Das Lager beim Keltenfest in Nagold ist eigentlich wie ein richtiges Dorf aufgebaut", erzählt sie. "Die Leute schlüpfen ganz in ihre Rollen." Färber, die Stoffe in großen Kesseln verarbeiten, Handwerker, Schmiede und Weber. Und jeder habe seine Aufgabe, so Bohleber.

Ein weiteres Highlight neben dem Keltenfest im Sommer ist die keltische Gewandwerkstatt, die an einem Wochenende in der Seminarturnhalle stattfindet. "Die Werkstatt läuft in diesem Jahr zum dritten Mal", erklärt Anja Bulmer. "Wir wollen den Bürgern die alte Volkstruppe einfach näherbringen. Und das Wichtigste: Die Leute können ihre Gewänder in der Werkstatt selbst nähen." Bebo Bohleber stellt dafür einen ganzen Sack mit Leder zur Verfügung. "Man kann sich Stoffe kaufen oder auch seine eigenen mitbringen und wie in einer richtigen Werkstatt loslegen und sich ein Gewand nähen", erzählt er begeistert. Unterstützung gäbe es von vielen ehrenamtlichen Helfern. "Außerdem kann man sich allerhand an Ausrüstungen und Zubehör kaufen, wie auf einem Markt", sagt Anja Bulmer.

Bebo greift zu einem seiner Bundschuhe, die auf dem Tisch liegen. "Und die werden wir dort auch herstellen", sagt er. Kinder mit der Schuhgröße 22 bis 35 erhielten die Schnüre und das Leder kostenlos und können sich dann mit Bebos Hilfe zusammen ein Paar Schuhe schneidern. "Die Leute sollen einfach sehen, wie faszinierend die Kelten waren und was sie für schöne Dinge hergestellt haben." Er legt die Schuhe auf den Tisch zurück. "Die Erfahrungen nach solchen Wochenenden sind einfach unbeschreiblich", sagt er. "Man geht richtig erfüllt nach Hause und das hält Tage an."

Die Gewandwerkstatt findet am Samstag, 25. April, von 11 bis 17 Uhr, und am Sonntag, 26. April, von 14 bis 17 Uhr in der Alten Seminarturnhalle statt. Neben Workshops, Marktständen und Schneiderarbeiten, gibt es auch Mode- und Tanzvorführungen.