Ein paar mehr Besucher hätten es bei der zweiten Auflage der "Double Stage" in Nagold schon sein dürfen. Foto: Fritsch

Besucherzahl bleibt beim Festival unter den Erwartungen. Förderverein muss drauflegen. Mit Kommentar

Nagold - "Gute Stimmung, tolle Musiker, eine runde Sache" – die Bilanz von Wolfgang Schäfer zur zweiten Auflage des Festivals "Nagold Double Stage" fällt positiv aus. Dabei ist das Festival für den Förderverein Alte Seminarturnhalle ein Zuschussgeschäft.

Das ist auch der Punkt, an dem Wolfgang Schäfer ein wenig auf die Euphorie-Bremse treten muss. Es hätten halt schon ein paar Besucher mehr sein dürfen, sinniert er im Nachklang am Montag. Doch die erfahrenen Kulturbetreiber vom Förderverein wissen sehr wohl, dass es nicht leicht ist, ein neues Veranstaltungsformat zu etablieren. "Das braucht seine Zeit", sagt Wolfgang Schäfer. 550 Besucher sind ja jetzt auch keine ganz schlechte Zahl. Vor allem am Samstagabend war auf dem Festival gut was los. Und auch zum Abschluss mit den Dicken Fischen am Sonntag waren viele Besucher in der Halle.

Für Wolfgang Schäfer ist eigentlich klar, es wird auch 2018 eine Neuauflage geben, wieder im Juli. Denn das Rundumpaket begeisterte auch in der zweiten Auflage ihn, die Besucher, die Künstler – aber auch das rund 70 Personen umfassende Helferteam. "So etwas kann man nur mit einem guten Team machen", freut sich Schäfer.

"So etwas kann man nur mit einem guten Team machen"

Dennoch: Der Förderverein wird auch bei der zweiten Auflage von Nagold Double Stage drauflegen müssen – "und das wahrscheinlich nicht zu knapp". Doch ein Stückweit sei das eben auch der Auftrag, dem sich die Alte Seminarturnhalle verschrieben habe – die regionale Kultur zu fördern. Und von der Qualität der Künstler, die im Verlauf des Festivals auf den zwei Bühnen aufgetreten sind, ist Schäfer restlos überzeugt. "Es ist begeisternd zu sehen, was dieser Raum hier an Künstlern hervorbringt, die alle durchweg was drauf haben", sagt Schäfer. Da gehe einem schlicht das Herz auf.

Dabei muss man wissen, dass die Künstler ja auch selbst dieses Konzept mittragen. Zum Beispiel, indem sie auf Gage verzichten. Nur die Headliner bekommen für ihre Auftritte Geld. Alle anderen sehen das Festival als Chance, sich auf professionellen Bühnen einem breiteren Publikum zu präsentieren – wohlwissend, dass sich daraus auch Kontakte und womöglich weitere Engagements entwickeln können. Und: Gute Stimmung herrschte auch unter den Künstlern, die nach Semihallen-Manier auch wieder bestens verköstigt wurden. Dieses Miteinander, dieses sich Kennenlernen, ist für die meisten Akteure auch ein wichtiger Aspekt. Bei Double Stage dabei zu sein, das wird da zur Ehrensache. Sicher auch wieder 2018.

Kommentar: Mit viel Herz

Von Heiko Hofmann

Da braucht man nicht lange zu diskutieren: Die Besucherzahl bei "Nagold Double Stage" war enttäuschend. Bei 36 Live-Acts an zwei Tagen sind 550 Gäste schlicht zu wenig. Einige hochkarätige Formationen, die bereits nachmittags auf der Bühne standen, hatten zum Teil kaum Zuhörer. Um so überraschender, dass kaum Frust aufkam. Die Stimmung unter den Musikern war gut. Das dürfte auch an den professionellen Bedingungen und an der speziellen Wohlfühlatmosphäre gelegen haben, die das Helfer-Team den Künstlern bot. Vom Musikschüler bis zum gestandenen Altrocker – rührend kümmerten sich 70 ehrenamtliche Helfer um die ihnen anvertrauten kreativen Köpfe. Die Akteure spürten, dass ihre Kunst hier geschätzt wird. Genau das zeichnet eine "große" Kleinkunstbühne aus: dass sie nicht nur mit Verstand, sondern auch mit ganz viel Herz bei der Sache ist.