Das Interesse war groß: Justizminister Rainer Stickelberger stand Rede und Antwort zur JVA in Meßstetten. Foto: Holbein

Bei Infoveranstaltung zur Ansiedlung eines Gefängnisses in Meßstetten kommen Gegner und Befürworter zu Wort.

Meßstetten - Die einen sind erschreckt, dass nur ein kleiner Teil der Zollernalbkaserne genutzt werden soll, fürchten um das Image von Meßstetten und äußern ihre Ängste etwa hinsichtlich der Gefahr durch Freigänger; die anderen sehen den Vorteil von 250 zumeist neuen Arbeitsplätzen, die wirtschaftlichen Chancen und eine sinnvolle Nutzung des Geländes.

Bei der Informationsveranstaltung zur Ansiedlung einer Justizvollzugsanstalt auf dem Areal der ehemaligen Zollernalbkaserne in Meßstetten kamen Befürworter und Gegner zu Wort. Dass ein neues Gefängnis im Bereich von Südwürttemberg absolut notwendig sei, machte Justizminister Rainer Stickelberger den rund 450 Zuhörern in der Turn- und Festhalle deutlich. Eine solche mittelgroße Justizvollzugsanstalt (JVA) mit 400 bis 500 Plätzen sei wichtig für die umliegenden Landgerichtsbezirke, ermögliche kleinere, sanierungsbedürftige Anstalten zu schließen und eröffne damit einen modernen Strafvollzug, der auch die Resozialisierung möglich mache.

Auf einer Fläche von zirka zwölf Hektar entstehe eine "kleine Stadt". Vorgesehen seien vollzugsöffnende Maßnahmen, etwa die Anstalt stundenweise verlassen zu dürfen: "Sie werden in Meßstetten auf Gefangene als Freigänger zu Gesicht bekommen", sagte Stickelberger, der informierte, dass die Landesregierung die abschließende Standortentscheidung in diesem Sommer treffen will.

Akzeptanz der Bürger wichtig

Eine drohende Brache zu vermeiden und das Kasernenareal verlässlich nachzunutzen, nannte Bürgermeister Lothar Mennig als einige der Vorteile einer JVA. In der Sitzung im Juni wird der Gemeinderat eine Entscheidung treffen, davor die JVA Offenburg besichtigen. Für diese Entscheidung sei die Akzeptanz der Bürger wichtig, betonte die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Gisela Erler: "Es gibt noch keine Vorfestlegung für einen Standort."

Etwas die Ängste in der Bevölkerung vor einer JVA wollte Hans-Peter Wurdak nehmen, der Leiter der JVA Offenburg: "Die neuen Justizvollzuganstalten sind baulich ausbruchsicher. Eine JVA ist wie eine normale Firma, die sich ansiedelt und zudem die Wirtschaftskraft der Region stärkt." Dem wollte Tobias Conzelmann von der "Bürgerinitiative für ein lebenswertes Meßstetten ohne JVA" nicht folgen: "Es macht mich extrem traurig, dass Meßstetten als Visitenkarte ein Großgefängnis bekommen soll." Stickelberger betonte, dass mit Blick auf die Nähe des angrenzenden landwirtschaftlichen Hofes noch nicht das letzte Wort gesprochen sei, wo die Gebäude hinkämen, es bedürfe aber eines Neubaus, die Kasernengebäude seien nicht nutzbar. Keine Angst vor der JVA hat dagegen Joachim Link, Geschäftsführer der Firma Interstuhl: Meßstetten könne von einer JVA wirtschaftlich profitieren, während Jürgen Nufer Nachteile befürchtet, zum Beispiel dass die Stadt Sportstätten verliere, und sich einen Bürgerentscheid wünschte. Wurdak bezeichnete demgegenüber eine JVA als "verlängerte Werkbank" örtlicher Betriebe, was die Stadt belebe.

Die Nutzung der JVA sei auf Dauer ausgerichtet, versicherte der Justizminister, "aber wir lösen damit nicht alle Meßstetter Konversionsprobleme, ein Teil des Geländes bleibt übrig, die strukturellen Probleme sind damit nicht vollkommen aufgehoben, die JVA ist keine Ersatz." Allerdings profitierten örtliche mittelständische Betriebe von der JVA – vom Installateur bis zum Metzger.

Derweil appellierte Erler, eine Vision zu entwickeln, dass ein solches Gefängnis ein Baustein sein könne und sich gut mit der Zivilgesellschaft verknüpfen lasse. Mareike Gerstenecker hat dennoch große Sorgen wegen der Freigänger, ein Risiko, das Wurdak als äußerst gering bewertet: "Da gibt es keine gravierenden Straftaten." Ehrenamtliches Engagement, mit diesen Freigängern zu arbeiten, nannte Erler als eine Möglichkeit. Derweil appellierte Tarzisius Eichenlaub an die Landesregierung, Meßstetten zu stärken etwa in Sachen Verkehrsanbindung. Für die Familie Huber, die den landwirtschaftlichen Hof in der Nachbarschaft betreibt, steht dagegen die Angst vor den Straftätern und möglicher Gefahren im Vordergrund, dem Erler entgegnete, dass das Land die Justizvollzugsanstalt brauche. Es gebe schlimmere Gefahren – auch in Meßstetten. Für Oliver Rentschler sind die neuen Arbeitsplätze entscheidend, was auch Elke Beuttler betonte. Tobias Conzelmann allerdings hört auf sein "Bauchgefühl": "Warum immer Meßstetten?"