Das 56 Hektar große Kasernengelände ist ein Sahnestückchen im Zollernalbkreis, wenn es um die mögliche Ansiedlung von Industriebetrieben geht. Andererseits funktioniert die dortige Lea gut, gilt als Vorzeige-Einrichtung unter ihresgleichen und wird wohl auch über das Jahresende hinaus gebraucht werden. Foto: Sauter

Vorzeige-Einrichtung wird weiter gebraucht: Integrationsministerium drängt Stadt zur Eile bei Entscheidung.

Meßstetten - Dass das Land Interesse daran hat, die Laufzeit der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Meßstetten (Lea) zu verlängern, ist klar – denn sie funktioniert gut. Nun hat es seinen Wunsch öffentlich gemacht. Was sagen die Meßstetter dazu?

Ein bisschen genervt klingt das, was der Meßstetter Bürgermeister Frank Schroft auf seiner Facebookseite zum Thema Lea postet, ja schon. Permanent werde er auf den Wunsch des Ministeriums für Integration Baden-Württemberg angesprochen, die Laufzeit der Lea über den 31. Dezember 2016 hinaus zu verlängern, schreibt er dort. Tatsächlich habe er Post aus dem Ministerium bekommen: "Und es stimmt auch, dass laut der bisher getroffenen vertraglichen Vereinbarung die Möglichkeit einer Verlängerung des Betriebs der Lea in gegenseitigem Einvernehmen mit Stadt, Land und Landkreis besteht."

Für ihn sei klar: "Das stellt für die Stadt und ihre kommunalen Mandatsträger eine völlig neue Situation dar", so Schroft weiter. "Und: Wir sind uns unserer Verantwortung gegenüber den über 300 Mitarbeitern der Lea und den Bewohnern bewusst und werden die Zeit bis zum Frühsommer im Gemeinderat, dem obersten Souverän, dazu nutzen, darüber und über mögliche Bürgerbeteiligungsformen ausführlichst und ohne Druck zu beraten."

Schon im Januar hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann den Bürgermeister bei seinem Besuch in Meßstetten aufgefordert, zu überlegen, "ob Sie nicht wollen wollen". Schon damals hatte Schroft ihm dieselbe Antwort gegeben.

Denn der Bürgermeister sitzt zwischen zwei Stühlen. Zum einen bringt die Existenz der Lea Vorteile – der Stadt Meßstetten, weil sie dadurch Schlüsselzuweisungen erhält, denn die Bewohner der Lea zählen als Einwohner. Mehr als 300 Mitarbeiter – das bedeutet auch mehr als 300 Arbeitsplätze. Und nicht zuletzt bleibt der eine oder andere Extra-Euro in einem der örtlichen Geschäfte liegen.

Darüber hinaus verschafft die Tatsache, dass die Stadt dem Land mit der Bereitschaft, so viele Flüchtlinge aufzunehmen, aus einer schwierigen Situation geholfen hat, der Stadt eine gute Position, etwa wenn es um Zuschüsse und Ähnliches geht. Zudem gilt für das komplette Umland von Meßstetten das so genannte Lea-Privileg: So lange so viele Flüchtlinge untergebracht sind – in der vergangenen Woche waren es knapp 1000 –, so lange müssen die Kommunen in der Umgebung deutlich weniger Flüchtlinge aufnehmen als vergleichbare Gemeinden anderswo.

Eine andere Seite hat die Medaille freilich auch: Das Kasernengelände ist ein Sahnestückchen im Zollernalbkreis, das einzige, das sich als Industriegebiet eignet, liegt es doch außerhalb der Stadt und hat es mit 56 Hektar eine Größe, die zur Ansiedlung von Industriebetrieben taugt. Im Rahmen des Regionalmanagements und möglicher interkommunaler Industriegebiete könnten auch andere Gemeinden von einer solchen Ansiedlung profitieren.

Zu einer Entscheidung will Bürgermeister Frank Schroft sich nicht drängen lassen, sondern sich die Zeit nehmen, mit dem Gemeinderat darüber zu beraten und eventuell sogar die Meßstetter selbst zu befragen, wie er mehrfach betont hat.

Dass die Stadt Meßstetten und ihre Einwohner einverstanden sind, nennt das Integrationsministerium als Voraussetzung für die Laufzeitverlängerung und verspricht der Stadt dafür, sie beim Erwerb des 56-Hektar-Geländes zu unterstützen. Zur Eile drängt das Ministerium die Stadt trotzdem.