Bilanz - Bislang hatte die Landesregierung die Bilanzen des Vereins „Mehr Demokratie“ regelrecht gefürchtet, denn meistens haben die Vorstände das Kabinett gehörig abgewatscht. Noch 2015 lag Baden-Württemberg im Ranking von „Mehr Demokratie“ auf dem 16. und damit letzten Platz unter allen Bundesländern. Im Dezember 2015 hat die grün-rote Landesregierung dann in der Gemeindeordnung die Regeln für Volks- und Bürgerentscheide vereinfacht, und das spiegelt sich in den Zahlen für 2016 bereits wider: Es gab 64 Prozent mehr Entscheide, und im nationalen Vergleich machte Baden-Württemberg einen Riesensprung auf Platz 7.

Die Staatsrätin Gisela Erler, die in der Regierung für die Bürgerbeteiligung zuständig ist, geht so nun selbstbewusst in die Offensive und sagt: „Baden-Württemberg ist eigentlich sogar die Nummer 1, wenn man auch die dialogische Beteiligung im Ranking berücksichtigen würde.“ Denn viele Bürgerentscheide seien gar nicht notwendig geworden, weil die Politik die Menschen schon vorher gut eingebunden habe.

Drei Vorgaben wurden verändert, die Hürden damit niedriger

An drei Stellschrauben ist gedreht worden. Erstens müssen nicht mehr mindestens zehn Prozent der Wahlberechtigten ihre Unterschrift leisten, damit sich der Gemeinderat mit dem Bürgerbegehren (siehe Beitext) beschäftigen muss, sondern nur noch sieben Prozent.

Zweitens wurde das sogenannte Quorum von 25 auf 20 Prozent gesenkt; ein Bürgerentscheid ist jetzt schon gültig, wenn 20 Prozent aller Wahlberechtigten eine Sache befürworten oder ablehnen. Das sei niedrig genug, sagt Gisela Erler. Denn man wolle ja auch nicht von Minderheiten be- und überstimmt werden. Edgar Wunder vom Landesvorstand bei „Mehr Demokratie“, sieht das anders. Würde bei Bürgermeisterwahlen dasselbe Quorum gelten, hätten es manche Bürgermeister gar nicht ins Amt geschafft, wie Christoph Traub in Filderstadt (19,8 Prozent Quorum) und Peter Kurz in Mannheim (14,5 Prozent). Die dritte Änderung: Seit dem 1. Dezember 2015 darf auch über Baugebiete und Flächennutzungspläne abgestimmt werden. Vielen Bürgermeistern habe diese Themenöffnung nicht gefallen, meint Erler – sie selbst findet sie gut. So würden Investoren nämlich lernen, nicht komplett an den Bürgern vorbeizuplanen.