Powerpaket: Johannes Thiemann (rechts) von den MHP Riesen Ludwigsburg Foto: Baumann

Der Basketball-Nationalspieler Johannes Thiemann von den MHP Riesen Ludwigsburg, einst Fußballer, spricht über seine Karriere über ein Schulteam bis zum All-Star-Spiel der Bundesliga am Samstag in Bonn.

Ludwigsburg - Die Basketball-Bundesliga pausiert am Wochenende – zumindest für einen Großteil der Spieler. Der Rest ist beim traditionellen All-Star-Spiel am Samstag (20.30 Uhr) in Bonn im Einsatz, darunter der Ludwigsburger Johannes Thiemann.

Herr Thiemann, was hat denn überwogen, als Sie von der Nominierung für das All-Star-Spiel erfahren haben: der Stolz oder die Überraschung?
Beides. Es waren starke Gefühle. Ich war zunächst sehr überrascht, dass ich für dieses Ereignis nominiert wurde, im Nachhinein bin ich natürlich sehr stolz.
Kann man sagen, allein deshalb hat sich der Wechsel nach Ludwigsburg schon gelohnt – in Bamberg wäre eine solche Nominierung schon allein wegen der wahrscheinlich geringen Spielzeit dort kaum möglich gewesen?
Auf jeden Fall. Es ist hier ein tolles Konzept und eine tolle Mannschaft. Ich hatte vor der Saison mehrere Angebote, aber es war relativ schnell klar, dass ich nach Ludwigsburg will. Es war die richtige Entscheidung.
Was gab den Ausschlag für die MHP Riesen?
Ich denke, ich passe hier sehr gut ins System. In diesem „Small ball“-System, wo der Center kein 2,13-Meter-Riese ist, sondern eher etwas kleiner, etwa schneller, ein bisschen agiler. Dazu ist John Patricknatürlich auch ein sehr guter Trainer.
Welchen Anteil hat denn der Coach an Ihrem persönlichen Erfolg?
Einen großen. Er spricht viel mit mir, versucht mir immer zu helfen. Er ist ein harter Coach, aber das ist auch ein Grund, warum ich mich hier weiter entwickle: weil es nicht immer einfach ist.

„Ludwigsburg war der nächste logische Schritt“

Bei Ihnen läuft es gut. Andere Spieler wie Ruoff, Washpun oder Gonzalvez sind im Laufe der Saison bereits wieder gegangen. Verlangt John Patrick manchmal zu viel?
Es kommt immer auf die Charaktere an, ob es passt. Der Coach verlangt sicher sehr viel und ist fordernd, aber dann bekommt man immer seine Chance. Natürlich kann ich nicht viel über die Situation der anderen sagen, sondern nur für mich sprechen: Ich hatte nie Probleme mit dem Coach.
Ist denn der Ludwigsburger Stil wirklich so ungewöhnlich, das klang ja auch schon in der Champions League an?
Das macht wirklich viel aus. Wir versuchen immer, den Gegner über das ganze Feld zu verteidigen. Viele Mannschaften warten, bis der Gegner über die Mittellinie kommt. Uns ist es sehr wichtig, dass wir den Gegner sofort unter Druck setzen und gar nicht in seine Spielzüge kommen lassen. Das klappt schon ganz gut, und viele Teams sind es einfach nicht gewöhnt, die ganze Zeit diesen Druck zu spüren.
Wie war denn Ihre Situation in Bamberg. Wie sieht so ein Zweitspielrecht aus?
Ich hatte einen Dreijahresvertrag. In den ersten zwei Jahren habe ich ausschließlich mit der Bundesligamannschaft trainiert und ab und zu eben im zweiten Team in Baunach, bei dem ich durchgängig gespielt habe. Im letzten Jahr, als es klar war, dass in Bamberg die Perspektive nicht so da ist, weil sie einen sehr breiten Kader haben mit vielen Deutschen auf der Centerposition, haben wir uns darauf verständigt, dass ich nur in der Pro A im Farmteam spiele und dort als Kapitän den jungen Spielern helfe. Dadurch entfiel das Hin und Her, was auch eine gewisse Belastung ist. So konnte ich mich auf Baunach konzentrieren – und Ludwigsburg war der nächste logische Schritt.
Mit Ihrer Größe von 2,05 Meter ist man für Basketball prädestiniert. War es denn für Sie immer klar, in dem Sport zu landen?
Überhaupt nicht, weil ich mit Basketball nichts am Hut hatte. Ich war leidenschaftlicher Fußballer und habe da auch mal Regionalauswahl gespielt. Aber irgendwann wurde ich zu groß, dann sollte ich vom Mittelfeld in die Verteidigung und das hat mir nicht mehr so viel Spaß gemacht. Als ich 14 und schon knapp zwei Meter groß war, hat mein Schulsportlehrer mich überredet, wirklich überredet, ins Basketball-Schulteam zu gehen. Dann bin ich in die Jugendförderung gerutscht und mit 16 nach Bamberg gezogen in die Jugend-WG dort. Das ging alles relativ schnell – ein Dank an den Schulsportlehrer.

„In der Champions League spielen wir etwas befreiter auf“

In der Champions League steht der Verein in der nächsten Runde, in der Liga läuft es durchwachsen. Woran liegt’s?
Ich denke, in der Champions League spielen wir etwas befreiter auf, weil wir nicht so den Druck haben. Viele haben uns wahrscheinlich nicht zugetraut, dass wir gegen etliche Topteams überhaupt mithalten können. In der Liga haben wir uns das Leben ein paarmal selbst schwer gemacht und hinten raus den Kopf verloren. Aber die Saison ist erst gut zur Hälfte rum. Wir haben noch Zeit, an uns zu arbeiten – um das Ziel Play-offs zu erreichen.
Ist Ihre bisher relativ gute Saison auch für die Nationalmannschaft von Bedeutung, bei der Sie zuletzt in der EM-Qualifikation nachnominiert worden sind?
Man muss sagen, dass ich im Sommer auch etwas Glück hatte, wie es gelaufen ist (Tibor Pleiß verließ das Nationalteam, Anm. d. Red.). Natürlich steht die Tür jetzt ein Stück weiter offen, trotzdem ist noch sehr viel Qualität auf den großen Positionen in Deutschland vorhanden, wenn alle Spieler zur Verfügung stehen. Ich versuche, mich bestmöglich zu präsentieren, um erneut in den erweiterten Kader zu kommen und mir einen festen Platz zu erarbeiten.
Im All-Star-Spiel kommt es ja zu der Konstellation, dass Sie bei der internationalen Auswahl auf den Centerkollegen Jack Cooley treffen. Läuft da vielleicht eine Wette?
Vielleicht kommt noch was. Ich habe schon mit ihm darüber geredet, und er hat spaßeshalber gesagt: Er spielt eins-gegen-eins von der Dreierlinie gegen mich. Abwarten.
Letzte Frage: Lebt der Traum NBA?
Natürlich ist die NBA ein Traum, aber man muss von Woche zu Woche, von Monat zu Monat, von Jahr zu Jahr schauen bis man in die Situation kommt, wo man vielleicht wirklich darüber nachdenken kann. Momentan ist das noch sehr weit weg. Schauen wir mal, wie es in zwei Jahren aussieht.

Rund um den All-Star-Tag der Basketballer in Bonn

Johannes Thiemann wechselte vor der Saison vom Meister aus Bamberg, wo er ein Zweispielrecht beim Zweitligisten Baunach besaß, nach Ludwigsburg. Der 22-Jährige hat inzwischen sechs Länderspiele (15 Punkte) bestritten und lebt mit seiner Freundin, die in Straßburg studiert, in Ludwigsburg. Neben ihm ist aus Ludwigsburg Jack Cooley – für das internationale Team – bestimmt worden. Von den Walter Tigers Tübingen kommt Isaiah Philmore im nationalen Kader zum Einsatz. Für den Dunking-Wettbewerb wurde der Ludwigsburger Kelvin Martin als einer von vier Teilnehmern eingeladen.

Der traditionelle All-Star-Vergleich zwischen einem Team national und international wird am Samstag (20.30 Uhr) im 6000 Zuschauer fassenden Bonner Telekom Dome ausgetragen. Die Startformation wurde von den Fans gewählt, der Rest von den Trainern Thorsten Leibenath und Raoul Korner nominiert.