Im Ferkelnest im neuen Stall: Zehn Bis zwölf Ferkel bekommt jedes Muttertier pro Wurf. Foto: Gern

Energiekrise und steigende Inflation machen auch vor der Landwirtschaft nicht halt. Sibylle Karsch vom Lindenhof in Grosselfingen erklärt, warum sie dennoch investiert.

Grosselfingen - Schnurstracks geht Sibylle Karsch zu ihren Schweinen, von der Hofeinfahrt vorbei an älteren Ferkeln über einen kleinen Pfad zu den Ställen. Auf der einen Seite die Muttertiere, die sich durchs Heu im Wartestall wühlen. Auf der anderen Seite die Gebäude, in denen die Ferkel zur Welt kommen – darunter ein neues, das erst seit wenigen Monaten in Betrieb ist.

Im Familienbetrieb um Sibylle und Christian Karsch wurde in den vergangenen Monaten investiert. Trotz Corona, trotz gestiegener Energiekosten, trotz steigender Inflation. Finanzielle Unterstützung für den Abferkelstall kam durch den europäischen Landwirtschaftsfonds. Statt Platz für 70 Mutterschweine gibt es nun Platz für 100.

Strom, Futter, Dünger: Alles wird teurer

Wer Landwirtschaft betreibt, hat’s derzeit nicht leicht. Wie anderswo auch, steigen hier in Grosselfingen die Preise für Strom, für Futter und für Dünger, der teilweise zugekauft wird. Ein Beispiel: Der Stall müsse beheizt werden, erklärt Karsch – "und auch unsere Traktoren fahren nun mal mit Diesel". Betriebe, die zuletzt investiert haben, hätten keine Wahl. Sie müssten weitermachen, betont Karsch. Und doch sagt sie: "Uns geht’s noch gut."

Als Partner im Programm einer großen Handelskette kann sich der Grosselfinger Hof zumindest auf einen garantierten Abnahmepreis für die Schweine verlassen – selbst wenn dieser hin und wieder angepasst wird. Für die Tiere bedeutet das Programm: mehr Platz, eine eingestreute Liegefläche, gentechnikfreies Futter – und der Ringelschwanz bleibt dran. Karsch redet nicht lange drum herum, die Arbeit muss sich rechnen: "Wir können die Produktion nur aufrechterhalten, wenn jemand den Preis zahlt."

"Nach kurzer Zeit wissen die Ferkel aber, wohin sie müssen“

Die Schweine bekommen von all dem nichts mit. Im neuen Stall können Muttertiere in 16 Boxen eingestallt werden – theoretisch zumindest, zurzeit sind nicht alle Boxen belegt. Sind die kleinen Schweine erst mal da, verstecken sie sich in Ferkelnestern oder düsen durch die Abferkelbuchten. Zwei Kilogramm wiegen sie anfangs, 200 bis 300 Kilogramm die Muttertiere.

In den ersten Tagen kommt es zu "Erdrückungsverlusten", erklärt Karsch, die nicht 24 Stunden lang am Tag im Stall sitzen und warten kann, ob es bereits einen neuen Wurf gibt. "Nach kurzer Zeit wissen die Ferkel aber, wohin sie müssen, und die Sau weiß, wo sie aufpassen muss."

Drei Monate bleiben die Schweine auf dem Hof

Alle drei Wochen kommen neue Tiere auf dem Lindenhof zur Welt. Zehn bis 15 Muttertiere gibt es pro Gruppe, jedes bekommt etwa zehn bis zwölf Ferkel. Nach vier Wochen Säugezeit bleiben die Tiere noch weitere acht Wochen in Grosselfingen. "Wenn sie etwa drei Monate alt sind, verlassen sie unseren Hof", erzählt Karsch.

Während der Corona-Pandemie lief das Geschäft gut, die Lieferziele wurden sogar erhöht. Doch Karsch merkt: "Im Moment kaufen die Leute weniger von hochpreisigem Fleisch." Auch, wenn sie selbst schlachten möchte – sie bietet Fleisch, Dosen und ein Wurstsortiment an – , steht sie nun vor einem Problem: Der Balinger Schlachthof schließt, womöglich wird Karsch nach Villingen-Schwenningen ausweichen.

Auf dem Karschhof läuft es trotz dieser Widrigkeiten in den letzten Tagen des Jahres 2022 jedenfalls noch rund: "Wir sind im Wachstum begriffen", betont Karsch. Schwein gehabt, gute Aussichten also für 2023.