Kreis Rottweil - Es gibt Streit zwischen der Stadt Rottweil und dem Landkreis. Es geht ums liebe Geld, nämlich darum, wer für die Kosten eines neuen Ringzughalts in Rottweil aufkommt. Der Oberbürgermeister sagt, Land und Landkreis seien in der Pflicht, der Landrat sagt, es gebe Wichtigeres.

Gut dass es Zeitungen wie den Schwarzwälder Boten gibt. Denn so wissen Landrat Wolf-Rüdiger Michel und Oberbürgermeister Ralf Broß, was der andere so denkt und sagt. Etwa in der Frage einer möglichen Erweiterung des Ringzugs.

Zum Hintergrund: Im Hinblick auf die Landesgartenschau 2028 plant die Stadt Rottweil eine neue Bahnhaltestelle Stadtmitte im Neckartal mit einem Aufzug hoch zur Innenstadt. Dadurch soll das Bahnfahren attraktiver gemacht werden, denn der Rottweiler Bahnhof liegt doch arg weit weg von der Innenstadt. Zu Fuß benötigt man eine Viertelstunde, eine stramme Schrittfolge vorausgesetzt.

Landrat fordert kräftige Eigenbeteiligung

Die neue Haltestelle soll nach dem Willen Rottweils in den Ringzug integriert werden. Der Haltepunkt sei zentraler Bestandteil des Verkehrskonzepts der Landesgartenschau, betont Broß am Mittwoch in seiner Rede im Gemeinderat zur Einbringung des städtischen Haushalts. Die Gäste könnten dann umweltschonend direkt mit dem Zug aufs Gelände oberhalb der Kernstadt gelangen.

Laut Broß bestätige eine Machbarkeitsstudie im Auftrag des Landratsamts ein deutliches Fahrgastpotenzial. Der OB zeigt sich indes in der Sitzung erstaunt über eine Bemerkung von Landrat Wolf-Rüdiger Michel.

Unsere Zeitung hat Ende Oktober den Landrat indirekt zitiert. In einer Sitzung des Verwaltungsausschusses des Kreistages sagt Michel, dass die beiden Gemeinden, die zusätzliche Haltestellen wünschten, eine nicht unbeträchtliche Eigenbeteiligung zu leisten hätten. Er meint Rottweil und Deißlingen.

Broß sieht das – naturgemäß – anders und äußert, der Landkreis als Träger des Ringzugs sei in der Pflicht. Eine Landesgartenschau sei ein Ereignis für die gesamte Region, und der Haltepunkt diene nicht zuletzt den Menschen aus dem Umland, dauerhaft bequem ins Herz des Mittelzentrums zu gelangen. In der Großen Kreisstadt wurde ein neuer Bahnsteig auf knapp drei Millionen Euro berechnet, für Deißlingen-Lauffen geht man von Kosten von 1,7 Millionen Euro aus.

Als vor rund 15 Jahren der Ringzug durch die drei Landkreise Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar gegründet wurde, war es Aufgabe des extra gegründeten Zweckverbands und nicht der Ringzug-Gemeinden, die Finanzierung zu schultern. Das mag OB Broß im Blick haben.

Wiederum ist es so, dass der Landkreis Rottweil nicht das Haupterschließungsgebiet dieses regionalen ÖPNV-Angebots ist. Lediglich Rottweil und Deißlingen liegen direkt am Ringzug und profitieren davon. Eine Ausweitung von weiteren Haltestellen dürfte von den abseits des Ringzugs liegenden Kommunen im Kreisgebiet nicht als dringlichste Aufgabe betrachtet werden. Zumal die beiden Städte Schramberg und Sulz, die im Wettbewerb um die Ausrichtung einer Gartenschau Rottweil gegenüber im Sommer den Kürzeren zogen, nicht besonders gewillt sein dürften, indirekt das Prestige-Projekt des Nachbarn mitzufinanzieren. Das dürfte der Landrat im Hinterkopf haben.

Michel hegt daher andere Pläne. Er weist in einer Mitteilung an die Presse von Donnerstag darauf hin, dass die Schienenfahrzeuge in wenigen Jahren wirtschaftlich aufgebraucht seien und neue Züge angeschafft werden müssten. Diese sollten wieder rund 25 Jahre abdecken. Eine Neubeschaffung sollte daher zukunftsorientiert sein und Elektroantrieb haben.

Gemeinden wollen Umlage gering halten

Bislang werden die Züge mit Dieselkraftstoff angetrieben. Mit der Beschaffung von Elektro-Triebwagen sei daher zwingend die Elektrifizierung der bisher nicht elektrifizierten Ringzugstrecke, insbesondere auch der Strecke Rottweil/Villingen-Schwenningen, verbunden. "Diese Elektrifizierung hat – auch vor dem Hintergrund, dass sie vom Land unterstützt wird – absolute Priorität", so die Mitteilung. Der Landrat lässt weiter ausrichten: "Die Frage nach neuen Haltepunkten ist derzeit nicht prioritär."

Zudem sei im Moment völlig unklar, was eine neue Ringzugvereinbarung mit dem Land für den Status Quo insbesondere an Betriebskosten für den Zweckverband und für den Landkreis auslösen werde. Somit sei derzeit auch unklar, was der Betrieb mit einem neuen Haltepunkt an weiteren Kosten, unabhängig von den Baukosten, beim Landkreis pro Jahr verursachen würde. Michel sagt, er habe diese Unwägbarkeiten dem Oberbürgermeister und Bürgermeister Christian Ruf bereits im März mitgeteilt und gleichzeitig eine Finanzierung durch den Landkreis in Frage gestellt. Vor wenigen Tagen habe ihn der Oberbürgermeister angerufen. "Wir haben die unterschiedlichen Auffassungen erörtert."

Der Landrat sieht auch keinen politischen Rückhalt für die Forderung Rottweils im Kreistag. Michel weist darauf hin, dass die Debatte im Kreistag rund um den Kreishaushalt herum gezeigt habe, dass im Interesse der Städte und Gemeinden eine niedrigere Kreisumlage bevorzugt werde. Diese begrenze den Investitionsspielraum des Kreises. "Sollte die Stadt mit einem Antrag auf den Landkreis zukommen, wird sich der Kreistag selbstverständlich damit befassen. Eine Entscheidung ist angesichts der vielen Unwägbarkeiten derzeit schwer möglich", so Michel.

Kommentar: Keinen Draht

Von Armin Schulz

Ralf Broß und Wolf-Rüdiger Michel geraten sich in die Haare. Und das vorm Weihnachtsfest. Rottweils Oberbürgermeister und der Landrat streiten ums Geld. Broß plant für die Landesgartenschau in zehn Jahren eine neue Zughaltestelle im Neckartal, um die Stadt besser an den Schienenverkehr anzubinden. Bezahlen soll dies der Landkreis. Michel indes will das Geld lieber für die Elektrifizierung der Ringzugstrecke zwischen Rottweil und Villingen-Schwenningen ausgeben. Bislang fahren dort Diesel-Lokomotiven. Landkreis und Stadt sind nicht arm, aber so üppig haben es beide nicht, als dass sie Millionenprojekte wie die neue Haltestelle aus der Portokasse bezahlen könnten. Es gibt also Diskussionsbedarf, das ist klar. Erstaunlich ist lediglich, warum Broß und Michel ihren Disput öffentlich austragen müssen. Haben die beiden immer noch keinen Draht zueinander entwickelt?