Von der Rettungswache beim Alten Kreiskrankenhaus in Rottweil rücken bei Notfall-Alarm die Rettungssanitäter aus. Die Notärzte hingegen werden in den Abend- und Nachtstunden von zu Hause abgeholt. Foto: sb

DRK-Landesverband sagt Nein. Kreisverband kann sich nicht durchzusetzen. Hilfsfrist darf nicht durch Umwege ausgedehnt werden.

Kreis Rottweil - Die Abholung von Notärzten von Zuhause darf wegen des dadurch drohenden Zeitverlustes nicht sein. Auch wenn man in punkto Schnelligkeit mit zu den Besten im Land gehört. Mit dieser Schelte des DRK-Landesverbandes sieht sich die Rettungsdienstorganisation im Kreis Rottweil schon lange konfrontiert.

Bei den Verantwortlichen wurde bisher aber gute Miene zu der bequemeren Handhabe gemacht. Als Alibi für die Beibehaltung des Status quo dient auch die ordentliche bis gute Platzierung in der Landesrangliste. Entsprechend schlugen auch die Verantwortlichen zu dem diffizilen Thema in der Vergangenheit betont harmonische Töne an. Doch der Schein, den dieses offizielle Gutheißen, das so teilweise auch in den Medien verbreitet wird, vermitteln soll, trügt. Hinter den Kulissen brodelt es nämlich gewaltig. Das räumt jetzt auch Thomas. J. Engeser, der Präsident des Rottweiler DRK-Kreisverbandes, in einer Stellungnahme ein.

Nachdem die Thematik bereits im Frühjahr 2014 vom Schwarzwälder Bote mehrfach beleuchtet worden war, gab es im Juni 2014 beim Roten Kreuz in Rottweil eine Gesprächsrunde mit Entscheidungsträgern. Damals betonten ein Sprecher des Notärzteteams im Kreis Rottweil ebenso wie der inzwischen in den Ruhestand verabschiedete DRK-Kreisgeschäftsführer Gerd Gienger und Rettungsdienstleiter Peter Heider die leistungsstarke und hochwertige Notfallrettung im Kreis Rottweil. Gleiches wurde von der Rechtsaufsicht im Landratsamt Rottweil bedeutet. Dezernentin Monika Mayr und der Katastrophenschutzbeauftragte Ulrich Niefer verwiesen dazu auch auf Besprechungen im Bereichsausschuss, in dem regelmäßig mit Kostenträgern (Krankenkassen) und Leistungserbringern (Notärzten – teilweise abgestellt von der Helios-Klinik – und Rotem Kreuz) der Ist-Zustand analysiert wird.

Das in Sachen Notfallrettung fürs Kreisgebiet geschnürte Paket brauche Vergleiche nicht zu scheuen, weder landesweit, und auch nicht beim Blick in andere Bundesländer.

Während allerdings in Schramberg über das Tübinger Institut für Katastrophenmedizin Notärzte direkt der dortigen Rettungswache zugeordnet sind, und in Oberndorf die von weiter auswärts kommenden Rettungsärzte meist ebenfalls ganz in der Nähe der Rettungswagen stationiert sind, habe sich in Rottweil "mit einer sehr bewährten Notfallmannschaft aus vielen niedergelassenen Ärzten" für Einsätze in den Abend- und Nachtstunden ein Abholsystem von der eigenen Wohnung eingebürgert. So wurde vor einem Jahr zu den Rettungsdienst-Gegebenheiten im Landkreis Rottweil von Ärztesprecher und DRK mit Verweis auf "ein praktikables System" erklärt.

Beim DRK-Landesverband hingegen wird eindeutig der Standpunkt betont, dass die Hilfsfrist keinesfalls durch Umwege ausgedehnt werden dürfe. Auch durch richterliche Bewertungen werde dies ganz klar dargelegt.

Diese Erkenntnis ist auch Wasser auf die Mühlen von Rettungssanitätern. Es könne sein, dass man bei einer Einsatzfahrt zur Abholung des Notarztes teilweise quer durch die Stadt fahre, um dann schließlich in die entgegengesetzte Richtung zum Einsatzort zu gelangen. Derweil sei der mit Sanitätern besetzte Rettungswagen dort schon längst eingetroffen, ärgern sich Unfallsanitäter, dass man bei einer solchen Umwegfahrt den Arzt erst Minuten später als entscheidende medizinische Instanz neben sich hat. Auch der neuen DRK-Kreisgeschäftsführerin Uta Swoboda ist die Brisanz voll bewusst, allerdings sieht sie sich angesichts der eingefahrenen, dabei in großen Teilen durchaus bewährten Strukturen und einem starken Notärzeteam nicht in der Lage, die Abhol-Regelung im Hauruck-Verfahren zu canceln.

Zum aktuellen Diskussionsstand beim Roten Kreuz in der Rottweiler Zentrale ließ gestern Thomas J. Engeser – auch mit Verweis auf "Halbwissen und Nichtwissen", durch die in der Öffentlichkeit teilweise eine Situation der Des- und Falschinformationen entstanden sei – folgendes erklären: Der DRK-Kreisverband Rottweil habe, weil er und seine Mitarbeiter die derzeitige Praxis der Abholung der Notärzte nicht mehr mittragen wollten, in der letzten Bereichsausschusssitzung diesen Punkt in die Tagesordnung eingebracht. Weder die Vertreter der Kostenträger (Krankenkassen) noch die Notärzte und auch nicht das Landratsamt als unmittelbare Rechtsaufsicht wollten angesichts der hervorragenden Zahlen bei den Hilfsfristen (Rottweil Platz eins bei den Rettungswagen und Platz vier bei den Notarzteinsatzfahrzuegen jeweils landesweit) ohne weitere Analysen etwas abändern. Weil das DRK aber Rechtssicherheit wolle, habe man sich darauf geeinigt, das Innenministerium als oberste Rechtsaufsicht um eine Entscheidung zu bitten.

Im Übrigen spielten für das DRK bei der Organisation des Rettungssystems finanzielle Aspekte keinerlei Rolle. Das DRK erhalte bei beiden Systemen lediglich Zuwendungen für den Bearbeitungsaufwand.