Der Politikwechsel, wie auf großen Plakaten von den Grünen angekündigt, wird mit Spannung erwartet. Foto: Hopp

Umfrage: Die Oberbürgermeister im Kreis machen sich keine Sorgen um Zukunft.

Kreis Freudenstadt - Am Tag eins nach der Landtagswahl waren die Emotionen des Wahlabends – ob Euphorie oder Frustration – bei den Parteien und kommunalpolitischen Entscheidungsträgern bereits einer gewissen Gelassenheit und Sachlichkeit gewichen."Zwischen den im Wahlkampf geäußerten Zielen und deren Umsetzung gibt es erfahrungsgemäß große Unterschiede", sagt Freudenstadts Oberbürgermeister Julian Osswald (CDU), nach seinen Erwartungen nach dem Regierungswechsel in Baden-Württemberg befragt. Man müsse nun abwarten, welche Rahmenbedingungen die grün-rote Koalition in Stuttgart für die Kommunen schaffen werde. Osswald bleibt dabei gelassen. Berührungsängste mit den künftigen Regierungsparteien hat er keine. Den designierten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann kennt er persönlich aus seiner Biberacher Zeit. Im Gemeinderat Freudenstadt erwartet Osswald keine großen Auswirkungen des Regierungswechsels. "Alle Fraktionen arbeiten gut zusammen", die Parteizugehörigkeit spiele eine untergeordnete Rolle.

Ähnlich sieht es Landrat Klaus Michael Rückert (CDU). Baden-Württemberg sei charakteristisch für seine starken Kommunen, meint er. Rückert gibt offen zu, dass am Sonntag bei der Landtagswahl nicht das Ergebnis herauskam, das er sich gewünscht hätte, doch SPD und Grüne wirkten seit Jahr und Tag an der Meinungsbildung im Land mit und wüssten, worum es geht. Im Landkreis werde man mit der Arbeit weitermachen wie bisher. Auch Klaus Michael Rückert ist überzeugt, dass die Fraktionen im Kreistag "gut und vernünftig miteinander umgehen".

Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger bedauert als CDU-Mann den Regierungswechsel, macht sich aber keine Sorgen, dass es nun in der Verkehrspolitik eine Wende geben könnte und die Horber Hochbrücke in Gefahr gerät. "Die Planungen sind bereits so weit. Außerdem liegt die Entscheidung beim Bund und nicht beim Land. Die Grünen und die SPD haben aber auch versprochen, dass sie kommunal-freundlich sein werden." Als "klimaneutrale Kommune" sei Horb beim Thema Umwelt bereits auf einem guten Weg und Vorreiter im Kreis.

Die Kreisvorsitzende der CDU, Conny Mayer-Bonde, hat das Landes-Ergebnis ihrer Partei betroffen gemacht, obwohl Norbert Beck im Kreis Freudenstadt sein Ergebnis verbessern konnte und klar das Direktmandat für den Landtag gewonnen hat. "Wir nehmen es ernst", sagt sie zum Ergebnis im Land. Eins sei für sie klar: "Es gibt kein ›weiter so‹." Ihr Wunsch ist es, dass die CDU wieder diskursfähiger wird. Wichtig ist es für Conny Mayer-Bonde darüber hinaus, dass es beim Kernkraft-Moratorium kein Zurück gibt. "Man muss die sieben Atommeiler aus lassen." Im Land rechnet die CDU-Kreisvorsitzende mit einem Politikwechsel in etlichen Bereichen, besonders aber bei der Bildungspolitik und Stuttgart 21.

Kreisvorsitzender Gerhard Gaiser von der SPD freut sich, dass es gelungen ist, die CDU/FDP-Regierung in Stuttgart abzulösen, doch mit einem weinenden Auge sieht er, dass die SPD nicht der stärkere Koalitionspartner in der neuen Landesregierung ist. Dass die SPD im Kreis Freudenstadt zwei Prozent Stimmenzuwachs verbuchen konnte, führt Gaiser auf die klaren Positionen des SPD-Kreisverbands bei den Umwelt- und Energiethemen und bei Stuttgart 21 zurück. In diesen Bereichen kreidet er dem Landesverband gravierende Fehler an. Gerhard Gaiser erwartet dennoch in Zukunft einen Politikwechsel im Land, der vor allem allen Bürgern mehr Chancen einräumen solle, am Wohlstand teilzuhaben. Zwischen Grünen und SPD gebe es viele Schnittmengen.

Die Begeisterung über den Wahlsieg seiner Partei ist dem Grünen-Kreisvorsitzenden Marc Vogt auch gestern noch anzumerken. Er verspricht sich nun mehr Bürgerbeteiligung, Transparenz und Öffentlichkeit – unter anderem auch bei der Fördermittel-Vergabe. Er fordert eine landesweite Volksabstimmung über Stuttgart 21 und erwartet einen Impuls für erneuerbare Energien. Für den Landkreis Freudenstadt hat Vogt den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und den Ausbau des Radwegenetzes auf dem Wunschzettel – letzteres auch für die Horber Hochbrücke. "Darüber hinaus werden die Schulen mehr Autonomie erhalten. Ich wünsche mir, dass die Einrichtungen vor Ort dies aktiv mitgestalten."

"Unser Ergebnis ist in Ordnung", sagt Angelika Engeln, Kreisvorsitzende der FDP. "Ich hatte zwar bessere Zahlen erwartet – aber das hatte ich auch bei manch anderen." Timm Kern habe für einen Neuanfang ein gutes Ergebnis eingefahren. "Die Arbeit an Sachthemen ist aus FDP-Sicht nicht schlecht gewesen." Die Grünen, so Engeln, hätten ihre Ergebnisse aufgrund der allgemeinen politischen Situation bekommen. Über den Grünen-Kandidaten Cihan Polat sagt Engeln: "Er hat zu wenig zu seinen Themen gesagt." Ihr Fazit des Wahlergebnisses: "Ich hoffe nur, dass jetzt die Verschuldung nicht hoch geht."