Rund um das Böblinger Tierheim herrschen Dauerquerelen. Foto: Archiv

Schwierige Ehe: Meinungen zwischen Landkreis Böblingen und Tierschutzverein als Gesellschafter der gemeinsamen Tierheim GmbH gehen auseinander.      

Kreis Böblingen - Die Ehe ist schwierig. In der gemeinsamen Tierheim GmbH gehen die Meinungen der beiden Gesellschafter Landkreis Böblingen und Tierschutzverein häufig auseinander. Nun gibt es Überlegungen, die Partnerschaft zu scheiden und das Böblinger Tierheim unter die alleinige Regie des Landkreises zu stellen.

Es war im Jahr 2009, als sich die beiden Partner zusammenraufen mussten, weil das Tierheim vor der Insolvenz stand. Der Kreis rettete die Immobilie im Besitz des Tierschutzvereins mit einem jährlichen Zuschuss von 250.000 Euro und finanziert seither das Tierheim zu rund 70 Prozent. Ein Engagement, das laut Björn Hinck, Geschäftsführer der Tierheim GmbH, im bundesweiten Vergleich betrachtet "keine Selbstverständlichkeit" sei. In der gemeinsamen GmbH besitzt der Kreis jedoch nur 50 Prozent der Sitze.

"Eine Konstellation, die ich nicht ganz versteh’", sagt Achim Gack. "Der Landkreis bezahlt 70 Prozent und hat nur die Hälfte der Sitze im Aufsichtsrat", kritisiert er. Der Freie-Wähler-Mann sitzt zusammen mit seinen Kreistagskollegen Walter Arnold (CDU) und Hans-Josef Straub (SPD) im Aufsichtsrat der Tierheim GmbH.

Die Konstruktion, dass der Aufsichtsratschef, der von der Landkreisseite stammt, das letzte Wort hat, ist für Gack indes ebenso wenig geglückt. "Teilweise fatal", nennt er diese Konstellation, die nicht immer förderlich für die Stimmung in diesem Gremium sei. Für "bedenklich" hält Achim Gack auch, dass seit dem Einstieg des Landkreises keine Ruhe ins Tierheim gebracht worden sei.

Diese Konflikte bieten den Nährboden für Gedankenspiele, die dem Landkreis den Tierheimbetrieb komplett übereignen wollen. "Diesen Ansatz habe ich auch", erklärt Achim Gack. Seine Freie-Wähler-Fraktion, glaubt er, würde sich dem ebenfalls nicht verschließen. "Man müsste vorher die Zahlen genau anschauen, eine Bestandsaufnahme machen und dann entscheiden", sagt Gack. Denn auf den Kreishaushalt kämen rund 80. 000 Euro Mehrinvestitionen pro Jahr zu. Ähnlich denkt auch Gacks Aufsichtsrats-Kollege Hans-Josef Straub (SPD). Er kenne keine GmbH, in der die Sitze nicht nach den finanziellen Beteiligungen verteilt sind, erklärt er. Die vier Kreisvertreter im Aufsichtsrat seien sich "sehr, sehr einig" was die Bewertung dieser Situation anbelangt, betont Straub. Die Tendenz, das Tierheim komplett zu übernehmen, sei auch bei seiner Fraktion da, weiß der Sozialdemokrat aus Weil der Stadt. Auch aus der CDU-Fraktion sind Signale in diese Richtung zu hören. Die notwendige Mehrheit im Kreistag wäre somit wohl vorhanden.

Im Tierschutzverein ist man in dieser Sache ganz anderer Meinung. Vor kurzem forderte Andreas Kempf, der seit einigen Monaten als Mediator und Sprecher des Tierschutzvereins fungiert, in einem Interview, dass die Vereinsmitglieder mehr Mitsprache im Aufsichtsrat erhalten müssten. Der Verein biete schließlich die ehrenamtlichen Kräfte auf, ohne die der Tierheimbetrieb nicht funktioniere.

Dass man im Landratsamt, das für die Fundtiere im Kreis Böblingen zuständig ist, schon lange mit Stirnrunzeln auf die Verhältnisse beim Partner Tierschutzverein schaut, ist kein Geheimnis. Dauerquerelen, ständig wechselnde Vorsitzende, überschäumende Emotionen und permanente Versuche des Vorstandes, in das Aufgabengebiet von Tierheimleiterin Ute Andok einzuwirken, sind an der Tagesordnung.

Hinzu kommt nun mächtiger Ärger wegen der dringenden Sanierung der Hundehäuser. Kreisvertreter und Tierheim-Mitarbeiter werfen dem Vorstand des Tierschutzvereins vor, dass dieser die Umsetzung der rund 400.000 Euro teuren Maßnahme verbummelt und somit einen 100.000-Euro-Zuschuss des Landes versäumt habe.

Das rund 900 Quadratmeter große Gebäude bietet Platz für 60 Hunde und kann die 40 Jahre, die es auf dem Buckel hat, nicht verbergen. Energetisch, sagt Wolf Eisenmann, sei der Zustand verheerend. "Wir heizen hier die Landschaft", erzählt er. Dass auch die Lärmdämmung nicht den Anforderungen entspricht, hört jeder, der sich den Zwingern nähert: Fängt der erste Hund an zu bellen, mischen sich die Nachbarn rasch ein und bitten zum Kläffkonzert.

Mitte des Jahres war die Sanierung bereits so gut wie beschlossen. Die Architektenpläne standen, der Zuschuss des Landes wurde ebenfalls bereits signalisiert. Es galt laut Wolf Eisenmann nur noch einige Fragen des Landes zu beantworten. Doch dann kam der Rücktritt des Tierschutzvereins-Vorsitzenden Markus Hess, der nach kurzer Zeit entnervt von den Alleingängen des übrigen Vorstandes das Handtuch warf. Mit dem Abgang von Hess schien wohl auch die Triebkraft für die Sanierung der Hundehäuser abhanden gekommen. "Danach", ärgert sich Wolf Eisenmann, "hat sich niemand mehr darum gekümmert". Die Aktivitäten ruhten, der Zuschuss war verfallen. Ob es 2015 einen neuen Anlauf geben wird, ist noch unklar.

Sicher ist hingegen der Unmut, den sich der Tierschutzverein beim Partner Landkreis mit dieser gescheiterten Aktion eingehandelt hat. Hans-Josef Straub verbirgt seine Enttäuschung nicht: "Wenn ich als Verein so einen tollen Zuschuss in Aussicht habe, kämpfe ich doch", erklärt er und nennt das Verhalten des Tierschutzvereins "merkwürdig". Auch Achim Gack ist nicht gut auf die Partner in der Tierheim-Gesellschaft zu sprechen: "Dass die Unstimmigkeiten auf dem Rücken der Tiere ausgefochten werden, ist das größte Desaster", sagt er.