Immer wieder steht Calw kurzzeitig teilweise unter Wasser. In der jüngeren Vergangenheit in der Regel nicht wegen des Flusses – sondern wegen Starkregens (Archivfoto). Foto: Werthenbach

„Chaostage“ sind ohne private Prävention nicht zu bewältigen. Vorräte und Stromaggregat sollte jeder Haushalt verfügbar haben, meint Kreisbrandmeister Dirk Patzelt. Denn die Frage sei nicht, ob etwas passiere – sondern wann.

Das Wetter, das Klima – es spielt, so scheint es, immer häufiger verrückt. Auch im Kreis Calw, wie etwa die verschiedenen Starkregenereignisse der vergangenen Jahre in der Stadt Calw zeigten. Grund genug für den zuständigen Kreisbrandmeister Dirk Patzelt, im Kreistag einmal über den Sachstand zum Katastrophenschutz zu berichten.

Seine wichtigste Erkenntnis: Es gibt keine Vollkasko-Sicherheit, jeder Bürger ist – auch – selbst für die Prävention zu möglichen oder gar wahrscheinlichen Katastrophenlagen verantwortlich. Patzelt wörtlich: „Ohne private Vorsorge der Bevölkerung sind die Behörden nicht in der Lage, die ersten ‚Chaostage‘ bei zum Beispiel Hochwasser oder Stromausfall zu bewältigen.“ Jeder sollte, „jeder muss!“ sich selbst auf solche Extremverhältnisse vorbereiten.

Manche Extremereignisse seien „wahrscheinlich“

Wie solche Vorsorge aussehen könnte? „Ich wohne selbst in Hirsau“, so Patzelt. Hochwassergefahrengebiet. „Ich habe immer für einen Monat Getränke vorrätig“, reichlich Lebensmittel natürlich, ein Stromaggregat sowieso. Und den zugehörigen „Kraftstoffvorrat für eine Woche“. Das Beispiel um die Katastrophe aus dem Ahrtal habe gezeigt, dass die Behörden (dort) rund eine Woche gebraucht hätten, um nach dem Unwetter wieder „ordentlich Arbeiten zu können“ und den betroffenen Bürgern Hilfe zu leisten.

Auch wichtig: Es geht nicht darum, ob solche Extremereignisse eintreten – sondern wann. So sei aus seiner Sicht etwa ein sogenannter „Brownout“ – also eine gezielte Stromabschaltung, um ein überlastetes Netz zu schützen – „wahrscheinlich“. Starkregen, extremer Wind sowieso. Aber auch „ein Massenanfall an Verletzten“, etwa durch ein Bus- oder Zugunglück. Patzelt nannte hier explizit die „Busse vom ZOB zum Schulzentrum“ in Calw, die stets überfüllt seien – mit nur mangelhaft gesicherten Fahrgästen. Es sei da nur eine Frage der Zeit, bis „da mal was passiert!“

Ohne Strom kommt es zur Kettenreaktion

Doch noch einmal zurück zum „Brownout“: Auch Sabotage oder gar Terroranschläge seien hier denkbare und mutmaßlich sehr realistische Szenarien, wie das Beispiel der Nordstream-Pipeline oder die jüngsten Hackerangriffe auch auf Unternehmen im Kreis Calw (etwa Häfele in Nagold) zeigten. Die damit zusammenhängenden Wirkketten seien vielfältig: Ohne Strom käme es zu Ausfällen in der medizinischen Versorgung, der Telekommunikation (Ausfall von Handynetzen), der Versorgung (Kühltruhen im Lebensmittelhandel) und der Landwirtschaft (Melkmaschinen).

Beim Landkreis bereite man sich auf solche „Lagen“ mit entsprechenden Notfallplanungen und Absprachen mit Betreibern „von kritischer Infrastruktur“ (Tankstellen, Kliniken) vor. Patzelt lud aber auch die Bürgermeister im Kreis zu einem „Workshop zur Katastrophenschutz-Vorsorge“ ein, denn unterhalb echter, übergreifender Katastrophen seien die Kommunen für den Eigenschutz ihrer Bürger zuständig – etwa bei örtlich begrenzten Starkregen.

Nicht die letzte Katastrophe dieser Art

Vonseiten der Kreisräte übernahm es Thomas Blenke (CDU) darauf hinzuweisen, dass hierzulande fast ausschließlich „das Ehrenamt“ den Schutz vor Katastrophen übernehme – und „das funktioniert wunderbar“. Das Beispiel Ahrtal habe aber auch gezeigt, „wie unvorstellbar brutal solche Ereignisse sein können“. Auch Blenkes Warnung: „Das wird nicht die letzte Katastrophe dieser Art bleiben!“