Stuttgart – Am 12. Mai wählt der Landtag den neuen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs. Eine neue poltische Epoche bricht an. Wir haben uns bei den Stuttgarter Jugendverbänden der Parteien umgehört, was sie von ihren Mutterparteien im neuen Landtag erwarten. Diesmal waren wir im "Amadeus" am Charlottenplatz beim Stammtisch der Jungen Liberalen Stuttgart.

Es gibt Momente im Leben, da traut man seinen eigenen Augen nicht.  Man will einfach nicht glauben, was sie sehen. Ähnlich erging es Johannes Zeller, als am Wahlabend die Hochrechnungen und Prognosen über die Bildschirme liefen. "Es hat einige Zeit gedauert, bis ich unser Wahlergebnis überhaupt realisiert hatte", sagt der Vorsitzende der Jungen Liberalen (Julis) Stuttgart. Als es dann soweit war, tat die Wirklichkeit richtig weh: Die FDP fuhr in ihrem Stammland das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ein, ihr Stimmenanteil halbierte sich.

Wie konnte es soweit kommen? "Natürlich gab es Gegenwind aus Berlin"  - den aus Fukushima erwähnt der 23-Jährige erst gar nicht – "aber es lag vor allem auch daran, dass die Landes-FDP in der öffentlichen Debatte nicht so präsent war". Der größte Fehler für ihn: Es gab keinen Generalsekretär, der die Partei in den Wahlkampf führte und für Präsenz in der Öffentlichkeit sorgte.

Dünkel der sozial kalten Steuersenkungspartei


Diese Aufgabe hätten sich eigentlich die stellvertretenden Landesvorsitzenden teilen sollen. Doch Ernst Burgbacher als Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und Michael Theurer als Abgeordneter des EU-Parlaments seien zu stark in Berlin beziehungsweise Brüssel eingebunden gewesen. "Sie hatten deshalb nicht die Möglichkeit die eigenständige Meinung der FDP zum Beispiel beim Thema Stuttgart 21 offensiver darzustellen", kritisiert Johannes Zeller. Auf dem Sonderparteitag am 7. Mai soll nun die Einsetzung eines Generalsekretärs beschlossen werden. 

Das ist für die Julis ein erster Schritt in die richtige Richtung. Viele weitere müssen folgen. Für Phillip Gannon steht das spätestens seit dem Wahlabend fest. "Als ich das Wahlergebnis sah, war mein erster Gedanke: Jetzt muss etwas passieren", erinnert sich der 16-jährige Sprecher der Julis Stuttgart. Nicht weniger als eine programmatische Wende erwarten die beiden Jungen Liberalen nun von ihrer Partei.

Es gilt, weg zu kommen vom Dünkel der sozial kalten Steuersenkungspartei. Die FDP sollte sich stattdessen wieder Bürgerrechte, Freiheit und eine liberale Wirtschafts- und Ordnungspolitik auf ihre Fahnen schreiben. "Die FDP muss sich inhaltlich verbreitern und sich wieder auf liberale Grundwerte zu besinnen", sagt Johannes Zeller. Neuanfang durch Rückbesinnung.

Statt Verteidigung ist Angriff angesagt