Matteo Renzi Foto: dpa

Nach nur zehn Monaten im Amt steht Ministerpräsident Enrico Letta vor dem Aus. Italien bekommt seine vierte Regierung in vier Jahren. Das Land aus der Krise führen soll ein junger Aufsteiger aus Florenz.

Rom - Nach nur zehn Monaten im Amt tritt der italienische Regierungschef Enrico Letta zurück und macht den Weg für seinen parteiinternen Herausforderer Matteo Renzi frei. Dieser hatte ihn zuvor erneut unter Druck gesetzt und seinen Anspruch auf das Amt massiv untermauert. Italien brauche dringend eine neue Regierung, einen radikalen Umschwung und eine tiefgreifende Veränderung, hatte der Chef von Lettas Sozialdemokratischer Partei (PD) bei einem Treffen des Parteivorstands am Donnerstag in Rom gefordert. Das Gremium stellte sich nach der anschließenden Debatte mit 136 Ja-Stimmen und nur 16 Nein hinter Renzi. Letta erklärte daraufhin seinen Rücktritt.

Der Regierungschef hatte diesen Schritt bis zum Nachmittag noch kategorisch abgelehnt. Letta nahm nicht an dem Treffen teil und verfolgte die Beratungen im Regierungspalast Chigi. Unmittelbar nach der Abstimmung kündigte er in einer Erklärung seinen Rücktritt an. Das in einer anhaltenden Rezession steckende Krisenland Italien bekommt damit seinen vierten Regierungschef in nur vier Jahren.

Renzi, Bürgermeister von Florenz, hatte in seiner Rede zuvor betont, es handle sich nicht um einen „Bruderkampf“, Italien könne nicht weiter in Unsicherheit und Instabilität leben. Er dankte der Regierung für die „bemerkenswerte Arbeit“ in den vergangenen Monaten. Aber jetzt stehe Italien am Scheideweg. Es sei dringend notwendig, eine neue Phase und eine neue Regierung auf den Weg zu bringen mit dem Ziel, das Land bis zum Jahr 2018 zu reformieren. Der im Dezember mit großer Mehrheit zum PD-Chef gewählte Renzi verlangt raschere und tiefgehendere Reformen für das Land.

Nervosität an Europas Börsen

Dem 39-Jährigen war wiederholt vorgeworfen worden, nur seinen eigenen politischen Ehrgeiz zu bedienen. Die italienische Linke ist zudem Rivalitäten und Zerreißproben gewohnt. Ihre früheren Regierungen von 1996 bis 1998 sowie von 2006 bis 2008 brachen jeweils wegen interner Auseinandersetzungen zusammen. Das machte den Weg frei für eine Rückkehr des konservativen Regierungschefs Silvio Berlusconi.

Der als Macher bekannte Aufsteiger Renzi riskiert mit seinem frontalen Angriff auf Letta eine Spaltung seiner Partei und auch den Vorwurf, sich illoyal dem Parteifreund gegenüber verhalten zu haben. Umfragen zufolge ist eine Mehrheit der Italiener gegen eine einfache Übertragung der Macht von Letta an Renzi ohne vorherige Neuwahlen.

Renzi sagte, der Weg zu Wahlen habe seinen Reiz und seinen Charme. Doch ohne ein verändertes Wahlgesetz bestünde die Gefahr, dass es keine klaren Mehrheiten gibt.

Die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone leidet massiv unter den Folgen der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg und einer Arbeitslosigkeit, wie es sie seit den 1970er Jahren nicht gegeben hat. Entsprechend nervös reagierten die europäischen Börsen am Donnerstag. Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem warnte, Italien könne sich keine Instabilität erlauben in einer Zeit, in der es seine Wirtschaft wettbewerbsfähiger machen müsse.