Hat die Terrormiliz Islamischer Staat erneut einen US-Bürger hingerichtet? Foto: dpa

Erneut kursiert im Internet ein Enthauptungsvideo. Es soll die Hinrichtung eines US-Amerikaners zeigen. Indes beschert die Angst vor dem Terror der Versicherungswirtschaft unerwarteten Zulauf.

Tunis - Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat sich in einem im Internet verbreiteten Video zur Ermordung einer fünften westlichen Geisel bekannt. Die am Sonntag verbreitete Aufnahme zur angeblichen Enthauptung des US-Bürgers Peter Kassig zeigt auch eine brutale Massenhinrichtung gefangener Soldaten.

Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Bernadette Meehan, erklärte am Sonntag: "Die Geheimdienste arbeiteten auf Hochtouren, um die Echtheit des Videos zu ermitteln." Sie fügte hinzu: "Falls sich die Angaben bestätigen sollten, sind wir erschüttert über die brutale Ermordung eines unschuldigen amerikanischen Entwicklungshelfers und drücken seiner Familie und seinen Freunden unser tiefstes Mitgefühl aus."

Familie bittet um Zurückhaltung

Der 26-jährige Ex-Elitesoldat hat nach Angaben seiner Eltern als Entwicklungshelfer in Syrien gearbeitet, als er am 1. Oktober 2013 in Dair as-Saur im Osten des Landes entführt wurde. Die Eltern baten die Medien am Sonntag um einen zurückhaltenden Umgang mit dem Video. "Die Familie bittet die Medien, den Geiselnehmern nicht in die Hände zu spielen, indem sie Bilder oder das Video der Entführer veröffentlichen", teilten Ed und Paula Kassig über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.

In dem Video werden auch Enthauptungen syrischer Soldaten gezeigt - vermutlich in Nordsyrien. Ein vermummter Dschihadist richtet in englischer Sprache mit britischem Akzent eine Botschaft an US-Präsident Barak Obama, in der er sagt, dass Kassig US-Soldat gewesen sei und den US-Truppen ähnliches widerfahren werde. Erneut machte die Terrorgruppe ihre Expansionsansprüche deutlich: auf Saudi-Arabien, Libyen oder auch Europa.

Kassig leistete nach Angaben der "Washington Post" Armeedienst und war Mitglied des bekannten 75. Ranger Regiments. Der Infanterist habe mit seiner Einheit von April bis Juli 2007 im Irak gedient. Nach seinem Ausscheiden aus dem Armeedienst habe Kassig begonnen, Politikwissenschaft zu studieren. Er beteiligte sich an Hilfsprojekten für Syrien. Der aus Indianapolis (Indiana) stammende Kassig trat während seiner Gefangenschaft zum Islam über, wie der Sender CNN berichtete.

IS-Extremisten hatten zuvor bereits die beiden Amerikaner Jim Foley und Steven Sotloff sowie die Briten David Haines und Alan Henning ermordet. Eine von den USA angeführte internationale Allianz fliegt seit Anfang August im Irak und seit Ende September auch in Syrien Luftangriffe gegen die Extremisten. Dennoch stellte eine unabhängige Untersuchungskommission in einem am Freitag veröffentlichten Bericht für den UN-Menschenrechtsrat fest, dass die Kampfkraft des IS in Syrien größer geworden sei.

USA intensivieren Einsatz

Die USA wollen eine neue Phase im Krieg gegen den IS einleiten. Am Wochenende besuchte US-Stabschef Martin Dempsey erstmals seit Beginn der internationalen Luftangriffe gegen die Dschihadisten die irakische Hauptstadt Bagdad. Dempsey beriet mit irakischen Politikern und Sicherheitsvertretern über die nächste Etappe zur Niederschlagung des IS.

Ein als "Jihadi John" bezeichneter IS-Extremist, der an mindestens vier Geisel-Enthauptungen beteiligt ist, soll angeblich bei einem Luftangriff verletzt worden sein. Der mutmaßlich aus London stammende Mann habe in der Ortschaft Al-Kaim im Westirak an einem Treffen von Stammesältesten teilgenommen, berichte die britische "Mail on Sunday" am Sonntag unter Berufung auf anonyme Quellen. Bei einem Angriff irakischer und US-amerikanischer Kampfjets sei er verletzt und in ein Krankenhaus gebracht worden. Das Londoner Verteidigungsministerium bestätigte den Bericht zunächst nicht.

Kidnap & Ransom-Versicherungen

Indes beschert der IS der Versicherungswirtschaft ungeahnte Nachfrage. Immer mehr Unternehmen versicherten ihre Mitarbeiter für den Fall einer Entführung, berichtet die "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS).

Demnach geht es um sogenannte Kidnap & Ransom-Versicherungen, die in Deutschland von sechs Konzernen angeboten werden. Sie sehen für den Entführungsfall Deckungssummen von 3 bis 50 Millionen Euro vor und decken die Kosten für Verhandlungsteams und Lösegeldzahlungen.

Seit im Internet Videos über die Enthauptung von IS-Geiseln kursieren, "ist das Interesse an diesen Versicherungen explosionsartig gestiegen", sagte Anne Deiter, Expertin für Entführung und Erpressung beim Versicherungsmakler AON, der Zeitung. Nach Angaben aus Branchenkreisen wurden bisher in Deutschland mehr als 1000 solcher Versicherungen abgeschlossen; sie kosten bis zu 250 000 Euro im Jahr.