Jan Zeitler im Straßenwahlkampf: In der Überlinger Innenstadt kommt er mit Bürgern ins Gespräch. Foto: Zeitler

Zeitler will mit Horber Themen punkten. Stärke: Sachverstand – Schwäche: zu wenig Emotionen?

Horb/Überlingen - Jan Zeitler ist im Wahlkampf-Endspurt. Am 6. November wählen die Überlinger ihren Oberbürgermeister oder vielleicht weiterhin ihre Oberbürgermeisterin. Ein klarer Favorit ist derzeit nicht zu erkennen.

"Ich habe gerade meinen Stand abgebaut", erzählt Jan Zeitler, als wir ihn gestern Nachmittag anrufen. Straßenwahlkampf in Überlingen. Das gehört zum Kerngeschäft in Wahlkampfzeiten. Am Vorabend musste sich der Horber Bürgermeister oder vielleicht sogar bald Ex-Bürgermeister dem Wettbewerb von Angesicht zu Angesicht stellen – bei der offiziellen Kandidatenvorstellung im Überlinger Kursaal. Vier Kandidaten sind es insgesamt: Neben Zeitler Amtsinhaberin Sabine Becker, Georg Müller und Klaus Kirchmann. Rund 800 Bürger kamen.

Der Auftritt von Zeitler wurde unterschiedlich gesehen. "Er blieb an seinem Manuskript kleben, wollte so viele Infos wie möglich transportieren. Das war schon etwas trocken", sagt ein politischer Beobachter, der an diesem Abend anwesend war. Auch Zeitler selbst ist mit dem Verlauf nicht zufrieden, wie er ehrlicherweise zugibt. "Es war warm im Saal, die Luft sehr stickig. Mir hat leider niemand gesagt, dass es eine mobiles Mikrofon gibt, sodass ich am Pult stehen geblieben bin."

Klares Bekenntnis zur Institution der Ortschaftsräte

Er habe die ganze Bandbreite an Reaktionen zu hören bekommen. Von sehr positiv und Lob für den sachlichen und informativen Vortrag bis hin zu der Kritik, zu wenig emotional gewesen zu sein. Ein nicht ganz neues Urteil für die Horber. Auch hier hat er sich nicht nur in der Fasnet anhören müssen, dass er manchmal etwas graumäusig und spröde rüberkommt. Doch Zeitler möchte sich nicht verstellen. Und er glaubt, dass man mit Sachlichkeit und Sachverstand sehr wohl punkten kann. Er könne auch anders, wenn die Rahmenbedingungen es besser zulassen. Beim Bürgertreff im Überlinger Ortsteil Bonndorf beispielsweise scheint ihm das schon gelungen zu sein. "Da habe ich frei geredet." 90 Minuten stand er anschließend Rede und Antwort.

Der Südkurier urteilte: "Der Horber Bürgermeister Jan Zeitler hinterließ in Bonndorf einen guten Eindruck." Dabei versuchte Zeitler auch mit Themen zu punkten, die er aus Horb gut kennt. Er gab zum Beispiel ein deutliches Bekenntnis zu Ortschaftsräten und Ortsvorstehern ab, die für ihn unverzichtbar seien. Auch als Mann der Feuerwehr präsentierte er sich.

Denn in Bonndorf ist Druck auf dem Kessel, weil die dortige Feuerwehr nach der Fertigstellung des neuen Feuerwehrhaus West im Überlinger Ortsteil Nesselwangen bröckelt. Der Verwaltung werfen sie mangelnde Kommunikation vor. Auch beim Thema Sparen will der Horber Bürgermeister mit bisherigen Leistungen punkten. Beim Feuerwehrzentrum in Horb habe die Stadt von 6,5 auf 4,5 Millionen Euro abgespeckt. "Jetzt haben wir in der Fahrzeughalle eben einen lackierten Betonboden statt Fliesen", wird er im Südkurier zitiert. Auch in einem großem Interview mit der Zeitung geht er intensiv auf Horb ein.

Als Chef beschrieb sich der Horber Bürgermeister dort so: "Ich pflege einen kooperativen Führungsstil, ich bin aus meiner Sicht ein gefragter Gesprächspartner, auch von meinen Fachbereichsleitern und von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich habe eine offene Tür, meine Kollegen bekommen immer Termine, wenn sie diese benötigen."

Auch zum dortigen "Villensterben", eher kein Horber Thema, brachte er seiner Erfahrungen ein: Er halte es nicht für richtig, die meisten Bebauungspläne aufzuheben, wozu man sich in Überlingen entschlossen habe. Auch machte er sich für das Mittel der Vorkaufrechts-Satzung stark, damit man als Stadt die Möglichkeit habe, bestimmte Flächen zu erwerben. Keine Frage, als Chef des Baurechtsamts in Horb.

Doch wie sieht derzeit das Stimmungsbild in Überlingen aus? Profitieren könnte Zeitler dadurch, dass die bisherige Amtsinhaberin Becker nicht unumstritten ist (wir berichteten). Nach ihrem unfriedlichen Austritt aus der CDU bekommt sie keine Rückendeckung mehr aus dieser wichtigen Richtung. Alle Fraktionen und Parteien in Überlingen halten sich allerdings mit klaren Wahlaussagen zurück. Die CDU betont allerdings, dass sich viele Wähler einen Wechsel wünschen würden. Und da sehen sich die Christdemokraten bei Kirchmann und Zeitler ganz gut aufgehoben. "Die Alternative für die Zukunft Überlingens lautet also: bodenständiges und ausgleichendes Engagement mit langjähriger Auslandserfahrung (gemeint ist Kirchmann, Anm. d. Red.) oder zupackende Professionalität mit großer einschlägiger Verwaltungskompetenz (gemeint ist Zeitler. Anm. d. Red.)", wird die CDU zitiert. Dass Kandidat Georg Müller übrigens keine Erwähnung bei der CDU findet, liegt vielleicht daran, dass auch er das CDU-Parteibuch abgegeben hat. "Die Junge Union hat sich auch offiziell für mich ausgesprochen", so Zeitler.

Keine klaren Wahlempfehlungen vieler Parteien

Auch die Freien Wähler zeigen sich eher kritisch, was die Amtsinhaberin betrifft. FDP, Grüne und LSB sprechen Gemeinderat und Verwaltung dagegen durchaus einige Erfolge in den Vergangenen Jahren zu. Eine Wahlempfehlung gibt es aber nicht. Die SPD spricht sich am Ende natürlich für Zeitler aus.

"Kirchmann und Zeitler waren als Herausforderer gleichauf", bewertet der politische Beobachter die Veranstaltung im Kursaal. Heute Abend steht die nächste große Podiumsdiskussion. Dann möchte Zeitler einen überzeugenderen Eindruck abliefern. "Das wird für mich einfacher, weil ich spontan Fragen beantworten muss." Dann kommt es auf den Sachverstand an. Und Zeitler lässt keine Zweifel: Den bringt er mit.