Die orangen Kunststoff-Zäune mit den roten Lampen: Für Fahrradfahrer waren sie am Sonntag so etwas wie ein Freifahrts-Signal – doch einige Autofahrer haben sich über den Sinn einzelner Sperrungen gewundert. Foto: Hopp

Autofrei – aber nicht überall sorgenfrei : Leere Straßen waren schön für Anwohner, nicht aber für Gastronomen.

Horb - Die einen treten bei »Mobil ohne Auto« lustvoll in die Fahrrad-Pedale – andere genervt auf die Autobremse: »Nicht schon wieder Sperrung und Umleitung!« Und: Autofreie Straßen waren schön für Anwohner, aber Gaststätten blieben leer. Machen die »Mobil ohne Auto«-Macher etwas falsch?

Es gibt kaum Autofahrer in Horb, bei denen die Toleranzschwelle dieses Jahr nicht gesunken ist: Viele Straßensperrungen zwangen zu Umleitungen. Und dann auch noch »Mobil ohne Auto« mit weiträumigen Sperrungen des Neckartals bereits an den oberen Zufahrten ...

Besonders geärgert hat sich dieses Jahr die Familie Gekle, Betreiber des Gasthauses Sonne in Rexingen. Bereits oben bei der Kapelle war die Zufahrt ins Dorf gesperrt – auch für Anlieger gab’s keine Ausnahme. In der »Sonne« hatte man sich wie so oft auf Gäste vorbereitet, doch am vergangenen Sonntag blieben die Tische leer. »Nur ein einziger Stammgast aus Nagold hat uns besucht – und gefragt, warum denn die Zufahrt gesperrt ist«, erzählt die Wirtin.

Die Familie Gekle hat bereits in den vergangenen Jahren wegen diverser Veranstaltungen und Straßensperrungen Einbußen hinnehmen müssen. Jetzt reiche es. Die Wirtin: »Man meint, dass gerade jeder Straßen sperren darf so wie er will. Und in der Stadtverwaltung fragt man die Ortschaften wohl nicht.«

Verwunderung lösten auch die Barrieren aus, mit denen die Straße von Bildechingen nach Mühlen hinunter gesperrt war. Im doppelten Sinn autofrei war der Sonntag für die Anwohner der Neckarstraße. Auch sie selbst konnten weder rein noch raus fahren. Ein Anwohner: »Bei einer traditionellen Veranstaltung wie den Ritterspielen habe ich ja Verständnis dafür, aber nicht, wenn hier nur ein paar Radfahrer oder Skater durchfahren.«

Auch auf der Facebook-Seite Schwarzwälder Bote Horb meldeten sich ein paar Kritiker zu Wort.  »Vol Ker« schreibt: »Mobil ohne Auto ist wohl die dümmste Erfindung. Aus nah und fern kommen sie mit dem Auto, um Rad oder Inliner zu fahren, wo ist da der Sinn des Ganzen?«Dazu noch Unkenrufe aus vergangenen Jahren: 2011 fiel »Mobil ohne Auto« wegen der Gartenschau aus, 2012 fiel es wegen der Bierlinger Kirbe flach und im vergangenen Jahr war trübes Wetter. Auch dieses Jahr war  das Wetter ziemlich durchwachsen, und mit dem umbrisch-provenzalischen Markt fand in Tübingen obendrein eine Veranstaltung statt, die wahrscheinlich Hunderte von Leuten aus dem Raum Rottenburg nicht nach Westen ins Neckartal, sondern nach Osten in die Tübinger Altstadt gelockt hat.

Wetterrisiko, genervte Autofahrer, verärgerte Anwohner, viel Konkurrenz. Ist »Mobil ohne Auto« ein Auslaufmodell?

»Umweltfreundliche Mobilität ist aktueller denn je«

Mit einem entschiedenen Nein antwortet Axel Blochwitz, Vorsitzender des Touristikverbundes Neckar-Erlebnis-Tal (N.E.T.) der Gemeinden Sulz, Horb, Eutingen, Starzach und Rottenburg. N.E.T. organisiert »Mobil ohne Auto«.

Blochwitz sieht durchaus das Frust-Potenzial von Straßensperrungen in Horb und Umland. Bei »Mobil ohne Auto« gebe es jedoch eine ständige Ausweitung der Sperrzonen – und das sei von den Behörden so vorgeschrieben. »Es hat sich immer weiter ausgedehnt. Wir müssen schon die Zufahrten sperren, damit kein Autofahrer wenden und zurückfahren muss, wenn er unten nicht weiterkommt.«

Blochwitz befürchtet, dass  künftig noch weitere verkehrsrechtliche Auflagen dazugepackt werden. »Wenn es so weitergeht, werden wir eines Tages keinen autofreien Sonntag mehr organisieren können. Nicht wegen des Wetters oder wegen der Kosten, sondern weil Auflagen zu groß werden.« Blochwitz fragt sich, ob der Aufwand wirklich so groß sein muss. Er möchte, dass die gesamte Verkehrsregelung auf den Prüfstand kommt. »Wir sind auch dankbar, wenn sich Anwohner melden und sich einbringen.« Beispiel: dass in Bildechingen Richtung Mühlen Barrieren standen, fand auch Blochwitz seltsam. »Ob da nicht ein Schild gereicht hätte?«

Als Touristik-Veranstaltung habe »Mobil ohne Auto«  noch lange nicht ausgedient. Blochwitz: »Wo sonst hat man eine Strecke von 50 Kilometern parallel mit Bahnverbindung? Ich mache jede Wette: Wenn das Wetter schön ist, wird die Straße voll. Vielleicht kann man 'Mobil ohne Auto' ändern, aber im Trend liegt es auf jeden Fall noch. Umweltfreundliche Mobilität ist aktueller denn je.«

Auch auf Facebook gibt es versöhnliche Kommentare: »Jot Es«  versteht die Kritik nicht. »Kann man nicht mal einen Tag auf ein Stück Straße verzichten, um anderen einen schönen Sonntagsausflug zu ermöglichen? Ich finde es schade, wenn man sofort motzen und meckern muss, sobald man keinen Vorteil für sich draus ziehen kann. Ohne solch eine Rücksicht gäbe es auch keine Ritterspiele, Fasnet oder Stadt- und Dorffeste oder ähnliches. Denkt mal darüber nach.«