Michael Grüber mit Bischof Daniel im Paulus-Kloster Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Reise: Christa Stiegenroth und Michael Grüber erleben aufregende Pilgerfahrt zu den Wüstenklöstern der Kopten in Ägypten

Das ist die vielleicht außergewöhnlichste Reise von zwei Horbern: Christa Stiegenroth und Michael Grüber haben die christlichen Klöster in Ägypten besucht. Ein Trip zu den ältesten Klöstern der Christenheit.

Horb. Grüber: "Meine Idee war eigentlich, in Kairo auf einer Orgel zu spielen. Und mir mal die Pyramiden anzuschauen." Doch im Laufe der Recherche fand er zwar keine Orgel, aber den koptischen Bischof Damian in Höxter. Die Urchristen aus Ägypten haben dort ein Kloster gekauft. Grüber: „Er hat uns dann auf eine Rundreise eingeladen."

Am 21. Februar ging es dann los. Mit in der Reisegruppe von Stiegenroth und Grüber und unserer Fotografin Maria Hopp: Jede Menge evangelischer und katholischer Geistliche. Der Bekannteste: der umstrittene Bischof Walter Mixa. Er reichte 2010 seinen Rücktritt als Bischof von Augsburg ein, nachdem Vorwürfe wegen Misshandlungen, Veruntreuung und sexuellen Missbrauch (die staatsanwältlichen Ermittlungen deswegen wurden eingestellt) laut wurden. Doch nicht die Kirchenpromis beeindruckten die Horber, sondern dass, was sie in den ältesten Klöstern der Christenheit – dem Antoniuskloster und dem Pauluskloster – erlebt haben.

Grüber: "Was mich am meisten beeindruckt hat, ist wie lebendig die Kirche dort ist. Und wie fromm und glücklich die Christen dort in Ägypten sind. Was das Christentum hier predigt, wird dort gelebt." Er erklärt sich das so, dass die Kirche in Deutschland sehr bürokratisiert sei. Die Kopten seien in Ägypten in der Minderheit und müssten sich gegen den teilweise aggressiven Islam wehren. Christa Stiegenroth sagt: "Wenn die Kopten eine Kirche planen, bauen die Moslems direkt daneben eine Moschee. Weil es in Ägypten ein Gesetz gibt, das alles, was 100 Meter rund um die Moschee ist, denen gehört. Das führt dann dazu, dass alle Reparaturen in den christlichen Kirchen vom ägyptischen Präsidenten genehmigt werden müssen."

Beeindruckend für die Horber: Der Besuch in der Peter und Paul-Kirche in Kairo. Hier explodierte Anfang Dezember eine Bombe. Stiegenroth: "Ich habe das damals nebenbei im Radio gehört. Und dann stehst Du in der Kirche und begreifst. Überall sind die Einschusslöcher zu sehen. Und die Blutlache an der Wand ist mit Glas abgedeckt. Obwohl der Staat angeboten hatte, die Kirche komplett zu renovieren, lehnten die Kopten das ab – um immer an das Märtyrertum für den Glauben zu erinnern."

Die Minderheit der Kopten. Die Klöster sind deshalb von hohen Mauern umgeben. Bis zu fünf Tore und Sicherheitskontrolle müssen alle Besucher durchlaufen. Innen dann: Frieden. Dazu Schulen und Krankenstationen, die die Mönche unterhalten, um die Bevölkerung kostenlos zu versorgen.

Michael Grüber erzählt: "Der Andrang auf die Klöster ist riesengroß. Deshalb können sich die Kopten die Mönche aussuchen." Stiegenroth fügt hinzu: "Jeder Mönch muss als Voraussetzung Militärdienst oder Zivildienst geleistet haben. Er muss einen Beruf haben und mindestens zwei Jahre gearbeitet haben. Also aktive Menschen wirklich mitten aus der Gesellschaft." Und das Klosterleben und die Arbeit, das stundenlange Gebet und die Riten der Kopten sowohl die Auswahl führen dazu, dass "jeder, den wir in dem Kloster getroffen haben, eine unheimliche Ausstrahlung hatte".

Die Mönche, Bischöfe und Priester, die die Horber getroffen haben – alle charismatisch. Spirituell. Und eine Energie strahlt von den Mönchen in den Klöstern aus, die die beiden Horber sofort gespürt und aufgenommen haben. Stiegenroth erinnert sich beispielsweise an den Gastgeber, Bischof Damian: "Er ist eigentlich Arzt von Beruf. Er hat uns erzählt, dass eine Schwester in Eutingen wohnt. Auf der Reise haben alle, die ihn gesehen haben, die Hand geküsst. Während er uns als seine Gäste von vorne bis hinten bediente. Er ließ es sich sogar nicht nehmen, unsere Teller wegzuräumen."

Die Lage für die Kopten in Ägypten – sie wird immer kritischer. Inzwischen hat schon der "Islamische Staat" den Kopten den Krieg erklärt. Hier gibt es schon Todeslisten. Ganz oben: Der koptische Papst Tawadros der Zweite. Immerhin: Ägyptens Präsident Abdel Fattal al-Sissi tritt dem IS-Terror gegen die Christen offenbar entgegen. Der IS versucht auf der Sinai-Halbinsel, die Kopten zu vertreiben. Al-Sissi hat die Behörden angewiesen, den fliehenden Christen mit Unterkünften zu helfen.

Stiegenroth berichtet: "Uns wurde erzählt, dass die Kopten in Ägypten wenig Rechte haben. Christliche Frauen werden teilweise mit Muslimen zwangsverheiratet und beschnitten. Christen bekommen keine Arbeit. Ihre Aussagen gelten nicht vor Gericht. Und die Kopten sind auch die, die in Kairo den Müll sammeln. Den Restmüll haben die Schweine gefressen. Vor Jahren ließt Mubarak die 180 000 Schweine, die bei den Muslimen als unreine Tiere gelten – angeblich wegen Schweinegrippe töten. Seitdem versinkt Kairo im Dreck."

Die Kopten in Ägypten – seit fast 2000 Jahren im Land, in dem Joseph, Maria und Jesus Schutz suchten. Seit der Eroberung ab 639 nach Christus durch Muslime dauernd unter Druck. Grüber: "Noch heute, so wurde uns erzählt, bieten gewisse islamische Kreise eine Kopfprämie von 2500 Euro, wenn Du einen Christen zum Islam bekehrst. Für Ägypter, die meistens nicht viel Geld haben, eine riesige Summe. Für Intellektuelle gibt es eine Kopfprämie von 5000 Euro, für Politiker sogar 50000 Euro. Das Geld dafür kommt angeblich aus Saudi-Arabien."

In den Klöstern, so erzählen Stiegenroth und Grüber, ist von diesem permanenten Druck durch die muslimische Umgebung nicht zu spüren. Grüber: "Hier herrscht eine tiefe Gelassenheit und ein optimistischer Glaube. Der Bischof von Anfora sagte uns: Ein Muslim ist mir lieber als ein engstirniger Christ."

Stiegenroth: "Im Kloster ist es wie in einem kleinen Paradies. Mich hat am meisten Bischof Thomas mit seiner Weisheit beeindruckt. Er sagt: Du musst die Hand aufhalten. Wenn Du sie schließt, kannst Du nichts mehr empfangen."

Die Pilgerfahrt mit Bischof Damian zu den Kopten. Sie endete vor elf Tagen. Michael Grüber: "Das war keine Tour an der Oberfläche. Die Eindrücke und Erlebnisse gingen richtig in die Tiefe. Mir ist klar geworden, dass die Christenverfolgung auf der ganzen Welt so schlimm wie nie ist –und hier in Deutschland interessiert das kaum jemanden."