Die Signalanlage ist nach dem Zugunglück defekt – nun sorgt ein Streckenposten für Sicherheit. Foto: Morlok

Signalanlage bei Talheim ist nach Zugunglück defekt - nun sorgt Streckenposten Jerome Jordan für Sicherheit.

Horb-Talheim - Seit dem 14. September ist der Bahnübergang Käppel/Talheim dank einer ungewöhnlichen "Schranke" wesentlich sicherer als bisher. Wenige Tage zuvor kam es an diesem unbeschrankten Bahnübergang zu einem schrecklichen Zusammenstoß zwischen einer Regional-Stadtbahn und einem Lastzug.

Seither sind auch die Lichtsignale, die die vielen Autofahrer, die diesen Bahnübergang queren, vor den herannahenden Zügen warnen, ausgefallen. Noch immer sieht man dort draußen zwischen Industriegebiet Heiligenfeld und Talheimer Kreisel die Spuren des Unglücks. So ist beispielsweise das Wellblech-Häuschen, in dem die Signalsteuerung untergebracht war, nur noch ein schräg dastehender Schrotthaufen.

Selbst bei einer Vollbremsung hat der Zug rund einen Kilometer Bremsweg

Da man diesen stark frequentierten, in einer scharfen Kurve liegenden Übergang nicht ohne Warnhinweise lassen kann, sperren nun Jerome Jordan und sein Kollege den Übergang händisch ab.

Ein Bauwagen mit danebenstehendem Dixi-Klo ist ihre Leitstelle, ein GSM-R-Handy die Verbindung zu den Fahrdienstleitern, die jeden ankommenden Zug vorher annoncieren.

Das GSM-R Mobilfunknetz ersetzt bei der Deutschen Bundesbahn nahezu alle analogen Funksysteme. Es realisiert die wichtigsten für den Bahnbetrieb erforderlichen Funkanwendungen durch spezielle Dienstfunktionen, die sogenannten R-Merkmale. In der Talheimer-Übergangs-Leitstelle hört sich das dann ungefähr so an.

Das Handy klingelt. Jerome Jordan nimmt ab und meldet sich mit "BÜ 9,0". Dann bekommt er vom Fahrdienstleiter seine Anweisung, die er wiederholt und in eine Art Logbuch einträgt. "85518 voraussichtlich in 30", so lautete der GSM-R Mobilfunkruf. Übersetzt bedeutet dieses Bahn-Kauderwelsch: BÜ steht für Bahnübergang, 9,0 für die Kilometrierung der Strecke, 85518 ist der Zug von Schopfloch Richtung Hochdorf und ab 30 heißt, dass er – in diesem Fall – um 18.30 Uhr in Schopfloch abfährt.

Für den Streckenwärter beginnt nun die heiße Phase seines Tuns. Zuerst zieht er seine Warnweste an, dann geht er langsam auf eine Seite des Bahnübergangs. Dabei hat er sowohl den rollenden Verkehr auf der Straße, die Fahrtrichtung, aus der der Zug erwartet wird als auch die Uhr im Blick.

"Fahrplanmäßig braucht der Zug acht Minuten von der Abfahrt bis er hier durchfährt", weiß der junge Mann, den seine Sicherheitsfirma eigens von Recklinghausen in den Schwarzwald geschickt hat, aus Erfahrung und dem Fahrplan. "Vorsichtshalber rechne ich einen Puffer von zwei Minuten ein und sperre den Übergang sechs Minuten nach der angemeldeten Abfahrtszeit ab", erklärt er ergänzend.

Die Fahrzeuge, die in diesem Moment vorbeikommen, haben Glück, die winkt er noch schnell durch, aber dann zieht er sein rot-weises Absperrband an der Schnur über die Straße und der Verkehrsübergang ist sicher. Das Gleiche passiert auch auf der gegenüberliegenden Seite. Das macht er in der Stunde etwa zweimal. 9,5 Stunden dauert eine Schicht und von 24 Uhr bis 5 Uhr früh ist sogenannte Sperrpause, weil da kein Zug vorbeikommt.

Untergebracht sind die Streckenposten in einem kleinen Ferienhaus in der Nähe. Jerome Jordan sieht seinen Job, der auf den ersten Blick ein bisschen eintönig erscheint, als wichtigen Beitrag zur Sicherheit von Autofahrern und dem Zugverkehr an. "Ich muss ständig die gesamte Strecke im Blick haben, denn die Leute unterschätzen die Geschwindigkeit, mit der ein Zug hier durchkommt, ganz extrem. Obwohl man hier von beiden Seiten aus relativ weit in die Bahnstrecke reinblicken kann, ist der Zug viel schneller da, als man denkt und selbst bei einer Vollbremsung hat der Zug rund einen Kilometer Bremsweg. Und deshalb müssen wir jede Unregelmäßigkeit an ›unserem‹ Übergang immer sofort erkennen und an die Fahrdienstleitung weitermelden."

Bis mindestens 31. Oktober werden Jordan und sein Kollege an diesem gefährlichen Bahnübergang noch Dienst schieben. Denn so lange ist die Überwachungs- und Sicherungsmaßnahme bis dato bestellt. Und so lange ist dieser Übergang sicher. Das ist sicher.