Die Schüler aus China, die momentan am Hesse-Kolleg in Horb sind, sind laut ihrer Lehrerin Annette Klein äußerst fleißig. Sie wollen schnellstmöglich ihre Prüfungen schaffen, um als Pflegekräfte in Deutschland arbeiten zu können. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Sprachschule: 40 Chinesen lernen Deutsch in Horb, um als Pflegekräfte hier zu bleiben

Huāanyíng guāanglí! So ungewöhnlich sich für uns "Herzlich willkommen!" auf Chinesisch anhört, so geht es gerade 40 Schülern des Hermann-Hesse-Kollegs.

Horb. Der Fernsehraum ganz oben unter dem Dach. Im Fernsehen läuft gerade das Nickelodeon-Kinderfernsehen. Die chinesischen Schüler schauen auf den Bildschirm und lächeln über den Zeichentrickfilm. Doch Lehrerin Annette Klein kennt kein Pardon: "Bitte schaltet auf das Zweite um! Jetzt kommen die Nachrichten!"

Und fügt für uns Beobachter hinzu: "Die deutsche Grammatik lernen die von ganz allein. Das schwerste für meine chinesischen Schüler ist: Das Hören, Verstehen und Weitergeben der deutschen Sprache."

Also lauschen die Schüler gespannt, was Nachrichtensprecher Carsten Rüger vom türkischen Referendum berichtet.

Seit knapp einer Woche sind die Chinesen in Horb. Julia Dettling, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Hesse-Kollegs: "Das ist eine ungewöhnliche Gruppe. Der jüngste Schüler ist 22 – das geht bis Mitte 40. Sie sind hier, um ein anerkanntes Deutsch-Zertifikat zu bekommen und dann als Pflegerhelfer zu arbeiten."

Der Auftrag für die Schulung – von einem Arbeitgeber aus München. Denn, so weiß Lehrerin Klein: "Alle hier haben eine abgeschlossene Berufsausbildung. Ihnen fehlen nur noch die ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse, damit sie hier arbeiten können."

Doch warum kommen Chinesen nach Deutschland, um den Fachkräftemangel bei den Pflegekräften ausgerechnet in Deutschland zu beheben?

Klein: "In China gibt es zu viele Menschen. Deshalb gibt es dort einen harten Kampf um jeden Arbeitsplatz. Deshalb sind sie auf die Idee gekommen, es in Deutschland zu versuchen."

Und die Chinesen machen ihrem Ruf alle Ehre. Dettling lächelt: "Im Gegensatz zu den Kaliforniern sind die Chinesen pünktlich zu Unterrichtsbeginn da. Sie haben einen Gruppenführer bestimmt, der die Lerngruppen nach Ende der Schule weiterführt. Denn: Sie haben sich sehr ehrgeizige Ziele gesetzt: Die einen wollen die Prüfung in vier Wochen schaffen, die anderen in acht Wochen. Dabei sind die Schülerinnen und Schüler sehr solidarisch: Die helfen sich gegenseitig."

Das freut natürlich auch die Lehrerin. Annette Klein: "Für mich ist es begeisternd, zu sehen, wie motiviert die Chinesen beim Lernen sind. Wir bringen ihnen beispielsweise bei, wie man Menschen auf deutsch tröstet oder sie in den Arm nimmt. Wie man ein Konto eröffnet. Und das Leben meistert."

Passend zum Besuch der Zeitung wurden vor den TV-Nachrichten gerade die Katastrophen-Meldungen aus dem Lehrbuch geübt. Klein liest von einem Großbrand aus Kassel vor. Fragt: "Was ist ein Großbrand?" Fast im Chor antworten die Schüler: "Großes Feuer."

Wie man sieht, sind die Schüler aus China mit Feuereifer am Lernen. Nur Schulleiter Eden Volohonsky ist gerade nicht im Hesse-Kolleg. Dettling: "Er ist mit einem Schüler in der Ambulanz im Krankenhaus."

Doch nach dem Boom des Hesse-Kollegs vor gut einem Jahr durch die Flüchtlingswelle ist sicherlich auch Volohonsky froh über diese Lerngruppe. Dettling: "Für uns ist das das erste Projekt, bei dem es darum geht, Berufstätigen die deutsche Sprache beizubringen. Das ist für uns eine neue Erfahrung!"