Mit dem jetzt genehmigten Handbike kann Nevio wieder viel Sport machen. Nicht nur er, sondern auch seine Eltern freuen sich sichtlich. Foto: Daniel Schneider

Monatelang wartete Nevio auf etwas, das eigentlich schon da ist. Seit Sommer stritten Krankenkasse und Sozialamt über sein neues Handbike, mit dem der im Rollstuhl sitzende Junge viel selbstständiger ist. Jetzt kam endlich die lang ersehnte Zusage.

Für Mutter Nina Klein-Wiele ist klar: Ihr im Rollstuhl sitzender Sohn Nevio braucht ein neues Handbike, um sich selbstständig fortbewegen zu können.

„Im Sportverein trainieren sie damit auf der Hartbahn für den Marathon, bei Ausflügen kann er so auch lange Strecken zurücklegen“, weist sie auf die Vorzüge des Geräts hin.

Krankenkasse und Sozialamt

Und eigentlich ist es seit Monaten auch schon da – nur lag der Antrag leider eben beim Sozialamt Freudenstadt. Klein-Wiele schildert die Hintergründe. Da der zehnjährige Nevio schnell gewachsen war, benötigte er einen neuen Rollstuhl. Und damit eben auch einen neuen Handantrieb.

Ihre Krankenkasse habe das Handbike im Juli mit dem Kommentar an das Sozialamt weitergeleitet, dass es sich dabei um eine Zweitversorgung handele. Dabei sei es rechtlich eigentlich klar.

Mit elektrischer Unterstützung

„Die Kasse müsste das Handbike wieder zurückziehen und selbst bezahlen“, erläutert Klein-Wiele. Bei dem Gerät handele es sich nämlich um ein medizinisch begründetes Hilfsmittel. Denn wenn Nevio einen seiner Größe angemessenen Rollstuhl bräuchte, müsse eben auch das Handbike angepasst werden.

Das Besondere an dem neuen Modell sei jedoch die elektrische Unterstützung. „Aus eigener Kraft könnte Nevio in dem hügeligen Gelände hier nicht vorwärtskommen“, gibt Vater Christian Kaufmann zu bedenken. Denn jetzt bräuchte es immer jemanden, der den Zehnjährigen schiebt. „Die Selbstständigkeit Nevios wird vollkommen ausgebremst“, sagt Kaufmann.

Auch Anwältin war beteiligt

Mittlerweile hat die Familie auch eine Rechtsanwältin eingeschaltet, die bei dem Konflikt helfen soll. Auch wenn das aus Sicht des Ehepaares eigentlich überflüssig ist. „Das ist eine Sache, die wäre in 30 Minuten erledigt“, schätzt der Vater.

Doch wegen des Zuständigkeitswirrwarr beschäftige man über Monate hinweg unzählige Mitarbeiter, etwa in der DAK-Filiale Freudenstadt. „Das ist eine unglaubliche Ressourcenverschwendung“, bilanziert der gelernte Schreiner.

Schlaflose Nächte

„Wir sind deutschlandweit auf Fachmessen gewesen, um das Passende für Nevio zu finden“, erklärt Klein-Wiele. Sie wolle nämlich keine sinnlosen Anträge stellen, sondern etwas beantragen, dass von ihrem Sohn auch tagtäglich genutzt werde. Nur müsse es die Familie auch endlich erreichen. Nevio ist darüber sehr traurig, da er sein Handbike liebt.

„Diese Papierberge sorgen für volle Abende, schlaflose Nächte und viel Ärger für nichts“, beschreibt ihr Ehemann die Situation der letzten Monate. Selbst wenn man bei der Krankenkasse anrufe oder auch persönlich erscheine, laute die Antwort, man werde die Sache bearbeiten. „Eine Rückmeldung haben wir bisher noch nicht bekommen“, sagt er.

Die frohe Botschaft

Doch dann die glückliche Wendung, kurz vor Weihnachten. „Das Handbike für Nevio ist jetzt bewilligt worden“, erklärt Kaufmann. Eben sei die Genehmigung an das zuständige Sanitätshaus erteilt worden.

Für die Familie ist das ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk. Allerdings mischt sich auch etwas Bitterkeit in die Freude.

„Es ist schade, dass man immer wieder monatelange um Hilfsmittel streiten muss. Dabei möchten wir nur, dass unser Sohn die Chance hat, möglichst selbstständig zu werden“, sagen die Eltern am Ende einer für sie sehr stressigen Zeit.