Die Auswertung von Handydaten durch die Kriminalpolizei hat wichtige Informationen für den Mordprozess vor dem Hechinger Landgericht geliefert. Foto: kai -stock.adobe.com

Begriff taucht erstmals in Prozess auf. Auwertung von Handydaten bringt wichtige Erkenntnisse.

Hechingen - Wer die tödlichen Schüsse auf Umut K. an der Hechinger Staig am 1. Dezember vorigen Jahres abgab, scheint nun festzustehen. Im Prozess vor dem Landgericht am Mittwoch war zudem die Auswertung von Handydaten ein wichtiges Thema.

Wer hat vor und nach der Tat wann mit wem telefoniert, Whatsapp oder SMS geschrieben oder etwas in die Apple-Cloud notiert? Das hat die Kriminalpolizei bei allen Beteiligten detailliert ermittelt und analysiert. Der zuständige Kripo-Experte schilderte nun die Erkenntnisse der Auswertung riesiger Datenmengen in einem mehrstündigen Vortrag.

Einige Erkenntnisse daraus: Das Mordopfer, Umut K., war wohl aktiv in den Drogenhandel einer Hechinger Gruppe verwickelt, die mit Hasch, Amphetamin und Kokain dealte. So belegen SMS-Mitteilungen seiner Kumpel, dass er Zugriff zum "Bunker" hatte, also zum Drogenlager der Gruppe.

Fotos von Geldbündeln finden sich auf Handys

Zweites Ergebnis: Die Gruppe bezog ihre Drogen zumindest teilweise von Callogero S., einem 22-jährigen Italiener mit Wurzeln in einem Ort in Sizilien, aus dem auch die beiden anderen Angeklagten, Carmelo B. und Carmine M. stammen.

Das lief wohl eine Zeit lang gut. Auf den Handys von Mitgliedern der Hechinger Gruppe finden sich Fotos von Geldbündeln – eventuell eine Art Buchführung – und auch Notizen, die Zahlungen dokumentieren könnten.

Verbindungsdaten der Italiener hatte auch Umut K. auf seinem Handy abgespeichert. Mit Sätzen wie "Schwager will gleiche Sache wie gestern" wurde Online bestellt. Umut K. scheint dabei eher ein Mitläufer und Auslieferer gewesen zu sein. Als er aus einem Drogenbunker was abholen soll, findet er dort den Lichtschalter nicht und bittet seinen Kumpel per SMS um Hilfe.

Kam Anordnung von Mafia?

Aber im November 2016 tauchen ernste Probleme auf. Die Hechinger Gruppe hatte wohl für tausende Euro Drogen bezogen, weigerte sich aber zu bezahlen. Äußerungen legen nahe, dass einiges von dem Stoff selbst konsumiert wurde. Einer der Anführer scheint sich sicher, dass keine Gefahr besteht. Auf seinen Rat hin wird auf Zeit gespielt, "Die Missgeburten haben den Schwanz eingezogen", schreibt er schließlich.

Nicht glauben das. "Die Itaker sind übelst sauer" warnt Giovanni M. seine Kumpels Ende November. Auf seinem Handy findet sich ein Artikel über die Mafia, den er sich heruntergeladen hat. Erstmals taucht der Name dieser Verbrecherorganisation damit im Prozess auf. "Man spielt nicht mit denjenigen, die man nicht kennt", warnt Calogero M. per SMS vieldeutig. Es gibt Handy-Kontakt mit einer Nummer in Italien. Carmine M., der ältere Mentor der beiden Italiener, schaltet sich nun ebenfalls ein und fordert das Geld. Ordnet die Mafia schließlich an, ein Exempel zu statuieren? Beweise dafür gibt es natürlich nicht.

"Die fahren die ganze Zeit durch Hechingen und suchen mich", schreibt Giovanni M. jedenfalls am 21. November. Am 1. Dezember werden Calgero S. und Carmello B. fündig. Sie stellen Giovanni M. in der Spielhalle an der Mühlstraße. "Wir werden deinen Freund finden, und dann wirst du sehen" – dieser Satz soll da gefallen sein. Giovanni M. schreibt eine fatale SMS an Umut K.: "Komm schnell ins Impa, die Itaker sind da". Antwort: "Alles klar, ich komme". Kurz darauf ist Umut K. tot. Am 1. Dezember 2016 gegen 18 Uhr trifft ihn ein Schuss tödlich in die Brust. Wer hat abgedrückt?

Giovanni M., der beim Mord direkt daneben stand, hat mit Kripobeamten später noch einmal am Tatort alles durchgespielt. Er hatte schon beim Rausgehen auf den Platz einen roten Fiat erkannt, in dem Carmelo B. am Steuer saß, Calogero S. daneben. Beide identifiziert er später eindeutig. Der Fiat fährt los, verschwindet zwei Mal in der Mühlstraße, taucht am Gasthaus Ochsen wieder auf. Als er das dritte Mal auf den Platz fährt, stehen Umut K. und Giovanni M. an einer Bank auf dem Platz nebeneinander. Das Auto bremst. Ein Schuss. Direkt nach der Tat sagt Giovanni M., er habe den Schützen nicht klar erkannt. Bei einer späteren Vernehmung erkennt er auf einem Foto den Beifahrer und nennt ihn wiederholt "der Schütze".

Eine Frage ist noch offen: Hat Calogero S. den Falschen getroffen? Der ermittelnde Polizist beschrieb Umut K. als 163 Zentimeter groß und mit 63 Kilo eher als "hager. Giovanni M., der direkt neben ihm stand, war dagegen massig mit 187 Zentimetern Größe und 85 Kilo Gewicht.

Der Prozess wird am Mittwoch, 20. September, um 9 Uhr fortgesetzt.