Der Arzt Martin Hahn hat über Altersmedizin gesprochen. Das Interesse an seinem Vortrag war enorm. Foto: Maute Foto: Schwarzwälder-Bote

Vortrag: Martin Hahn referiert auf Einladung der Landfrauen über Alterserkrankungen und Therapien

In der Altersmedizin zählen nicht Lebensjahre. Was zählt, ist die bestmögliche Lebensqualität. Wie diese trotz Erkrankung aufrecht erhalten werden kann, darüber referierte auf Einladung der Hechinger Landfrauen der Arzt Johannes-Martin Hahn.

Hechingen-Boll. Dass Gesundheitsthemen die Menschen ansprechen, war Brigitte Steger bewusst. Mit so einem überwältigenden Interesse hatte sie aber nicht gerechnet. Rund 100 Interessierte kamen gestern ins Landgasthaus Kaiser nach Boll zum Vortrag von Johannes-Martin Hahn.

Unter dem Titel "Lebensqualität im Mittelpunkt. Alters- und Palliativmedizin heute", beleuchtete der Chefarzt der Tübinger Tropenklinik und frühere Arzt am Hechinger Krankenhaus altersmedizinische Krankheitsbilder und erläuterte Therapieansätze und Behandlungsmethoden.

Ein Sturz, ein Schlaganfall, eine Lungenentzündung – das kann insbesondere für Menschen in höherem Alter gravierende Folgen haben. Eingeschränkte Mobilität und der Verlust an Selbstständigkeit führen dazu, dass sich die Lebensqualität drastisch verringert.

Oft ist es, wie Johannes-Martin Hahn erklärte, eine "Kaskade" von einem geriatrischen (altersmedizinischen) Symptom zum nächsten. Der Patient stürzt häufiger, vermeidet deshalb aus dem Haus zu gehen, die Isolation wird stärker, und auch die Sturzgefahr nimmt mangels Training zu.

Was noch hinzukommt: Ältere Menschen tendierten oft dazu, "niemandem zur Last fallen zu wollen", so der Referent. Die Folge: Depressionen, die häufig als "begleitendes Symptom" auftreten.

Die Tropen-Klinik (Paul-Lechler-Krankenhaus) in Tübingen hat sich zu einem Akutkrankenhaus für Innere Medizin mit den Schwerpunkten Altersmedizin, Palliativmedizin und Schmerztherapie entwickelt. Im Mittelpunkt stehen besonders ältere und hochbetagte Menschen, deren Gesundheit und Selbstständigkeit durch Erkrankungen eingeschränkt sind.

Deren körperliches und seelisches Wohlbefinden wieder herzustellen – das ist das Ziel des Krankenhauses. Mit der bestmöglichen Lebensqualität geht auch die Aufrechterhaltung der Selbstständigkeit einschließlich der Entscheidungsfähigkeit einher. "Die meisten älteren Menschen wollen selbst entscheiden", weiß der Experte.

Demenz zählt neben Stürzen zu den häufigsten geriatrischen Symptomen, außerdem Harninkontinenz und iatrogene Störungen (unerwünschte Ereignisse, die im Zusammenhang mit medizinischen Maßnahmen auftreten). Oft leiden die Patienten unter mehreren Krankheiten gleichzeitig.

Im Paul-Lechler-Krankenhaus ist es deshalb ein ganzes Team, das Hand in Hand zusammenarbeitet, die Behandlung akuter Krankheiten kann gleichzeitig mit einer rehabilitativ ausgerichteten Komplexbehandlung ergänzt werden. Wie Johannes-Martin Hahn erklärte, ergänzen in der Klinik Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden und Musiktherapeuten das medizinische Spektrum. Hinzu kommt eine Sozial- und Pflegeberatung. Fachkräfte üben mit den Patienten alltägliche Dinge wie Treppensteigen, Anziehen, Essen oder sich waschen.

Wichtig sei außerdem das "Entlassmanagement." Wie geht es nach dem Krankenhaus weiter? Das sind nur einige der Fragen, die sich vor der Entlassung stellen. Obwohl bei vielen älteren Menschen nicht allzu sehr beliebt, könnten Rollatoren oder Hüftprotektoren helfen, gravierende Verletzungen wie Oberschenkelhalsbrüche zu vermeiden, so der Referent.

Auch in ihren eigenen vier Wänden können Patienten und Angehörige einiges tun, um Stürze zu vermeiden, für die etwa Schlaganfälle, Demenz, Schwindelerkrankungen, aber vor allem "Medikamente aller Art" die größten Risikofaktoren darstellen: So sollten Stolperfallen wie Teppiche entfernt und schlechte Lichtverhältnisse vermieden werden.

"Geriatrie kann der Lebensqualität auf vielen Ebenen dienen und beste aus der neuen Lebenssituation machen", lautete am Ende die ermutigende Botschaft. Und so mancher Zuhörer war sich sicher: "Jetzt sind wir für den Ernstfall gut vorbereitet."