Halt auf freier Strecke: Der Lokführer hatte notgebremst. Einsatzkräfte suchten die Strecke nach einer Verletzten ab. Foto: Meyer

89-Jährige will Obst an den Gleisen sammeln. Lokführer stoppt Zug. Passagiere sitzen in Bahnhöfen fest.

Bodelshausen/Hechingen - Weil sie im Bereich der Gleise auf der Suche nach Obst war, hat eine 89-jährige Frau am Montagnachmittag den Zugverkehr der Hohenzollerischen Landesbahn zwischen Hechingen und Mössingen lahmgelegt. Der Lokführer einer herannahenden Bahn hatte die Frau erkannt und den Zug rechtzeitig gestoppt, wie die Bundespolizei am Dienstag mitteilte.

Der Zugverkehr kam für mehr als eine Stunde zum Stillstand; ein halbes dutzend Verbindungen fielen aus, zahlreiche Passagiere saßen in den Bahnhöfen fest und verpassten ihre Anschlusszüge.

Der Zugführer der aus zwei Waggons bestehenden Regionalbahn, der kurz nach 12.15 Uhr von Bodelshausen zum nachfolgenden Haltepunkt Belsen-Bad Sebastiansweiler unterwegs war, hatte auf Höhe des Bahnwärterhäuschens im Bästenhardtwald eine Person an den Gleisen bemerkt. Die ältere Frau hielt sich so nahe an den Schienen auf, dass der Zugführer davon ausgehen musste, dass sein vorbeibrausender Zug sie erfasst oder zumindest durch die Zugluft umgeworfen hatte.

Nach Angaben der Bundespolizeiinspektion Stuttgart leitete der Lokführer eine Schnellbremsung ein und gab einen "Achtungspfiff" ab. Der Zug kam nach wenigen hundert Metern zum Stehen. Die etwa zehn Passagiere kamen mit dem Schrecken davon. Durch den Notruf alarmiert, rückten mehrere Polizeistreifen, Feuerwehrkräfte, der Rettungsdienst und die DRK-Bereitschaften aus Mössingen und Bodelshausen sowie die Notfallmanager der Bahn aus, um die Strecke beidseitig nach der mutmaßlich verletzten Frau abzusuchen und die Insassen des Zuges zu betreuen.

Zunächst wurde nur ein totes Reh vorgefunden, das aber bereits am Morgen von einem anderen Zug der Hohenzollerischen Landesbahn überfahren worden war. Die alte Frau wurde gegen 13 Uhr schließlich wohlauf im Wald entdeckt. Die 89-jährige Spätaussiedlerin aus dem drei Kilometer entfernten Bästenhardt war mit ihrem Gehstock und einer Tüte zum Wildobst sammeln unterwegs und vor allem im lichten Bereich des Bahndammes fündig geworden. Der Gefahr war sie sich offenbar nicht bewusst. Die Tübinger Notärztin Lisa Federle untersuchte die unerschrockene und unverletzte, nur russisch sprechende Frau und ließ sie mit dem Rettungswagen nach Hause chauffieren.

Durch den Vorfall kam es zwischen 12.31 und 13.40 Uhr zur Gleissperrung auf der Bahnstrecke. Insgesamt entstanden bei weiteren Zugverbindungen rund 95 Minuten Verspätung, so die Bundespolizei.