Umweltverbände sind verärgert über die geplante Golfanlage mit hohen Netzen am Neckar: „Bürgermeister Hahn macht es sich ein bisschen einfach“. Foto: dpa

Bürgermeister Matthias Hahn wird demnächst den Bau einer Golf-Übungsanlage mit hohen Schutznetzen am Neckar genehmigen. Stuttgarter Umweltschutzverbände wollen sich damit aber nicht abfinden. Sie fordern von Hahn, dass er ein Gutachten über die Folgen für die Vogelwelt herausgibt.

Stuttgart - Zwei Umweltschutzverbände in Stuttgart haben jetzt mit scharfer Kritik darauf reagiert, dass Bürgermeister Matthias Hahn den Bau einer Golf-Übungsanlage am Neckar bei Hofen genehmigen will. Weil in der Anlage zum Schutz von Passanten und Radfahrern bis zu 18 Meter hohe Schutznetze errichtet werden sollen, sprechen der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Naturschutzbund (Nabu) von einer „Großvoliere mit Festtagsbeleuchtung“. Der Grund: Die Anlage, die mit Beleuchtung bis 22 Uhr betrieben werden soll, könnte nach Meinung der Umweltschützer wegen der Netze und der „Lichtverschmutzung“ negative Folgen für die Vogelwelt am Neckar und am nahe gelegenen Max-Eyth-See haben.

Das Gebiet um den Max-Eyth-See zähle zu den bedeutendsten Brutgebieten für Wasservögel in der Region, und der Neckar diene vielen Vögeln als „wichtige Leitbahn beim Vogelzug“, erklärte Ulrich Tammler, Nabu-Vorstandsmitglied in Stuttgart. Wenn man richtigerweise die Straßenlaternen an der Wildparkstraße im Naturschutzgebiet Rotwildpark ausschalte, könne man nicht andererseits Flutlichter neben dem „europarechtlich geschützten Max-Eyth-See“ zulassen. Die Golfanlage konterkariere außerdem das geplante Renaturierungsprojekt Auwiesen: Gleich neben der geplanten Golf Driving Range sollen in Form eines verlandeten Neckararms große Wasserflächen in Wiesen angelegt werden.

BUND-Regionalgeschäftsführer Gerhard Pfeifer kritisiert, das „künstliche Käfigmonstrum“ passe ins Landschaftsbild wie die Faust aufs Auge. Es handle sich um eine Stelle, wo der Neckar „noch am natürlichsten ist“. Die Anlage verstoße gegen die Landschaftsschutzgebiets-Verordnung, meint Pfeifer. Und er fügt hinzu: „Sie ist ein Blattschuss für sämtliche Bemühungen, den Neckar wieder mit mehr Natur aufzuwerten.“ Beide Verbände appellierten eindringlich an OB Fritz Kuhn, der Übungsanlage in der geplanten Form doch noch die Genehmigung zu versagen.

Keine Gefahr für große Wasservögel

Bürgermeister Hahn (SPD), der für Umwelt und Städtebau zuständig ist, hat angekündigt, dass er die bereits 2009 erteilte Baugenehmigung erneuern wird, obwohl inzwischen weitaus höhere Netze geplant sind. Ein vorliegender Bebauungsplan ließe auf dem Gelände einer aufgelassenen städtischen Tennisanlage sogar den Bau einer Sporthalle zu, sagte Hahn. Das sei mit dem Landschaftsschutz abzuwägen.

Die Verwaltung stützt sich auf eine Gutachtermeinung, wonach höhere und ständig gespannte Netze für kleinere Vögel weniger schädlich seien als die früher genehmigten niedrigeren Netze, die nach Betriebsschluss der Anlage umgelegt werden sollten. Für große Wasservögel bestehe keine Gefahr, referierte Hahn das Gutachten, weil sie auf der Neckarfläche starten und landen würden, die durch Bäume von der Golfanlage getrennt sei.

Solche Hinweise nehmen dem BUND-Geschäftsführer Pfeifer aber nicht den Wind aus den Segeln. Seit Donnerstag vergangener Woche bemühe man sich, Einblick in das Gutachten zu erhalten. Die Stadtverwaltung halte es aber unter Verschluss – mit der Begründung, dass es sich um „kein öffentliches Bebauungsplanverfahren“ handle. Auch im Ausschuss für Umwelt und Technik habe Hahn nur bruchstückhaft Inhalte des Gutachtens referiert und dies zur Botschaft verdichtet, dass die Anlage mit dem Vogelschutz zu vereinbaren sei. Aus Pfeifers Sicht wäre auch noch zu klären, ob die Netze nicht zu einer unangemessenen Beschattung der geplanten Biotope für die Zauneidechsen führen. „In beiden Fällen sind uns die Informationen für eine nähere Bewertung nicht zugänglich“, klagt er. Aus seiner Sicht nützt Hahn den Spielraum nicht, den er bei der Abwägung von Landschaftsschutz und Bebauungsplan hätte. „Er macht es sich ein bisschen einfach“, urteilt Pfeifer.