Sicherheit: Waldsperrungen werden oft ignoriert / Lebensgefahr / Forstkammer setzt auf Dialog

Region. Späne fliegen durch die Luft, die Motorsäge knattert – dann herrscht Stille. Sekunden später schallt ein lang gezogenes "Achtung" durch den Wald, ehe noch mal kurz die Säge aufheult – dann knackt es laut, Äste brechen und der gewaltige Baumstamm fällt: Langsam, aber mit voller Wucht kracht er auf den Boden. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn hier ein Spaziergänger unterwegs wäre. Damit Waldbesucher wie Jogger und Wanderer einerseits und Forstarbeiter andererseits mehr Verständnis füreinander haben, setzt die Forstkammer Baden-Württemberg auf den Dialog.

"So eine Baumkrone macht alles platt", erklärt Simon Stahl, Leiter des Kreisforstamts Freudenstadt, die Lebensgefahr, die von einem knapp 30 Meter hohen Baum wie dem gerade gefällten ausgehe. Ausnahmsweise zuschauen durfte eine Gruppe von fast 40 Personen – bestehend aus Waldbesitzern, Forstunternehmern, Tourismus-Experten, aber auch Reitern, Wanderern und anderen Personen, die in ihrer Freizeit im Wald sind. Denn eigentlich dürfen diesen Bereich des Baiersbronner Gemeindewalds zurzeit nur zuständige Forstarbeiter betreten. Grund: Baumfällungen. Eingeladen zu diesem Treffen des "Forums für Erholung und Sport im Wald" im gesperrten Bereich hatte die Forstkammer.

Sicherheit steht für alle an erster Stelle

Baiersbronns Bürgermeister Michael Ruf berichtet einerseits vom Tourismus, der sich auch hier im Wald "stark herausgebildet" habe. Andererseits hätten die Forstbewirtschafter "immer mehr Rahmenbedingungen" zu beachten. Auch Jerg Hilt, Geschäftsführer der Forstkammer, betont die Bedeutung von gegenseitigem Verständnis, wobei Sicherheit an erster Stelle stehe.

Daher auch der Ausflug auf "die andere Seite", in den Gefahrenbereich: "Diese Wegesperrung ist ja genau der Punkt, wo beide Gruppen aufeinander treffen", so Hilt. Gemeint sind jeweils Forstbewirtschafter und Personen, die den Wald in der Freizeit nutzen. Später berichtet Hilt von dem Eindruck, dass die Akzeptanz für gesperrte Wanderwege "rückläufig" sei.

Stahl erklärt die Funktion von Arbeiten gerade in kommunalen Wäldern, die über Zehn-Jahres-Pläne vom Regierungspräsidium bestimmt würden. Deren Ziel sei immer eine nachhaltige Bewirtschaftung und am Ende auch die Gestaltung für den Tourismus. Eine Folge sei aber ebenfalls, dass zumindest für einen kurzen Zeitraum ein Teil eines Waldes gesperrt werden müsse. Clemens Erbacher, Gebietsleiter des Kreisforstamts, wird konkreter: "Wenn Sie eine Baustelle in der Stadt mit einer Baustelle hier im Wald vergleichen, wird klar: In der Stadt gibt es genügend Maßnahmen, dass Passanten die Arbeiten nicht behindern und sie selbst auch nicht gefährdet werden." Im Wald sei die Situation dagegen ungleich schwerer. "Die Waldarbeiter tragen Warnwesten, Wanderer sind aber kaum wahrnehmbar", erklärt Stahl. Daher seien konsequente Absperrungen so wichtig.

Mitten im Dickicht, abseits der Wege, wird Erbacher noch mal deutlich: "Als Arbeiter sieht man hier nichts drum herum. Man muss sich auf die Absperrung verlassen." Auf Nachfrage, ob die Absperrung denn häufig ignoriert werde, antwortet Sauter: "Das kommt sehr häufig vor", und berichtet von einer uneinsichtigen Joggerin, mit der er gerade am Vortag gesprochen habe. Doch nicht nur die Akzeptanz sei ein Problem, betont Ursula Teufel vom Tourismusverband Schwäbische Alb: "Die Premium-Wanderwege sind sehr empfindlich, da gibt es einen bestimmten Qualitätsanspruch."

Baiersbronner Wald gilt als "Paradebeispiel"

So seien die Wege auch viele Monate nach der Sperrung noch gezeichnet vom Einsatz der schweren Transporter für das geschlagene Holz. Forstwirtschaftsmeister Markus Wick sagt dazu, dass die Spuren in der Regel nach spätestens zwei Jahren wieder weg seien und betont: "Wenn man den Garten umgräbt, hinterlässt das eben Spuren; und wir leben von der Forstarbeit."

Hilt erinnert daran, dass das Gros der Waldnutzer durchaus Waldarbeiten und Sperrungen akzeptieren würde. "Aber auf beiden Seiten gibt es eben auch uneinsichtige Lager", sagt er. Zudem sei der Baiersbronner Gemeindewald ein "Paradebeispiel" was die Integration von Tourismus in die Waldarbeiten angehe. Ein größeres Problem bestehe eher in Privatwäldern, in denen zu abgesperrten Wanderwegen oft keine Umleitungen existierten.

Das Treffen endet außerhalb des gesperrten Bereichs. Wieder vor der Absperrung angekommen, erklärt Erbacher noch die verschiedenen Formen der Warnhinweise. Es gebe bereits eine Kampagne, um "Waldnutzer" aktiv zu informieren, etwa mit Flyern. Auch wird in der Diskussion vorgeschlagen, Schulklassen zu Fällarbeiten einzuladen. Wer einmal dabei war, werde sicher nie wieder eine Absperrung ignorieren, heißt es.