Die Kreis-Grünen um Landtagskandidat Wolf Hoffmann freuten sich am Sonntagabend im "Canapé" in Dornstetten über ihr gutes Ergebnis. Doch was nun? Foto: Lück Foto: Lück

Gaiser fordert Rücktritt des SPD-Landesvorstands. Horbs OB Rosenberger: "Grün ist für mich kein rotes Tuch".

Kreis Freudenstadt - Rücktrittsforderungen bei der SPD, Uneinigkeit bei der FDP und unterschiedliche Meinungen zur richtigen Partnerwahl bei der CDU: Im Kreis Freudenstadt zeichnete sich gestern bereits ab, wie schwierig die Koalitionsverhandlungen nach der Wahl werden könnten.

Grün mit Schwarz, Ampel-Koalition oder eine Deutschland-Koalition von Schwarz, Rot und Gelb? An der Basis der Parteien im Kreis Freudenstadt sind die Meinungen darüber, wer das Land künftig regieren soll, bunt gemischt.

Die CDU und die Grünen – kontroverse Ansichten

Der stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende Andreas Bombel sagt: "Ich bin klar für eine Deutschland-Koalition, denn als Juniorpartner der Grünen wird die CDU nur verlieren." Die Landtagswahl sei diesmal eine Persönlichkeitswahl gewesen, die Kretschmann ganz klar gewonnen habe, so Bombel, allerdings sei der Ministerpräsident in den vergangenen Jahren oft genug von den eigenen Leuten zurückgepfiffen worden. "Die Grünen sind nicht Kretschmann, deshalb muss man fragen, welche Politik hinter dem Ministerpräsidenten in Zukunft steht", warnt der CDU-Kreischef. Und was den Wählerauftrag anbelangt, erinnert Bombel an die Situation vor fünf Jahren: "Damals haben sich die Grünen bei der Regierungsbildung auch nicht um den Wählerwillen gekümmert", meint er.

Dass Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger ganz gut mit den Grünen kann, weiß man spätestens nach seiner Kandidatur für das OB-Amt in Mannheim. Dort hatte er bewusst auf die "grüne Karte" gesetzt – und damit zumindest einen Achtungserfolg erreicht. "Grün ist für mich kein rotes Tuch", sagt er auch nach der Landtagswahl. "Als OB sieht man das Ganze nicht so ideologisch, sondern sachorientiert." Die Stadt Horb werde von den Grünen für das Klimaschutzkonzept gelobt – auch wenn dieses Konzept nichts mit der grün-geführten Regierung zu tun habe.

Eine "Deutschland-Koalition" würde zwar inhaltlich gut passen, findet der Horber OB, allerdings sei die Mehrheit dafür denkbar knapp. "Da darf dann echt nichts passieren." Für das klare Bekenntnis der FDP zur CDU sei er zwar dankbar, dennoch finde er die Aussage des FDP-Spitzenkandidaten Hans-Ulrich Rülke noch am Wahlabend falsch. "Eine Aussage wie ›Mit dem kann ich nicht‹ ist unter Demokraten nicht mehr zeitgemäß."

Die Argumentation der Grünen, als stärkste Partei nun auch automatisch das Recht zu haben, die Regierungsführung innezuhaben, kann er nicht nachvollziehen. "Vor fünf Jahren haben Zweit- und Drittplatzierter eine Koalition gemacht. Die CDU hat in die Röhre geschaut."

Ampel-Träume bei den Grünen

"Ich wünsche mir die Ampel", sagt der Fraktionschef der Grünen im Kreistag, Ludwig Wäckers, doch dazu müsste sich die FDP um Landesfraktionschef Rülke erst einmal bewegen. "Für gerade mal acht Prozent Wählerstimmen im Land ist Rülke ziemlich vorlaut", meint Wäckers. Landeschef Michael Theurer sei jedenfalls wesentlich gesprächsbereiter. Trotz schwieriger Verhandlungen traut Wäckers Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu, dass er die Ampel-Koalition hinkriegt, denn eine Deutschland-Koalition sei schlichtweg nicht der Wählerauftrag: "Die Menschen wollen Kretschmann als Ministerpräsidenten, das haben alle Umfragen gezeigt", so Wäckers.

SPD-Basis einig: "keine Koalition der Verlierer"

"Eine Koalition der Verlierer darf es nicht geben", sagt der SPD-Kreisvorsitzende Gerhard Gaiser zu einer möglichen Deutschland-Koalition. Seine Partei habe am Wahlsonntag einen klaren Oppositionsauftrag bekommen und müsse einen Neuanfang machen: "Der SPD-Landesvorstand sollte komplett zurücktreten und neuen Leuten das Feld überlassen", forderte Gaiser gestern bereits in Stuttgart ein. Für ihn heißt der Wählerauftrag ganz klar Grün-Schwarz: "Mit dieser Koalition hätte ich kein Problem", meint der SPD-Kreischef, der auf jeden Fall verhindern will, dass die Sozialdemokraten den Steigbügelhalter für einen CDU-Minister-präsidenten Guido Wolf machen.

Die Horber SPD-Chefin Viviana Weschenmoser pflichtet ihrem Kreisvorsitzendem bei – sowohl was die Konsequenzen in ihrer eigenen Partei angeht als auch in Sachen Koalition. "Ich bin offen für personelle Änderung." Auch sieht sie ihre Partei in der Opposition: "Wir sollten grundsätzlich an keinem Mandat interessiert sein, das heißt: ›Hauptsache Regieren‹." Die SPD habe einen Denkzettel bekommen und müsse nun in der Opposition wieder an Stärke gewinnen.

Theurer und Kern auf Kurs – auch die FDP vor Ort?

Ein klares Veto gibt es von FDP-Landeschef Michael Theurer zur Ampel-Koalition genauso wenig wie von Timm Kern. Dennoch sagen beide, dass diese Konstellation undenkbar erscheint, da Grün-Rot eine Kehrtwende von ihrer bisherigen Politik vor allem in der Bildung hinlegen müssten. Theurer und Kern sehen eine Koalition von CDU, SPD und FDP als am ehesten machbar.

Doch das sehen nicht alle so in der FDP: "Eine Deutschland-Koalition wird nicht funktionieren", meint der FDP-Fraktionschef im Kreistag, Ernst Wolf. Eine Regierungsbeteiligung der FDP lehnt er trotz des Spitzenergebnisses für Timm Kern ab: "Wir konnten bei dieser Wahl viele frühere FDP-Wähler zurück an die Urne locken, die sollten wir nicht gleich wieder mit schwierigen Koalitionen verschrecken", warnt Wolf.

Die Gefahr, als kleiner Partner in einer so bunten Mischung unter die Räder zu geraten, sei ziemlich groß, deshalb sollte die FDP nach Wolfs Meinung auf der Oppositionsbank bleiben. Obwohl Timm Kern als Kultusminister von Baden-Württemberg für ihn eine durchaus reizvolle Vorstellung ist: "Er wäre sicher ein guter Mann für diesen Posten und hätte als Gymnasiallehrer auch den richtigen Stallgeruch." Die wahrscheinlichste Lösung in den Koalitionsverhandlungen ist für Wolf eine grün-rote Minderheitsregierung.