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Eigentlich sollten OB's ausgelastet sein. Dennoch haben sie nebenbei eine Vielzahl von Posten und Funktionen. Einkünfte aus den Nebenjobs dürfen sie jedoch nur teilweise behalten, der Rest geht an die Stadtkasse.

Stuttgart - Eigentlich sollten Oberbürgermeister im Amt ausgelastet sein. Dennoch haben sie eine Vielzahl von Posten und Funktionen in Verbänden und Organisationen. Einkünfte aus den Nebenjobs dürfen sie nur teilweise behalten. Deshalb überweisen die Herren Schuster, Zieger oder Spec regelmäßig Geld an die Stadtkasse.

Wenn am 23. Oktober die Verbandsversammlung des Neckar-Elektrizitätsverbands (NEV) tagt, stehen Wahlen an. Der Böblinger OB Alexander Vogelgsang (SPD) scheidet als Verbandsvorsitzender aus, designierter Nachfolger ist sein erster Stellvertreter, Bürgermeister Rüdiger Braun (parteilos) aus Abstatt (Kreis Heilbronn). Nach einem Vorschlag des Verwaltungsrats soll an dessen Stelle aber der Esslinger OB Jürgen Zieger (SPD) treten, der diesem Gremium als einfaches Mitglied seit 1998 angehört.

Damit wäre das Esslinger Stadtoberhaupt um einen Posten reicher. An wichtigen Funktionen und Tätigkeiten mangelt es ihm auch bisher nicht. Doch Zieger sieht es wie die Kollegen als eine Hauptaufgabe, in Schlüsselgremien vertreten zu sein oder sie besser noch zu führen. So hätte Zieger gerne auch den Vorsitz im Aufsichtsrat der regionalen Wirtschaftsförderung WRS übernommen. Doch Freie Wähler und CDU schlugen der SPD und ihrem Kandidaten Zieger ein Schnippchen. Gewählt wurde der IHK-Präsident im Rems-Murr-Kreis und frühere CDU-Regionalrat Claus J. Paal.

Wie viel Zeit die kommunalen Spitzenpolitiker in solche Jobs investieren und wie viel Geld sie dafür einstecken dürfen, ist im Landesbeamtengesetz geregelt. Demnach gilt: Der Zeitaufwand darf ein Fünftel der kompletten Arbeitszeit nicht überschreiten. Eine sehr dehnbare Klausel, wie sich zeigt. Denn OB Zieger, so sein Sprecher Roland Karpentier, komme locker auf 70 bis 80 Wochenstunden, manchmal auf 100. "Das ist nicht jeden Monat gleich, im Herbst und im Frühjahr kumulieren die Termine." Alle Stadtoberhäupter hätten dann das gleiche Problem, die Terminflut in Übereinkunft mit dem Job in der Stadt zu bringen.

Ob das im Sinne des Erfinders ist? Der Städtetag hält sich bei diesem Thema zurück. "Das geht uns im Prinzip nichts an", sagt Sprecher Manfred Stehle. "Wir wissen auch definitiv nicht, wer welche Nebentätigkeiten verrichtet." Tatsächlich sind die betroffenen Oberbürgermeister und Bürgermeister nur einer Stelle auskunftspflichtig: dem Regierungspräsidium. "Einmal jährlich haben sie Ablieferungspflicht bei uns", sagt Sprecher Peter Zaar. Dienstliche Interessen dürften durch die Nebenjobs nicht beeinträchtigt werden. Selbst die Gemeinderäte hätten aber kein Auskunftsrecht.

Eine Obergrenze bei den Einkünften gibt es laut der Behörde nicht. Das Gesetz sieht aber vor, dass alle Oberbürgermeister in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern (Besoldungsgruppe B6 oder 7999 Euro) Einkünfte aus Nebenjobs von mehr als 6100 Euro im Kalenderjahr an die Stadtkasse überweisen müssen. Das gilt also auch für Jürgen Zieger, der bei einer Stadt mit gut 90.000 Einwohnern in B7 eingruppiert ist und damit ein Grundgehalt von 8413 Euro bezieht. Ziegers Nebenerwerb liegt regelmäßig deutlich über der Obergrenze von 6100 Euro. Seit langem führe er die Differenz ans Rathaus ab, sagt Karpentier - im Durchschnitt 5000 bis 10.000 Euro jährlich.

Kollege Werner Spec aus Ludwigsburg liegt, weil die Barockstadt fast gleich viele Einwohner hat wie die alte Reichsstadt, ebenfalls in B7. Seit Beginn seiner Amtszeit war Spec, der für die CDU im Regionalparlament sitzt, zweimal knapp über der Obergrenze. Der Überschuss floss ebenfalls der Stadtkasse zu. Dass Spec nicht oft über der Höchstsumme liegt, begründet sein Rathaussprecher damit, dass es nicht für alle Gremien eine Entschädigung gibt. So ist etwa Specs Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender für die Schlossfestspiele ehrenamtlich.

Der Stuttgarter OB Wolfgang Schuster (CDU) ist als Verwaltungschef von mehr als 500.000 Einwohnern in der höchsten Besoldungsgruppe B11 eingruppiert. Sein monatliches Grundgehalt liegt bei 11.475 Euro. Auch er liefert Nebeneinkünfte ab, die 6100 Euro übersteigen. Allerdings sei die Zahl der Nebenjobs geringer, als es sich auf den ersten Blick darstelle, sagt Markus Schubert, Sprecher der Stadt. Stuttgart habe einige Aufgaben ausgegliedert, wie etwa die Wasserversorgung. Statt einen Eigenbetrieb zu führen, leite Schuster nun eben den Zweckverband: "Das ist kein Aufgabenzuwachs." Der Aufwand für alle Nebentätigkeiten liege bei zehn bis zwölf Stunden pro Monat. Dass es durch Ämterhäufung zu Versäumnissen kommen könnte wie etwa beim Cross-Border-Leasing, weist Schubert zurück: Das von Verbandskommunen beklagte Informationsdefizit habe es nicht gegeben, einige Entscheidungen hätten sehr kurzfristig getroffen werden müssen.