Bitte mal kurz innehalten: Die Polizei bittet um Ihre Aufmerksamkeit Foto: dpa

Der Fall klingt unglaublich: Ein Seriendieb stellt sich der Polizei, und die findet ein Warenlager aus 200 gestohlenen Handys, Navis und Laptops. Nur: Die allermeisten Diebstähle wurden nie angezeigt. Was nun?

Stuttgart/Leonberg - Stell dir vor, ein Seriendieb plündert etwa 150 bis 200 geparkte Autos – und kaum ein Opfer erstattet Anzeige! Undenkbar? Im Altkreis Leonberg offenbar schon. Dort sitzt derzeit ein Kripobeamter mit einem Berg von Navigationsgeräten, Handys und tragbaren Rechnern. Einen geständigen Tatverdächtigen hat er auch – doch seine mühevollste Arbeit ist es, überhaupt mal die Opfer zu finden.

Dabei ist der Fall bereits seit sieben Monaten geklärt. Im Juni 2015 erschien ein 41-jähriger Leonberger bei der Polizei und erklärte, über mehrere Monate Wertgegenstände aus geparkten Autos gestohlen zu haben. Die Fahrzeuge seien jeweils unverschlossen gewesen, so der Mann. Aus Geldnot konnte er wohl kaum gehandelt haben, denn als die Ermittler die Wohnung des 41-Jährigen durchsuchten, fanden sie noch ein riesiges Warenlager an Beutestücken. 200 Geräte, der Wert geht in die Zehntausende. „Er sagt, er habe die gestohlene Ware eigentlich verkaufen wollen“, sagt Polizeisprecherin Yvonne Schächtele, „warum er sie stattdessen gesammelt hat, ist unklar.“ Ganz offensichtlich, wird in Ermittlerkreisen gemutmaßt, dürfte eine psychische Erkrankung eine Rolle spielen.

Niemand vermisst die Beutestücke

Noch viel rätselhafter ist indes das Verhalten der Opfer. Denn von den etwa 200 sichergestellten Gegenständen konnten in den vergangenen sieben Monaten gerade mal 30 ihren Besitzern zugeordnet werden. Die anderen sind in keiner Sachfahndungsdatei gelistet, die Opfer haben offenbar nie Anzeige erstattet oder Individualnummern der Geräte nennen können, so dass Anzeigen unvollständig blieben.

Hat man die Erfolgsaussichten von Ermittlungen als zu gering erachtet? Oder fürchtete man Ärger mit den Versicherungen, weil die Fahrzeuge wohl nicht verschlossen waren? Oder glaubte man, das Gerät einfach irgendwo verloren zu haben? Die Polizei weiß es nicht. „In schätzungsweise über 60 Prozent der Fälle liegen keine Anzeigen vor“, sagt Polizeisprecherin Schächtele. Der Sachbearbeiter der Kripo in Leonberg, der den Fall mittlerweile übernommen hat, ist noch dabei, möglicherweise bei anderen Dienststellen vorliegende Anzeigen zu suchen. Die bisher bekannten Tatorte liegen überwiegend im Altkreis: Leonberg, Renningen, Rutesheim, Weil der Stadt, Weissach, außerdem angrenzend in Ditzingen und Gerlingen.

Handybesitzer sollten IMEI notieren – jetzt!

Wer sich Ärger ersparen und die Chancen erhöhen will, ein gestohlenes Gerät wiederzubekommen, dem empfiehlt die Polizei, die Individualseriennummer eines Geräts zu Hause zu notieren. Bei Handys ist es die IMEI, die Internationale Mobile Equipment Identität. Die 15-stellige Nummer macht auch der Polizei die Arbeit leichter.