Wie lassen sich Naturschutz und Tourismus miteinander vereinbaren – darüber diskutierten OB-Kandidat Markus Ringle und Staatssekretär Chris Kühn mit Albstädter Bürgern. Foto: Eyrich

Albstadt hat ein Alleinstellungsmerkmal: 16 Naturschutzgebiete, die Oberbürgermeister-Kandidat Markus Ringle im Fall seiner Wahl in den Blick nehmen will – mit Hilfe des Bundesumweltministeriums, das Chris Kühn in Albstadt vertreten hat.

Tourismus und Talgangbahn, Ortsumfahrung Lautlingen und Naturschutzgebiete: Themen für einen politischen Nachmittag mit Oberbürgermeister-Kandidat Markus Ringle findet Chris Kühn in Albstadt allemal.

Der Bundestagsabgeordnete von Bündnis ’90/Die Grünen und Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, dessen Eltern mal das Gasthaus „Post“ in Tailfingen betrieben haben, pflegt schon seit langem Kontakt zum Stadtverbandsvorsitzenden seiner Partei und will Markus Ringle dabei helfen, den Fokus auf ein Albstädter Alleinstellungsmerkmal zu richten.

Wann hört der Tourismus auf, sanft zu sein?

16 Naturschutzgebiete hat die Stadt, und Ringle schwebt vor, diese in das Tourismuskonzept stärker einzubinden. So eindeutig wie die Grenzen der Naturschutzgebiete sind die Übergänge zwischen sanftem Tourismus und den überquellenden Wanderparkplätzen und zugeparkten Wegränder der zurückliegenden Corona-Winter freilich nicht – das bewegt die Vertreter des Bund Naturschutz Albstadt, die in „Josis Klause“ mit interessierten Albstädtern zusammensitzen.

Schlechte Nachrichten aus Berlin

Die schlechten Nachrichten, die Kühn mitbringt, hört keiner von ihnen gern: „Die Natur steht unter Druck. Wir haben schon heute einen Temperaturanstieg um 1,6 Grad. Das Pflanzenwachstum startet drei Wochen früher, dann kommt oft noch eine Frostperiode – ein riesiges Problem für die Landwirtschaft.“ Da könne Berlin Gesetze stricken noch und noch: „Wenn es nicht in den Kommunen umgesetzt wird, nutzt es nichts.“

Beispiele: Energieerzeugung durch Windkraft und Photovoltaikanlagen in der Fläche einer der sonnenreichsten Gegenden der Republik, wie Ringle betont. Dass die Postkartenmotive am Albtrauf, wo der Wind stärker wehe als anderswo, sich verändern werden, sei eines der Preisschilder dafür, lässt Kühn durchblicken.

“Eine Kultur des Ermöglichens tut Not“

Eine Chance für Albstadt sehen Ringle und Kühn immerhin im veränderten Reiseverhalten seit Corona: „Der Trend geht klar zu nahen Kurzurlauben mit Naturerlebnis“, sagt Kühn. Das Problem dabei: der schlecht ausgebaute ÖPNV, den Ringle im Fall seiner Wahl nach Kräften entwickeln und in das Tourismuskonzept einbinden will. „Von denen lernen, bei denen es schon funktioniert, und das dann übertragen“ ist seine Devise. Und mit Blick auf immer größer werdende Autos fügt er hinzu: „Erst mal Angebot vor Verbot.“ Es gelte, eine „Kultur des Ermöglichens und nicht des Verhinderns oder Bremsens“ zu pflegen.

„Die Flächen sind endlich“

Ermöglichen wollen seine Mitbewerber die Ausweisung des Gewerbegebiets Hirnau, was Ringle mit einem kritischen Auge sieht: „Kollege Hollauer sagt, das sei die letzte größere Fläche, die Albstadt dafür noch hat“, sagt Ringle. „Aber was machen dann unsere Kinder?“ Die „Endlichkeit der Flächen“ gelte es im Auge zu behalten.

Misstrauisch gegenüber der „Verrechnerei“

Die „Verrechnerei mit den Ökopunkten“, wie Mathias Stauß vom Nabu den Ausgleichsmechanismus für Baugebiete nennt, sehen alle im Raum kritisch und sind sich auch einig darin, dass Albstadt ein dichteres Netz leistungsfähiger E-Ladesäulen brauche und die Albstadtwerke beim Ausbau erneuerbarer Energien viel mehr tun müssten. Auch in diesem Punkt ist laut Ringle der Slogan falsch: „Albstadt – weit über normal.“