Politisch umstritten: Der italienische Tiertrainer Elvis Errani mit einem seiner drei Elefanten in der Manege des Zirkus Charles Knie, der zurzeit auf dem Flugfeld in Böblingen gastiert. Foto: StN

Die Landestierschutzbeauftragte hat jüngst den Kommunen Hilfestellung angeboten, um Zirkusse mit bestimmten Wildtierarten fernhalten zu können. Für Sascha Melnjak vom Zirkus Charles Knie ist das „unter aller Kanone“.

Stuttgart - Der Zirkusdirektor hat genug von den ständigen Angriffen verschiedener Tierschützer. „Wenn ich wüsste, dass es meinen Tieren nicht gutgeht“, sagt der gebürtige Stuttgarter Sascha Melnjak, „wäre ich der Erste, der sagt, lass uns was anderes machen.“ Doch Baby, Jumba und Mala gehe es bestens, sagt der 37-Jährige, also macht er, was er seit sechs Jahren macht: Zirkus mit großen Tieren bei Charles Knie. „Das wollen Zigtausende sehen“, sagt Melnjak, „wir zeigen es ihnen.“ Seit Freitag und noch bis zum 3. November auf dem Flugfeld in Böblingen.

Baby, Jumba und Mala stehen auf dem Festplatz, wie man es sich vorstellt. Sie nehmen mit dem Rüssel Heu auf und mampfen es fast in Zeitlupe. Der Besucher steht gerade vor den dünnen Abteilschnüren, als die 43-jährige Baby schon heranstampft und ihn neugierig anschaut. Ein kurzes Streicheln, und Baby widmet sich wieder ihrem Heu. „Die Tierrechtler lassen sich alle Jahre was Neues einfallen“, sagt Sascha Grodotzki, Pressesprecher des Zirkus. Zu kleine Gehege, Schläge für die Tiere, neuerdings Stress durch Transporte. „Wir widerlegen das alles“, sagt Grodotzki, „unterm Strich geht es aber rein um Ideologie: Die Tiere gehören nicht in menschliche Obhut.“

Bei Charles Knie sieht man das anders. 92 Tiere sind dabei, Pferde, Kängurus, Seelöwen oder eben die Elefanten mit ihrem Zelt für die Nacht und einem klimatisierten Transportwagen, in dem sie sich ablegen können. Ihnen gehe es auch deshalb gut, weil sie – anders als im Zoo – gefordert werden. „Diese Tiere haben nie in freier Wildbahn gelebt“, sagt Grodotzki. Jumba (45) sei in einem italienischen Zoo geboren worden, Mala (47) in einem italienischen Zirkus. Baby komme aus einer Aufzuchtstation für Nutztiere in Sri Lanka. „Dort werden Elefanten nur 35, weil es ihnen schlechter geht“, sagt Grodotzki. Bei Knie sei das anders: Man habe mit einem tierärztlichen Gutachten belegt, dass die Elefanten bei Transporten nicht vermehrt Stresshormone produzierten. Dafür wurden den Tieren vor und nach Transporten Speichelproben entnommen. Jüngst war eine Biologin der Uni Freiburg für zehn Tage dabei, deren Untersuchung noch nicht fertig ist. Außerdem komme der Amtsveterinär an jeden Spielort.

Gewisse Tiere sollen im Zirkus verboten werden

Der Bundesrat will kein Elefantenleben in deutschen Zirkussen, „weil eine art- und verhaltensgerechte Unterbringung unter den besonderen Bedingungen eines reisenden Zirkusunternehmens praktisch nicht möglich ist“. So steht es in einer Entschließung vom 25. November 2011, wonach das Halten der Dickhäuter und von Affen, Großbären, Giraffen, Nashörnern und Flusspferden in Zirkussen verboten werden soll. Der Bundestag hat dies seither nicht befolgt. Gleichzeitig haben einige Kommunen versucht, Zirkussen den Zugang zu ihren Festplätzen zu verwehren, wenn sie bestimmte Tiere mitbringen. Mal klagte Krone, der größte deutsche Zirkus, mal Knie: Laut Melnjak gelang der Zugang immer – auch, weil die Verwaltungsgerichte einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit sahen.

Deshalb empfindet der Zirkusdirektor die jüngste Mitteilung der Landestierschutzbeauftragten beim Ministerium für Ländlichen Raum als „nicht rechtens“. „Das Vorführen besonders problematischer Tierarten steht in vielen Gegenden längst im Widerspruch zu den Wünschen der Bevölkerung“, sagt Cornelie Jäger, selbst Tierärztin. „Leider“ sei dies von den Kommunen „nicht so ganz einfach zu steuern“, weil die Gerichtsurteile ihren Entscheidungsspielraum „einengen“. Jäger verschickte „Empfehlungen“ dafür, wie Kommunen vorgehen können, um Zirkussen mit den vom Bundesrat genannten Tierarten den Zugang „rechtskonform“ erschweren zu können.

Sascha Melnjak empfindet die Empfehlungen als „unter aller Kanone“ und fühlt sich einer „Hetzkampagne“ von Tierschutzorganisationen ausgesetzt, der sich nun auch noch eine Landesregierung anschließe. „Das liegt mir fern“, sagt Cornelie Jäger. Es gehe nicht um Eingriffe in die Berufsfreiheit, aber wohl in die -ausübung. „Das richtet sich überhaupt nicht gegen Charles Knie“, sagt Jäger, „aber ich habe auch schon Erfrierungsstellen an Elefantenohren gesehen.“ Es gebe viele schwarze Schafe unter den Zirkussen.

Das bestätigt der Tierarzt und frühere Direktor des Tierparks München-Hellabrunn, Henning Wiesner. Der Experte für Exoten sagt aber auch: „Man kann ohne weiteres drei Elefanten gemeinschaftlich in einem Zirkus halten – wenn Tierpfleger und Dompteur gut sind –, und die Tiere fühlen sich nicht schlecht dabei.“