Herrschen in Sachen Schadstoffe in der Luft Zustände wie in Stuttgart? Sicher nicht. Wie genau es um die Qualität bestellt ist, soll nun aber eine zweite Messreihe klären. Foto: Kraufmann Foto: Schwarzwälder-Bote

Verkehr: Stickstoffoxid-Werte in Calw sorgen für Skepsis / Neue Messungen sollen Schadstoffbelastung klären

Rund ein Jahr ist es mittlerweile her, dass in Stuttgart erstmals Feinstaub-Alarm ausgerufen wurde. Ein Problem, dass es in Calw so nicht zu geben scheint. Oder doch? Das soll eine zweite Messreihe klären, die im Dezember beendet wurde.

Calw. Wie gut oder schlecht ist die Luft in der Hessestadt? Eine Frage, die sich auch die Calwer Verwaltung im vergangenen Jahr stellte. Nahezu zeitgleich zum ersten Feinstaub-Alarm in der Landeshauptstadt, im Januar 2016, begann daher eine Reihe von Messungen, bei denen unter anderem in der Bischofstraße ein Kunststoffröhrchen samt eines Filters am Fahrbahnrand befestigt wurden, um Werte zu sammeln. Allerdings keine Feinstaubwerte, wohlgemerkt. Diese müssen mit aufwendigen Methoden erfasst werden, die erst zum Einsatz kommen, wenn beispielsweise Stickstoffoxide in bestimmter Konzentration nachgewiesen würden. Stickstoffoxide sind chemische Verbindungen, die bei Verbrennungsprozessen unter anderem in Motoren entstehen.

In der Bischofstraße ergab sich dabei laut den Berechnungen des zuständigen Ingenieurbüros eine Konzentration von 38 Mikrogramm Stickstoffoxiden pro Kubikmeter Luft. Der Grenzwert, der nach Angaben des Umweltbundesamtes nicht überschritten werden sollte, um die Gesundheit nicht zu gefährden, liegt bei 40 Mikrogramm (wir berichteten).

Ergo scheint es kein Problem zu geben – doch warum veranlasste das Rathaus dann im vergangenen Jahr noch eine zweite Messreihe, die im Dezember beendet wurde? Grund dafür ist ein Messwert, der bei der ersten Messreihe für mehr Aufsehen gesorgt hatte als jener in der Bischof-straße: Der Wert, der in der Stuttgarter Straße, etwa dort, wo mittlerweile die neue Radarfalle steht, erfasst wurde. Dieser lag nach Auswertung der Daten bei 44 Mikrogramm Stickstoffoxide pro Kubikmeter Luft – vier Mikrogramm über dem Grenzwert.

Ein Ergebnis, das bei der Stadtverwaltung jedoch eher Verwunderung als Sorge auslöste. Denn, so erklärte Oberbürgermeister Ralf Eggert auf Nachfrage, dass die Luftverschmutzung im Calwer Tal geringer sein solle als entlang der Stuttgarter Straße, habe sofort "unplausibel" gewirkt. Die Schadstoffbelastung hänge schließlich wesentlich mit der Möglichkeit des Luftaustausches zusammen – also ob Abgase abziehen können oder nicht.

Dass dies in einer Hanglage, zudem an einer Stelle ohne ähnlich dichte Bebauung wie im Tal, weniger gewährleistet sein solle wie in der Bischofstraße, habe daher für Skepsis gesorgt.

Wie kommt Verzerrung zustande?

Deshalb habe man eine zweite Messreihe in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse voraussichtlich im März vorliegen werden, sagte Eggert. Diese sollen dann dem Gemeinderat präsentiert und – sollte es noch immer eine Überschreitung geben – dem Umweltministerium in Stuttgart übermittelt werden. Letzteres würde dann entscheiden, ob eine dritte Messreihe nötig sei und gegebenenfalls empfindlichere Instrumente einsetzen.

Doch wie hätte es überhaupt zu einer Verzerrung bei den Messungen kommen sollen? Dazu führt der OB aus, dass die Methode, die in Calw angewendet worden sei, keine exakten Daten sondern vielmehr Richtwerte zu Tage fördere, die dann hochgerechnet würden.

Mit anderen Worten werde dabei lediglich die Verschmutzung durch Abgase mittels eines speziellen Filters eingefangen. Dieser verschmutzte Filter werde dann wiederum mit anderen verschmutzten Filtern verglichen, die Anlagen entnommen wurden, die genauere Daten liefern können.

Die Werte jenes zweiten Filters würden dann auf den ersten Filter umgerechnet; die tatsächlichen Werte also nicht gemessen, sondern, wie auch im Gutachten geschrieben steht, "abgeschätzt", um daraus einen "möglichen" Jahresdurchschnitt an Luftbelastung abzuleiten.

Im Fall des Messinstruments in der Stuttgarter Straße sei hinzugekommen, dass das verwendete Kunststoffröhrchen nicht mal bei jeder Messung auf selber Höhe aufgehängt worden sei. Auch diese Unterschiede seien umgerechnet und hergeleitet worden. "Und das sind einfach zu viele Herleitungen", unterstrich Eggert. Auch deshalb habe man sich für eine zweite Messreihe entschieden.