Eimer wie dieser wurden in Stammheim verteilt. Foto: Klormann

Achtung: Spenden, die in grünen Eimern landen, spülen Unternehmen Geld in die Tasche.

Calw-Stammheim - Beinahe jeder kennt sie: Plastikeimer, die plötzlich vor dem Haus stehen und mit einem Aufdruck um Schuh- und Kleiderspenden bitten. Derzeit läuft eine solche Sammlung in Stammheim. Wirklich wohltätig scheint die aber nicht zu sein.

"Schuh- und Kleidersammlung im Dienste der Umwelt" prangt in großen Buchstaben auf dem Deckel der grünen Plastikeimer, die am Dienstag vor Häusern und in Hofeinfahrten in Stammheim verteilt wurden. Weiter unten steht der Satz "Das Sammelgut wird nach der Sortierung nach Afrika geschickt".

Was nach Wohltätigkeit klingt, hat aber vermutlich einen anderen Hintergrund. Denn: Ganz oben, neben dem Firmennamen "T.S. Gebrauchtwaren", ist das Kleingedruckte zu lesen: "Kommerziell und steuerlich angemeldet". Ja, was denn nun?

Schon eine erste Internetrecherche sorgt für Skepsis. Der Suchbegriff "T.S. Gebrauchtwaren" fördert weder eine Homepage, noch sonstige offizielle Angaben über das Unternehmen zutage. Auch auf dem Eimer selbst sind keine näheren Angaben über die Firma zu finden – keine E-Mailadresse, keine Faxnummer, nicht einmal eine Anschrift. Lediglich der Name T. Chmaissani und zwei Handynummern tauchen dort auf. Als wir eine der Nummern ausprobieren, ist nur der Anrufbeantworter erreichbar.

Nicht nach Afrika

Was die Internetsuche allerdings ans Licht bringt, ist ein Bericht der Südwest Presse, der Ende Februar dieses Jahres erschien. Darin gibt ein mutmaßlich Verantwortlicher von "T.S. Gebrauchtwaren" zu, dass die gesammelten Spenden dazu verwendet würden, um "Unkosten" zu decken. Und dass die Altkleider, die zu dieser Zeit abgegeben wurden, nicht in Afrika, sondern in Rumänien landeten. Die Begründung: "Wir können die Sachen gerade nicht nach Afrika schicken, weil wir keinen Transport dorthin haben."

Doch ist es überhaupt erlaubt, solche Sammelbehälter aufzustellen? Seit dem Jahr 2013 schon, berichtet Calws Ordnungsamtsleiter Matthias Rehfuß. Damals wurde das Sammlungsgesetz Baden-Württemberg aufgehoben. Dieses regelte, wer wann wo sammeln darf – und warum. "Jetzt darf quasi jeder entsprechende Eimer vor die Türen der Hausbesitzer stellen", so Rehfuß. Dem Ordnungsamt sind seitdem die Hände gebunden. "Lediglich wenn die Eimer auf einer Straße oder dem Gehweg abgestellt werden, handelt es sich um eine ungenehmigte Sondernutzung, die mit einem Bußgeld geahndet werden kann."

Das Problem sind in den Augen des Ordnungsamtsleiters jedoch nicht die abgestellten Eimer. "Das Problem ist, dass dies ein sehr umkämpfter Markt ist, in den seit Jahren immer mehr gewerbliche Unternehmen drängen", erklärt Rehfuß. "Hier in Calw endete es schon so, dass sich die gewerblichen Kleidersammler gegenseitig die Container gestohlen haben." Gewerbliche Sammlungen wiederum würden gemeinnützigen das Wasser abgraben. Das Ordnungsamt empfiehlt daher: "Bitte die gewerblichen Kleiderspendenaufrufe ignorieren und die Altkleider lieber beispielsweise zu den Kleidercontainern des Deutschen Roten Kreuzes (DKR) oder der Caritas bringen."

Auf seriöse Angaben achten

Das rät auch das Calwer Landratsamt. "Den Bürgern ist es natürlich frei überlassen, wem sie spenden", erklärt Pressesprecherin Anja Härtel auf Anfrage. "Allerdings sollten sie auf seriöse Angaben des Sammlers achten" – also unter anderem, ob der Name der Organisation, Kontaktdaten und Verwendungszweck angegeben seien.

Härtel bestätigt ebenfalls die Rechtmäßigkeit der Aktion. Das 2012 in Kraft getretene Kreislaufwirtschaftsgesetz ermögliche gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen. Allerdings müssten diese bei der Abteilung Umwelt- und Arbeitsschutz des Landratsamts angemeldet werden, so die Sprecherin. Dies sei rechtzeitig geschehen.

Übrigens: Auch beim DRK, einem der größten Altkleider-Sammler Deutschlands, kennt man das Problem mit den kommerziellen Sammlern. Auf ihrer Homepage verkündet die Hilfsorganisation, sie betrachte die Entwicklung mit Sorge: "Denn natürlich wirkt sich das negativ auf unsere Sammlungsmengen aus." Und weiter: "Wir appellieren daher an Kleiderspender, nur an bekannte und seriöse Organisationen zu spenden, die sich mit Namen und Adresse zu erkennen geben und dort auch erreichbar sind."

Kommentar

Bedenklich

von Ralf Klormann

Eine Kleidersammlung zu organisieren, ist nichts Verwerfliches. Selbst damit Geld zu verdienen ist okay – schließlich entsorgt der Sammler die Sachen der Spender kostenlos. Kritisch wird es aber, wenn – wie dieser Tage in Stammheim – mit Tricks gearbeitet wird. Wenn das Wort "kommerziell" nur im Kleingedruckten auf den dort verteilten Spende-Eimern steht. Und die Aufmerksamkeit auf den großen Schriftzug "Schuh- und Kleidersammlung im Dienste der Umwelt" gelenkt wird.

Denn Spender, die auf diese Masche hereinfallen, werden nicht selten in ihrem Vertrauen in Sammlungen generell erschüttert – und geben künftig vielleicht gar nichts mehr. Leidtragende sind jene, die nichts dafür können und dringend auf Spenden angewiesen sind. Bedürftige der Profitgier zu opfern, ist vielleicht nicht verboten – aber doch höchst bedenklich.