Kurz vor der "Freitagsprobe" der Jugendkapelle Stammheim: Ob sich die leeren Stühle füllen werden ist fraglich, denn Jugendliche haben immer mehr Alternativen der Freizeitgestaltung.     Foto: Rexer Foto: Schwarzwälder Bote

Hobby: Zukunftssorgen plagen die Vereine / Jugendliche haben viele Alternativen der Freizeitgestaltung

"Musikverein Neuenweg kämpft gegen die Auflösung" titelte die Badische Zeitung am Jahresanfang 2018. Ein Einzelfall? Oder stehen Vereine aller Art vor einer erschreckenden Zukunft – mit Blick auf das sinkende Interesse von Jugendlichen Vereinen beizutreten ?

Calw-Stammheim. Viele von uns sind selbst in einem Verein aktiv und beobachten vielleicht ähnliche Tendenzen. Auch ich spiele in einem Musikverein und wundere mich manchmal, warum zu Probenbeginn immer öfter Stühle unbesetzt bleiben.

Was dem Musikverein Neuenweg blüht, sind die Konsequenzen einer Entwicklung, die seit vielen Jahren verstärkt das Vereinsleben betrifft. Bereits 2013 fragte sich das Onlineportal t-online.de "Sterben unsere Sportvereine wegen Nachwuchsmangel aus?" und stieß bei den damaligen Recherchen bereits auf Trends, dass Jugendliche lieber im Fitnessstudio an ihrer Figur arbeiten, statt sich einem Verein anzuschließen und einen Mannschaftssport auszuüben. Kämpfen also auch unsere Vereine in der Umgebung, mangels Nachwuchses ums Überleben?

Vom südbadischen Ort Neuenweg in den Nordschwarzwald nach Calw, genauer gesagt in meine Heimatgemeinde Stammheim. Die Trachtenkapelle des örtlichen Musikvereins ist weit über die Stadtgrenzen Calws hinaus für seine musikalische Extraklasse bekannt. Selbst in Paraguay (2016) oder China (2019) begeisterten die Musiker ihr Publikum. Stolz ist man dort auf die eigene Nachwuchsarbeit, da fast alle aktiven Musiker der Trachtenkapelle selbst ausgebildet wurden. In wenigen Jahren bin ich hoffentlich selbst mal auf so einer Musikreise dabei. Wie steht es um die Jugendarbeit meines Vereins? Können die Verantwortlichen zuversichtlich in die Zukunft schauen?

"Ein Verein verbindet Generationen"

Diese Frage stellte ich der Vorsitzenden Stefanie Hammann. "Da mit mir viele andere Menschen in ihrer Freizeit viele Stunden in eine gute Nachwuchsarbeit investieren, kann ich die Frage eindeutig mit ›Ja‹ beantworten." Aber auch Hammann spüre, dass es heutzutage schwierig ist, Schüler für die Blasmusik zu begeistern. Dem Vorurteil "Blasmusik sei uncool" tritt sie jedoch entschlossen entgegen. "Ein Verein verbindet Generationen und man ist nie allein. Das ist wunderbar."

Dies bestätigt auch mein Jugendleiter Sven Kirchherr, der aktuell 30 Schüler in der Jugendgruppe und Jugendkapelle zählt, wovon sich zwölf aktiv im Jugendausschuss engagieren. Das mit den leeren Stühlen bei den Jugendproben kommt zwar auch beim Musikverein Stammheim vor, aber zum Glück sind hier die Reihen noch überwiegend gut besetzt. Die Freude und der Spaß am gemeinsamen Musizieren stehen im Vordergrund, aber auch "eine tolle Gemeinschaft, neue Freundschaften und einzigartige Erlebnisse wie Ausflüge und Konzertreisen", hebt Kirchherr hervor. Das macht ihn zuversichtlich, auch noch in zehn Jahren neue Talente für die Jugend- und die Trachtenkapelle gewinnen zu können.

Am Beispiel des Musikvereins Stammheim sieht man, dass das Vereinsleben immer noch einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft hat. Damit das so bleibt, sind viele engagierte Menschen nötig und gute Ideen für die Nachwuchsarbeit gefragt. Wem das nicht gelingt, dem widerfährt vermutlich ein ähnliches Schicksal wie dem Musikverein Neuenweg.

Für mich ist es jetzt höchste Zeit den Laptop herunterzufahren und meine Schlagzeug-Sticks in die Hände zu nehmen. Damit sich "Sven" und "Steffie" auf mich verlassen können.   Der Autor ist Schüler der Klasse 9d des Maria von Linden-Gymnasiums in Calw