Martin Schulz war beim Gespräch zwischen Saskia Esken und Andreas Stoch über das Thema Bildung zumindest als Pappkamerad dabei. Foto: Selter-Gehring Foto: Schwarzwälder-Bote

Wahlkampf: Saskia Esken diskutiert mit Andreas Stoch / Herkunft darf keine Rolle spielen

Calw. Was ist gute Bildung? Wie kann Chancengleichheit funktionieren und wie können Talente gefördert werden? Wie wird Schule zukunftsfähig? Fragen, die die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken mit dem Fraktionsvorsitzenden der SPD im Landtag von Baden-Württemberg und früheren Kultusminister, Andreas Stoch, in der Calwer Ratsstube erörterte.

"Der letzte Schultag vor den Sommerferien ist ein guter Tag, um über Bildung zu reden", begrüßte Esken die interessierten Gäste, darunter der frühere Oberbürgermeister von Nagold und Landtagsabgeordnete Rainer Prewo und der frührere Ministerialdirektor im Kultusministerium Manfred Stehle.

Schon mal besser

"Aufstieg durch Bildung, da waren wir schon mal besser als heute", gab Esken zu Beginn zu bedenken. Geldbeutel, Bildung und Herkunft der Eltern dürften keine Rolle für die Bildung von Kindern spielen, das sei gesellschaftlicher Konsens. Die Realität sehe aber anders aus. "Zu glauben auf frühkindliche Förderung verzichten zu können, ist naiv", so der Ex-Kultusminister, der im Pakt für Familien, der die Kommunen erheblich bei der Finanzierung der Kleinkindbetreuung unterstützt, einen Meilenstein der grün-roten Landesregierung von 2011 bis 2016 sieht.

Wenn Bildung vom Geld der Eltern abhänge, werde man gesellschaftlich und auch volkswirtschaftlich scheitern, waren sich die beiden SPD-Politiker einig. Ein zentrales Stichwort des Abends war das Kooperationsverbot, das im Grundgesetzt steht. Es regelt die Trennung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern in Bildungsfragen und wird seit Jahren kontrovers diskutiert.

Während eine Gesetzesänderung 2014 das Verbot zumindest für den Hochschulbereich aufweichte, besteht es im Bereich der Grund- und weiterführenden Schulen nach wie vor. Einerseits soll durch das Kooperationsverbot die Bildungshoheit der Länder geschützt werden, andererseits verhindert es, dass der Bund in die dringend notwendige Sanierung von Gebäuden und Modernisierung der Ausstattung von Schulen investieren kann. „"Wir müssen eine Partnerschaft zwischen Bund und Ländern anstreben und gemeinsam für bessere Schulen sorgen", so Stoch. Der Bund sitze nun einmal an den Einnahmetöpfen.

Akuter Lehrermangel

Ein weiteres Thema der Gesprächsrunde war der akute Lehrermangel. Nachdem jahrelang sinkende Schülerzahlen die Schullandschaft prägten, müsse nun "plötzlich" von viel mehr Kindern ausgegangen werden, wie eine jüngst veröffentlichte Bertelsmann-Studie belegt. Vor allem Baden-Württemberg und Bayern rechnen durch innerdeutschen und innereuropäischen Zuzug, aber auch die Flüchtlingsströme, mit einem wahren "Schüler-Boom", auf den spätestens jetzt reagiert werden müsse, waren sich die Teilnehmer des Gesprächs einig.

Ein zentrales Zukunftsthema der Schulen ist die digitale Bildung. "Wir können Schüler nicht über Jahre in einer analogen Welt unterrichten und dann am Ende in eine digitale Welt entlassen", sagte Esken im Hinblick auf die rasanten Veränderungen der Arbeitswelt. Dies erfordere nicht nur die entsprechende Ausstattung der Schulen und die Einführung eines Faches zur Medienkompetenz. Lehrpläne in allen Fächern müssten angepasst und digitale Bildungsplattformen im Schulalltag genutzt werden. Bereits in der Ausbildung und durch intensive Fortbildungen müssten die Lehrkräfte auf den Wandel vorbereitet werden.

"Nur dann haben die Lehrer die Kompetenz und damit die Autorität, von den Schülern bei diesem Thema ernst genommen zu werden", schlussfolgerte Stoch.

Esken, die nicht zuletzt durch ihr langjähriges Engagement im Elternbeirat und als stellvertretende Landeselternbeirätin Schule aus erster Hand kennt, betonte abschließend: "Wir müssen die Schüler mit Strategien ausstatten, wie man sich Wissen erschließt, ihnen Lernkompetenzen vermitteln und die Bereitschaft sich immer wieder auf Neues einzulassen." Niemand wisse wie das Leben, das die heutigen Schüler in 15 oder 20 Jahren erwarte, aussehe. Generell dürfe das Wort vom "lebenslangen Lernen" für alle Menschen keine leere Phrase bleiben.

Im Hinblick auf die Wahlen im Spätsommer betonten Esken und Stoch, dass mit dem SPD-Kandidaten Martin Schulz als Kanzler, der zumindest als Papp-Aufsteller in Calw mit dabei war, Bildung ein zentrales Investitionsfeld des Bundes werde.