Burladingen - In der Affäre um die Stellenbesetzung im Kindergarten Jahnstraße wird womöglich ein weiteres Kapitel aufgeschlagen. Nach zwei Leserbriefen von Mitarbeiterinnen der Einrichtung werden Fragen dazu laut, wie Harry Ebert es mit Gleichbehandlung und Arbeitsrecht hält.

Denn was viele in der Fehlastadt nicht wissen, die meisten Gemeinderäte aber sehr wohl: Für genau das gleiche Verhalten bekamen vor fünf Jahren die zwei Hausmeister des Schulzentrums vom Stadtchef eine saftige Abmahnung in ihre Personalakte.

Damals hatten sich einige der Räte in einer öffentlichen Sitzung über schmutzige Umkleidekabinen in der neuen Stadthalle, fehlende Hausmeister bei Veranstaltungen und Chaos rund um die komplizierte Tonanlage beschwert.

Viel Ärger für Bewerberin

Allerdings war die Verwaltung zu diesem Zeitpunkt gerade auf der Suche nach einem Stadthallenhausmeister, derweil die zwei vom Schulzentrum die Aufgaben so gut es ging mit erledigten. Nach dem Zeitungsbericht über die Sitzung, fühlten sie sich deshalb zu Unrecht angegriffen und schrieben einen Brief, dessen Inhalt von der Redaktion in Form eines kleinen Artikels veröffentlicht wurde. Das, so wurde ihnen damals von ihrem Chef beschieden, hätten sie nicht tun dürfen. Mitarbeiter der Stadtverwaltung hätten der Presse gegenüber zu schweigen. Eine Abmahnung für die Personalakte war die Folge.

Viele Räten fragen sich jetzt, ob die Ebertsche Haus-Regel wohl auch auf die beiden Mitarbeiterinnen des Kindergartens Jahnstraße Anwendung fand, und fragen heute Abend in der Sitzung womöglich nach. Wenn, dann allerdings hinter verschlossenen Türen, denn Personalfragen sind grundsätzlich nicht öffentlich.

Auch wenn es um die Ehefrau des Bürgermeisters geht, Christine Kaufmann, die die städtische Einrichtung in der Jahnstraße nun schon viele Jahre leitete. Schon damals, als Ebert dem Gemeinderat eine Kandidatin für die Kindergartenleitung vorschlug und sich nach deren Wahl herausstellte, dass sein Interesse auch privater Natur war, fühlten sich viele Gemeinderäte etwas hinters Licht geführt, in der Stadt wurde die Stellenbesetzung durchaus diskutiert.

Dass Ebert die beiden Kolleginnen seiner Frau tatsächlich arbeitsrechtlich in die Schranken wies, glaubt keiner wirklich. Denn in ihren beiden Leserbriefen verteidigten sie nicht nur das durchaus fragwürdige Besetzungsverfahren sondern eine warf sogar die Frage auf: "Wäre dies so hochgekocht, wenn Frau Kaufmann nicht Frau Ebert wäre?"

Der Schwarzwälder Bote hatte kurz zuvor darüber berichtet, dass Elternvertreter und Erzieherinnen des Kindergartens Jahnstraße intensiv ins Bewerberverfahren eingebunden waren. Die erste vom Gemeinderat gewählte Bewerberin hatte dann Abstand davon genommen, die Stelle anzutreten. Sie überlege sich rechtliche Schritte und ob sie den Landesbeauftragten für Datenschutz einschalten werde, hatte sie unserer Zeitung im Februar erklärt. Ebert hatte trotz Bitte um Diskretion im Bewerbungsschreiben, die Chefin der Frau, die sich in ungekündigter Stellung befand, angerufen und den Sachverhalt preisgegeben.

Das habe ihr viel Ärger eingebracht hatte die Erzieherin aus einem Nachbarort betont. Der Gemeinderat hat sich dann in der Februarsitzung nach einer zweiten Vorstellungsrunde für eine neue Kandidatin als Leiterin des Kindergartens Jahnstraße entschieden.

Kommentar: April, April

Von Erika Rapthel-Kieser

"April, April, der macht was er will", sagt der Volksmund über einen Kalendermonat, der für extreme Überraschungen gut ist. So wie Noch-Bürgermeister Harry Ebert. Kurz vor Ende seiner Amtszeit zeigt die Kindergartenaffäre noch einmal deutlich, wie willkürlich das AfD-Stadtoberhaupt sein Amt versah, nicht nur, dass die Stellenbesetzung geprägt ist von einem andernorts völlig unüblichen Verfahren, einer peinlichen Indiskretion und einem drohenden Rechtsstreit. Dass sich jetzt die Frage stellt, ob die zwei Mitarbeiterinnen des Kindergartens Jahnstraße nach dem Prinzip »Gleiches Recht für alle« ebenfalls mit einer Abmahnung geahndet wurden, ist für die zwei Hausmeister sicher mehr als bitter. Vielleicht dringen sie vor diesem neuen Hintergrund aber nachträglich ja darauf, ihre Personalakten ändern zu lassen. Was für ein peinliches Desaster.