Nach dem Drohbrief waren an der Bisinger Realschule einige Schüler verunsichert. Foto: Dick

Vater eines Schülers erhält Hausverbot in Bisinger Hohenzollernhalle. Abschlussfeier der Realschule abgesagt.

Bisingen - Ein Drohschreiben an die Realschule sorgt in Bisingen weiter für Aufsehen. Elternvertreter kritisieren die Kommunikation der Schulleitung. Bereits vergangene Woche hat es eine Razzia gegeben, bei der nach Waffen gesucht wurde.

Am Mittwochabend vergangener Woche war das Drohschreiben an der Realschule eingegangen. Seitdem gibt es kaum Informationen zu dem Vorfall. Doch nun meldet sich der Vater eines Schülers zu Wort.

"Mitten in der Nacht kamen sie zu mir zur Hausdurchsuchung", erzählt Albrecht Ott. Bei der Razzia sei die Polizei auf der Suche nach Waffen gewesen, habe aber keine gefunden. Seinen Laptop und sein Handy hätten die Beamten seltsamer Weise nicht durchsucht. "Der Drohbrief kam per E-Mail", erzählt Ott.

Nur Zeugnis-Übergabe statt Abschlussfeier

Am Mittwoch folgte dann die Hiobsbotschaft für den Vater: Er darf nicht zur Abschlussfeier seines Sohnes. Ein Mitarbeiter vom Hechinger Polizeiposten teilte ihm mit, dass er in der Hohenzollernhalle – dem geplanten Austragungsort der Feier – von 17 bis 23 Uhr Hausverbot habe. Am Nachmittag dann die nächste Wende: Die Abschlussfeier falle wegen "der Störungsdrohung seitens eines Elternteils aus", lautet eine Whatsapp-Nachricht, die ihm sein Sohn präsentiert. Jetzt gibt es nur eine Zeugnisübergabe im Musiksaal.

"Ich habe keine Drohungen ausgesprochen", versichert Albrecht Ott. Er glaubt daran, dass die besagten Vorfälle mit seiner Beschwerde zu tun haben. Er hatte zwei Tage vor dem Eingang des Drohbriefs Kritik an den mündlichen Prüfungen gegenüber der Schulleitung geäußert. "Die haben die Schüler ins offene Messer laufen lassen", erzählt Ott. Gleich mehrere "Einser-Kandidaten" hätten eine schlechte Note bekommen. Er wolle nur zur Sprache bringen, was an dieser Schule laufe. "Kritik muss im öffentlichen Raum gestattet sein", so Ott. Er hat inzwischen einen Rechtsanwalt hinzugezogen.

Als wären diese Vorfälle nicht genug Zündstoff für die Schulleitung haben sich zwei Elternvertreter der Grund- und Werkrealschule über die Vorgehensweise nach dem Erhalt des Drohbriefes beschwert. An der Realschule war beschlossen worden, den Unterricht ausfallen zu lassen. Zunächst soll das aber – laut einem Leserbrief mit einem "technischen Defekt" begründet worden sein. Schulleiterin Heike Burger möchte dazu keine genaueren Auskünfte geben. "Das hat dazu gedient, präventiv tätig zu sein", sagt sie nur. Warum eine Schule den Unterricht ausfallen ließ und die andere nicht, kommentiert sie wie folgt: "Das sind Entscheidungen, die nicht zur Debatte stehen und nicht näher beantwortet werden."

Der Betrieb an der Grund- und Werkrealschule lief nach der Drohung weiter. Hier wirft der Leserbrief der Schulleitung vor, dass die Eltern und Schüler nicht ausreichend informiert wurden. Rektorin Andrea Jetter verweist jedoch auf ein Schreiben auf der Internetseite. "Auf die Homepage der Schule kam zügig der Hinweis, dass wir normal Schule machen", sagt Rektorin Andrea Jetter.

Die Eltern auf anderem Wege zu informieren habe man nicht als notwendig empfunden. "Die Gefahr war ganz klar als sehr gering einzuschätzen, so dass wir den Rat bekamen, den Unterricht wie gewohnt fortlaufen zu lassen", erklärt Jetter. Dieser Empfehlung sei man "mit gutem Gefühl" gefolgt. Im besagten Schreiben auf der Internetseite stand am Donnerstagmorgen wortwörtlich: "Es bestand zu keiner Zeit konkrete Gefahr." Zudem ist darauf der Hinweis zu finden: "Wenn sie Fragen haben oder mit uns sprechen möchten, wenden sie sich an uns."

Doch wie kam dann die im Leserbrief beschrieben Verunsicherung zustande? "Bis mittags war nichts im Internet", behauptet Monica Bracciale-Leggio, Mitglied des Elternbeirates. Sie und andere hätten an diesem Tag nachgeforscht. Zudem hätten sie sich aufgeregt, weil die eine Schule zu war und die andere nicht. "Das hat sich angefühlt als wären unsere Kinder als freie Opfer in die Schule geschickt worden", so Bracciale-Leggio weiter.

Die Situation habe viele Schüler verunsichert. "Wenn die Situation so harmlos war: Wieso sucht man dann nach Waffen? Wieso laufen dort Männer mit Maschinengewehren herum?", fragt sich Bracciale-Leggio. Dazu kann die Polizei aus ermittlungstechnischen Gründen weiter nichts sagen. Die Aufklärung über das mysteriöse Drohschreiben lässt also auf sich warten.

"Da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, können auch weiterhin keine detaillierten Inhalte dazu veröffentlicht werden", heißt es in einer Stellungnahme der Polizei. Es bleibe festzuhalten, dass die polizeilichen Maßnahmen (sichtbare Präsenz an zwei Schultagen) bei den Betroffenen sowie bei den Eltern dazu beigetragen hätten, dass das subjektive Sicherheitsempfinden insgesamt gestärkt worden sei.

Dass die polizeiliche Präsenz notwendig war, sei durch positive Rückmeldungen der Schüler, Lehrkräfte und Eltern vor Ort bestätigt worden. "In vielen Gesprächen konnten die Polizeibeamten auf Fragen entsprechende Antworten geben und so auch zur Beruhigung der Situation beitragen", so die Stellungnahme. Die Polizei und die Schulleitung standen permanent in Kontakt und die Öffentlichkeit sei durch entsprechende Pressemitteilungen aktuell informiert worden.

Seite 2: Leserbrief zum Thema

Mit Unverständnis reagieren die Elternvertreter der Bisinger GWRS in ihrer kurzfristig einberufenen außerordentlichen Sitzung auf das Krisenmanagement im Zusammenhang mit einem Drohbrief vergangener Woche.

Offensichtlich hielten es die Verantwortlichen angesichts einer am Mittwochabend eingegangenen Drohung für notwendig, die Eltern der Realschüler zu informieren, dass die Schule am Donnerstag aufgrund eines "technischen Defekts" ausfällt. Die Eltern der GWRS, die sich dasselbe Schulgelände teilen, wurden hingegen nicht informiert. Angesichts mehrerer Streifenwagen rund um das Schulzentrum wurden viele Eltern stutzig. Erst durch öffentliche Medien und soziale Netzwerke wurde über eine mögliche Bedrohung informiert.

Verunsicherte Eltern konnten in der Schule niemand erreichen und wandten sich an die Elternbeiräte. Selbst der Elternbeiratsvorsitzende wusste bis 10 Uhr von nichts und erreichte erst dann die Schulleitung. Die fehlenden Informationen führten schnell zu wilden Gerüchten und Verunsicherung der Schülerschaft. "Der schlimmste Tag meiner Schulzeit", wird eine Drittklässlerin zitiert.

Viele Eltern konnten die Vorgehensweise nicht nachvollziehen. Entweder gab es eine Gefährdungslage oder nicht. Gab es eine Gefährdungslage, dann hätten alle Eltern des Schulzentrums und der angrenzende Kindergarten informiert werden müssen. Gab es keine Gefährdungslage stellt sich die Frage, warum der Unterricht an der Realschule entfallen musste und die Polizei zwei Tage auf dem Gelände des gesamten Schulzentrums präsent war.

Das erst fünf Tage später ausgegebene Schreiben der Schulleitung der GWRS betont, die offene Polizeipräsenz hätte das subjektive Sicherheitsgefühl der "Betroffenen" erhöhen sollen. Ob dies nicht auch durch Zivilbeamte in Umkreis der "Betroffenen" möglich gewesen wäre, bleibt dahingestellt. Erhöht hat es in Verbindung mit dem Informationsdefizit auf jeden Fall das Unsicherheitsgefühl der Schüler und Eltern an der GWRS.

Eltern haben den Elternvertretern berichtet, dass zumindest einige Kinder die durch die Gerüchte entstandene Situation schlecht verkraftet hätten. Eine verlässliche Information, die GWRS sei nicht betroffen, hätte hier Abhilfe geschaffen und keine "ermittlungstaktische" Details offengelegt. Auch das Angebot von Schulpsychologen wäre dann nicht notwendig gewesen. Die Perspektive der Schüler und Eltern der GWRS hat schlichtweg keine Rolle gespielt.

Für ein sogenanntes "Schulzentrum", in dem alle Schulen und der Kindergarten räumlich zusammenhängen, ist diese Vorgehensweise nicht tragbar. Für die Verantwortlichen und ihr Krisenmanagement können die Elternvertreter nur die Note 6 vergeben. So nicht!

Im Namen Elternvertreter der GWRS: Claus Oertel, Monica Bracciale-Leggio | Bisingen