Eine Nachricht, die überrascht: Papst Benedikt XVI. tritt ab. Foto: dpa

Mit dem Rücktritt von Papst Benedikt könnte die Zeit reif sein für den ersten Pontifex, der nicht aus Europa stammt. Besonders ein Kandidat aus Lateinamerika dürfte beste Chancen haben.

Rom - Als Johannes Paul II. am 2. April 2005 starb, wurde der neue Träger der roten Schuhe (die päpstliche Tradition sind) 17 Tage später gewählt. Auch diesmal soll es wieder schnell gehen. Am 28. Februar endet die Ära Benedikts XVI., und das Warten auf den 266. Nachfolger des Apostels Petrus beginnt. Bis Ostern soll er inthronisiert sein. Das Konklave könne 15 bis 20 Tage nach dem Rücktritt beginnen, sagt ein Vatikansprecher. 

Sind bereits Nachfolger im Gespräch?
Bei britischen Buchmachern haben Kandidaten aus Afrika, Italien und Kanada besonders gute Quoten, wie die italienische Nachrichtenagentur für Spiele und Wetten, Agipro News, berichtet. Demnach zeichnet sich ein enges Rennen zwischen dem nigerianischen Kurienkardinal Francis Arinze und dem Kanadier Marc Ouellet ab. Auch Kardinal Peter Turkson aus Ghana wird genannt. Er leitet die Vatikan- Abteilung für Frieden und Gerechtigkeit. Von den Italienern hat der Mailänder Erzbischof Angelo Scola Chancen, gefolgt von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone.

Könnte der nächste Papst ein Lateinamerikaner sein?
Sollte Lateinamerika beim Konklave in der Sixtinischen Kapelle an der Reihe sein, könnte die Wahl auf Odilo Scherer fallen, den Erzbischof der Diözese São Paolo, oder auf Leonardo Sandri, den Leiter der vatikanischen Abteilung für die Kirchen im Osten, der italienisch-argentinischer Herkunft ist.

Was kennzeichnet Benedikts Amtszeit?
An der rigiden Sexualmoral seines Vorgängers hat Benedikt genauso festgehalten wie am Zölibat. Auch in der Personalpolitik unterscheidet er sich kaum von dem autoritären Karol Wojtyla. Mit der Ernennung des konservativen Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller zum neuen Präfekten der Glaubenskongregation hat Benedikt bereits sein Erbe geregelt. Müller wird an zentraler Stelle im Vatikan im Sinne des Noch-Papstes über die kirchliche Lehre wachen.

Vor welchen Herausforderungen steht das neue Kirchenoberhaupt?
Wer auch immer das Oberhaupt von rund 1,2 Milliarden Katholiken sein wird, er tritt ein schweres Erbe an: der schwindende gesellschaftliche Einfluss der Kirche in Europa und Nordamerika, der Priestermangel, die Gegensätze zwischen den Kirchen in den Industrieländern und der Dritten Welt, das Vordringen evangelikaler Sekten. Die von Johannes Paul II. in den Mittelpunkt seines Pontifikats gestellte Neuevangelisation droht zu versanden. Der neue Papst muss die Kirche aus der Stagnation führen – in Richtung Aufbruch, Reformen und Zukunft.

Was macht der Papst-Pensionär Benedikt?
Joseph Ratzinger wird nach dem Ende seiner Amtszeit in ein Kloster im Vatikan umziehen. Bevor er sich dort häuslich niederlassen könne, müssten noch Umbauarbeiten abgeschlossen werden, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Montag. Dort wolle der scheidende Papst ein Leben in Gebet und Meditation führen. Für die Übergangszeit – die Sedisvakanz – werde er in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo bei Rom wohnen. Abgesehen davon, dass er als ehemaliges Kirchenoberhaupt rund um die Uhr versorgt wird, braucht sich Benedikt keine finanziellen Sorgen zu machen. Allein die Tantiemen aus seinen drei „Jesus“-Büchern, die weltweit in einer Millionenauflage erschienen, würden mehr als ausreichen.

Nach welchen Regeln findet die Wahl statt?
Der 266. Papst wird von den Kardinälen im Konklave gewählt. Das Prozedere ist bis ins Detail geregelt. Anzahl, Höchstalter (unter 80) und Kleidung sind ebenso festgelegt wie Eidesformeln, Gebete und Aussehen der Wahlzettel. Wer neuer Papst wird, erfährt die Welt beim „Habemus Papam“ (Wir haben einen Papst). Wer im Konklave für oder gegen den neuen Pontifex stimmte, soll sie nie erfahren. Die Kardinäle müssen absolute Verschwiegenheit schwören, Techniker sollen Lauschangriffe abwehren.

Wer kommt als Papst-Kandidat infrage?
Den Mitgliedern bieten die rund 130 Gemächer des vatikanischen Gästehauses Domus Sanctae Marthae heute schlichten Komfort. Wahlberechtigt sind Kardinäle unter 80 Jahren. Das Konklave muss spätestens 20 Tage nach dem Tod oder wie aktuell nach dem Rücktritt des Papstes beginnen. Von der Cappella Paolina ziehen die anwesenden Wahlberechtigten in Chorkleidung und feierlicher Prozession in die Sixtina. Dabei erflehen sie mit dem Gesang „Veni Creator“ den Beistand des Heiligen Geistes. Der Gewählte muss nach Kirchenrecht weder Bischof noch Kardinal sein, nicht einmal Priester, sondern nur ein männlicher, gläubiger und unverheirateter Katholik bei klarem Verstand. Tatsächlich wählen die Kardinäle aber seit Jahrhunderten einen Vertreter aus ihrem Kreis.

Wie wird gewährleistet, dass die Wahlabsprachen nicht nach außen dringen?
Die Kardinäle schwören ebenso wie Beichtväter, Ärzte, der Tischdienst und die Putzkolonne Verschwiegenheit. Sie dürfen keine Briefe schreiben oder empfangen, nicht telefonieren oder auf andere Weise Kontakt zur Außenwelt aufnehmen. Nach dem Einzug in die Sixtinische Kapelle legen sie den Eid ab. Jeder Kardinal erhält wenigstens zwei oder drei Stimmzettel. Auf diesen stehen bereits die Worte „Eligo in Summum Pontificem“ (Zum Papst wähle ich).

Was hat es mit dem schwarzen und weißen Rauch auf sich?
Sind alle Wahlzettel in der Urne, beginnen Wahlhelfer mit der Auszählung. Hat nach einer erneuten Überprüfung alles seine Ordnung, werden die Stimmzettel verbrannt. Solange schwarzer Rauch aus der Sixtina aufsteigt, hat kein Kandidat die Mehrheit. Ist die Entscheidung gefallen, muss der Kandidat die Wahl annehmen. Dann wird er gefragt, welchen Namen er sich gibt. Aus dem Schornstein steigt nun weißer Rauch auf. Die Welt blickt auf die Loggia des Petersdoms, wo der erste der Kardinaldiakone den neuen Papst mit den Worten „Habemus Papam“ präsentiert. Das Pontifikat beginnt mit dem Segen „Urbi et orbi“ (der Stadt und dem Erdkreis).

Kann Benedikt nach seinem Rücktritt noch Einfluss auf die Kirche ausüben?
Bleibt die Frage, ob Benedikt XVI. nach dem Amtsverzicht weiter Einfluss nehmen kann? Unter Kirchenexperten herrscht Einigkeit, dass sich der Papst im Fall eines Rücktritts sofort und vollständig aus allen Ämtern und aus dem öffentlichen Leben der Kirche zurückziehen müsste. Nur so könne gewährt werden, dass der Zurückgetretene nicht die Wahl seines Nachfolgers und dessen Politik beeinflusst. Papst Johannes Paul II. hatte einmal gesagt, er könne sich einen „emeritierten Papst“ nicht vorstellen. Benedikt XVI. kann dies ganz offenbar.