Guten Abend: Minister Bonde (Mitte) trifft im Landratsamt auf den Ostdorfer Landwirt Maier (rechts). Fernsehkameras zeichnen das Geschehen auf. Landrat Pauli (links) hört sich das erste, ruhige Gespräch der beiden interessiert an – später wird’s dann hitziger. Foto: Maier

Themen Ohrmarkenstreit und tiergerechte Schlachtung: Ernst Hermann Maier geht Alexander Bonde hart an.

Balingen - Eine Dialogveranstaltung mit Minister und vielen Beteiligten war angekündigt – diese wurde gestern Abend im Landratsamt Balingen zur großen Bühne für den Kampf des Ostdorfer Landwirts Ernst Hermann Maier zugunsten des Tierschutzes. Maier ging Alexander Bonde hart an.

Schon als Bonde, der baden-württembergische Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, den Saal betrat, traf er sofort mit dem Ostdorfer zusammen. Kein Wunder, schließlich hatte Maier gleich links vom Eingang in den Saal zusammen mit anderen einen Infostand des Vereins Uria aufgebaut. Maier und Bonde schüttelten sich die Hände, sie redeten erste Sätze. Dann ging Bonde weiter, die anderen Stände anschauen. Der spezielle Dialog zwischen dem Landwirt und dem Minister kam erst später so richtig in Gang.

Zuerst dankte Landrat Günther-Martin Pauli der Landesregierung für die Unterstützung, beispielsweise für die Fördergelder im Rahmen des "Leader"-Programms. Dann pries Bonde rund eine halbe Stunde lang die Erfolge der grün-roten Landesregierung, sang ein Hohelied auf den Ländlichen Raum, der in Stuttgart ein zentrales Thema sei, und kündigte unter anderem höhere Fördergelder für Programme an, die speziell dem Ländlichen Raum zugute kommen.

Maier: "Das ist ein Skandal!"

Und dann kam wieder Maier. In der Fragerunde griff er zum Mikrofon, löcherte Bonde, bohrte immer wieder nach, zoffte sich gar mit dem Minister.

Das eine Thema: die Ohrmarken für Rinder. Maier lehnt sie ab, pflanzt seinen Tieren stattdessen zur Kennzeichnung elektronische Chips ein. Das sei sicherer, das sei für die Tiere nicht schmerzhaft. Der Minister solle sich doch bitte dem Dialog darüber nicht verschließen. Er habe versucht, einen Termin in Stuttgart zu bekommen – ohne Erfolg. "Das ist ein Skandal!", so Maier.

Er frage sich, warum er die Chips auf Anordnung des Landratsamts zunächst einpflanzen musste, dann 14 Jahre lang durfte – und warum das nun plötzlich nicht mehr möglich sein solle, so Maier. Unterstützung erhielt der Landwirt von der Straßberger Tierärztin Andrea Metzger: Ohrmarken seien als Kennzeichnung nicht fälschungssicher und öffneten dem Betrug in Schlachthöfen und auf dem Fleischmarkt Tür und Tor. Der langjährige BUND-Vorsitzende Eberhard Müller fragte, warum der Ohrmarkenzwang für Rinder, aber beispielsweise nicht für Pferde besteht.

Bonde antworte ruhig und sachlich, er wollte hörbar Dampf rauslassen. Es sei nun einmal Fakt, dass er für Ohrmarken nicht der richtige Ansprechpartner sei – das sei die EU. Er nehme das Thema ernst, es habe Diskussionen mit Vertretern der Bundesregierung und der EU-Kommission gegeben. Allesamt mit demselben Ergebnis: Die Chips, die Maier seinen Tieren einpflanzt, entsprächen (noch) nicht der gültigen Rechtslage. Deshalb müsse Maier seinen Tieren Ohrmarken einziehen, so Bonde.

"Niemals", konterte Maier. Er beruft sich auf die Ausnahmegenehmigung, die ihm das Landratsamt erteilt hat. Daraufhin Bonde: Wenn Maier das EU-Recht weiterhin nicht beachte, dann drohten tausenden Landwirten in Baden-Württemberg die Kürzung von EU-Fördergeldern und dem Land Strafzahlungen in Millionenhöhe dazu. Die rechtliche Lage sei "eindeutig", so Bonde. Darauf Maier: Der Minister könne eine Ausnahme möglich machen. Darauf Bonde: nein.

Das zweite Streit-Thema war die Frage der tiergerechten Schlachtung – hier wartet Maier, wie er sagte, seit mittlerweile einem Jahr auf eine Antwort des Ministeriums. Darum geht’s: Maier schlachtet seine Rinder, wie alle Uria-Landwirte, in ihrer natürlichen Umgebung. Insbesondere werden dadurch Transporte zu Schlachthöfen vermieden, den Tieren wird damit Stress, Angst und Leid erspart. Der große Lebensmittelhändler Edeka Südwest habe Interesse bekundet, so Maier, sein Biofleisch künftig nach Uria-Richtlinien zu schlachten. Dafür bitte er um politische Unterstützung.

Dazu sagte Bonde, dass sein Ministerium kein Akteur auf dem Lebensmittelmarkt sei. Darauf Maier: Es gehe nicht um den Verkauf, sondern um die Art der Schlachtung. Wenn sich ein großer Händler wie Edeka in die "richtige Richtung" bewege, dann stünde einer Landesregierung, die sich den Tierschutz auf die Fahnen geschrieben habe, ein stärkeres Engagement in dieser Sache sehr gut zu Gesicht.