"Keine Verbindung zwischen politischem Engagement und Nebentätigkeit": Thomas Bareiß weist einen möglichen Interessenskonflikt zurück. Foto: Maier

Nebeneinkünfte: Mindestens 47.000 Euro seit 2013 - was Thomas Bareiß als Abgeordneter dazuverdient.

Zollernalbkreis - Seit mittlerweile elf Jahren gehört Thomas Bareiß als Abgeordneter des Wahlkreises Zollernalb-Sigmaringen dem Bundestag an. Geld bekommt er indes nicht nur für die Bekleidung dieses öffentlichen Amts – vielmehr verdient sich der CDU-Abgeordnete auch nebenbei schön etwas dazu. Insbesondere seine Beirats-Tätigkeit bei Rockwool wirft Fragen auf.

 Wieviel der 41-Jährige neben seiner Abgeordnetendiät in Höhe von derzeit 9082 Euro monatlich nebenbei verdient, das weiß nur er allein. Zwar besteht eine Veröffentlichungspflicht hinsichtlich entgeltlicher Tätigkeiten neben dem Mandat, diese bleibt allerdings recht ungenau: Die Abgeordneten müssen ihre Nebeneinkünfte nicht in Euro und Cent angeben, sondern in einem zehnstufigen System. Im Falle Bareiß bedeutet das: Er hat in den vergangenen drei Jahren, seit der Wahl 2013, mindestens 47.000 Euro durch Nebentätigkeiten verdient – es können allerdings auch 97.000 Euro gewesen sein.

Konkret erhielt Bareiß, Abgeordneter des Wahlkreises Zollernalb-Sigmaringen, für die Leitung zweier Tagungen des Forums Institut für Management GmbH mit Sitz in Heidelberg in den Jahren 2014 und 2015 Beträge der sogenannten Stufe 1. Das entspricht einem Nebenverdienst von jeweils 1000 bis 3500 Euro. Deutlich lukrativer ist für Bareiß die Mitgliedschaft im Beirat der Deutschen Rockwool GmbH & Co. OHG mit Sitz in Gladbeck: Dafür bekommt er jährlich einen Betrag der Stufe 4 – das sind mindestens 15.000, höchstens 30.000 Euro.

Mit dem Nebenverdienst befindert sich Bareiß in guter Gesellschaft: Jeder vierte Bundestagsabgeordnete hat neben seinen Diäten weitere Einkünfte. Nach Angaben der Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de, die die "intransparenten Veröffentlichungsregeln des Bundestags" in dieser Woche zum wiederholten Male angeprangert hat, kassierten die Bundes-Parlamentarier in der laufenden Legislaturperiode mindestens 18 Millionen Euro nebenher, tatsächlich könnten es sogar bis zu 33,6 Millionen Euro sein.

Insgesamt bezogen die Bundestagsabgeordneten aus Baden-Württemberg in der laufenden Legislaturperiode Nebeneinkünfte von mindestens 1,89 Millionen Euro. Thomas Bareiß liegt, was die Mindesthöhe seiner Nebeneinkünfte betrifft, unter den 19 Abgeordneten im Ländle, die nebenbei etwas verdienen, auf Platz sechs (siehe Tabelle); innerhalb der 310 Mitglieder zählenden CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf Platz 32 und unter allen 630 Bundestagsabgeordneten auf Platz 59. Die vier Abgeordneten des Nachbarwahlkreises Hechingen-Tübingen – Annette Widmann-Mauz (CDU), Heike Hänsel (Linke), Chris Kühn (Grüne) und Martin Rosemann (SPD) – hatten seit Beginn der Legislaturperiode nach eigenen Angaben keine Nebeneinkünfte.

Tatsächlich hat Bareiß noch zahlreiche weitere Nebenjobs – dabei handelt es sich indes zumeist um ehrenamtliche Funktionen. So ist er etwa Mitglied des Verwaltungsrats der Ausbildungs- und Berufsförderungsstätte Albstadt, er sitzt im Kuratorium des Deutsch-Aserbaidschanischen Forums Berlin ebenso wie in jenem des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion in Mühlheim an der Ruhr und ist auch Vorstandsmitglied des Vereins der Freunde der Erzabtei St. Martin zu Beuron.

Zum Thema Nebentätigkeiten schreibt Bareiß auf seiner Homepage, es werde oft vergessen, dass Abgeordnete nur ein Mandat auf Zeit hätten. Vielfach sei es notwendig, Kontakt zum Beruf zu halten und für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Parlament Vorsorge zu treffen. Verbindungen zur Berufswelt seien im übrigen auch gut für das Parlament: Mit ihren außerhalb des Bundestags gewonnenen Erfahrungen und Eindrücken bereicherten sie die parlamentarische Arbeit.

Bei Bareiß, studierter Betriebswirt, der vor seiner erstmaligen Wahl in den Bundestag 2005 in seiner Heimatstadt Meßstetten für das Textilunternehmen Sanetta tätig war, scheint es indes andersherum zu sein: Erst durch seine Tätigkeit als Abgeordneter und seinen Funktionen innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurde er offenbar insbesondere für die Rockwool interessant.

In seinen ersten vier Jahren im Bundesparlament ging Bareiß keiner entgeltlichen Nebentätigkeit nach. Sehr wohl aber nach 2009, in seiner zweiten Legislaturperiode. 2010 wurde Bareiß Mitglied im Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und zudem Koordinator (heute: Beauftragter) für Energiepolitik seiner Fraktion. Als solcher war er für die Deutsche Rockwool, die zum weltweit tätigen Rockwool International A/S gehört, attraktiv: Das Unternehmen ist der weltweit größte Hersteller von Dämmstoffen und Dämmsystemen.

Bareiß wurde 2011 Mitglied des Rockwool-Beirats. Dort ist er als Bundestags-Abgeordneter nicht allein: Dem Gremium gehören ebenso der CDU-Abgeordnete Volkmar Vogel (Greiz) sowie der SPD-Mann Johannes Kahrs (Hamburg) an.

Dass Bareiß als Energie-Beauftragter seiner Fraktion im Beirat eines Energieeffizienz-Unternehmens vertreten ist, das hat, würde der Schwabe sagen, ein G’schmäckle. Tatsächlich hat Bareiß wiederholt eine bessere finanzielle Ausstattung des Gebäudesanierungsprogramms der Bundesregierung sowie eine bessere steuerliche Förderung von Gebäudesanierungen gefordert. Direkt von solchen Forderungen profitieren würden auch Rockwool und andere Unternehmen der Dämmstoffindustrie.

Dass dieses politische Engagement etwas mit seiner Nebentätigkeit zu tun haben könnte, weist Bareiß im Gespräch mit unserer Zeitung zurück. Den Beiratsposten bei Rockwool habe er angetreten, um einen "Fuß in der Wirtschaft" zu haben, um zu wissen, welche Themen in Unternehmen aktuell seien, wo diese der Schuh drücke. Eine Überschneidung zwischen seiner Aufgabe als Abgeordneter und der Tätigkeit im Beirat gebe es kaum: Als Energie-Beauftragter der CDU/CSU kümmere er sich vor allem um Themen wie Engergieträger und Versorgungssicherheit.

Allzu aufwendig scheint der Job bei Rockwool indes nicht zu sein, wie das Nachrichtenmagazin "Spiegel" 2014 schrieb: In jenem Jahr habe sich der Beirat bei zwei Sitzungen für jeweils drei bis fünf Stunden in Berlin getroffen. Angesichts des Nebenverdiensts von mindestens 15.000 Euro jährlich dürfte der Stundenlohn für die Beiratsmitglieder und damit auch für die Abgeordneten sich also im vierstelligen Bereich bewegen.