Beim Auftritt von Christoph Sonntag in der Schwarzwaldhalle blieb kein Auge trocken. Foto: Braun Foto: Schwarzwälder-Bote

Kabarettist überzeugt das Publikum, dass früher alles besser war

Von Monika Braun

Baiersbronn. Die Plätze in der ersten Reihe in der mit rund 800 Gästen besetzten Baiersbronner Schwarzwaldhalle erwiesen sich als gefährlich, denn vor einem in Höchstform auftretenden Christoph Sonntag war am Freitag niemand sicher. Die "unwiderstehlich duftende Daniela", oder der "beim Daimler für Qualität zuständige Rainer" waren zwei Publikumsopfer, die Sonntags witzig-frechem Spott an diesem Abend nicht entkamen.

Fest im Griff hatte der charmante Komiker sein Publikum und begeistere mit seiner Live-Show, die Teile der beliebten SWR 3-Radio-Comedyreihe AZNZ – Alte Zeiten Neue Zeiten – beinhaltete. Kein Auge blieb trocken, als Christoph Sonntag die guten alten Zeiten unter die Lupe nahm und dabei seine Zuhörer überzeugte: Früher war eben alles besser vom geräuschintensiven Klappzahlenwecker bis zum romantischen Kinobesuch mit der Auserwählten.

Kaffee aus dem Porzellanfilter, der handgeschriebene Brief oder das Familientreffen mit der Großtante, die mit ihren speicheltriefenden Küssen so manchen Neffen erschreckte, brachten den Retro-Fan so richtig ins Schwärmen und damit das Publikum in den Genuss von feinstem Kabarett.

Oft im Sekundentakt gesprochene Szenen, satirische Sichtweisen und haarsträubende Behauptungen waren der Garant für einen gelungenen Abend bei dem Sonntags obligatorisches "so, jetzt wär des au g'schwätzt" nicht fehlen durfte. Der Schwäbischkurs für Anfänger gestaltete sich als wahre Quelle der Komik mit zungenbrecherischen Sätzen, die das Publikum lautstark wiederholte und damit für Lachanfälle sorgte.

"Der Schwabe schämt sich für seinen Dialekt, der Sachse, der sich schämen sollte, tut es nicht", so Sonntags trockener Kommentar zu den mehr oder weniger gelungenen Sprachübungen seiner Fans. Mit gekonnten Überleitungen in faszinierender Redegeschwindigkeit kam Schwung in Christoph Sonntags Auftritt. Zu jedem und allem hatte er seine ganz private Sichtweise.

Weder Stuttgart 21 ("nur wenn ENBW nebenan ein Kernkraftwerk baut, dann rutscht der Widerstand einen Kilometer weiter") noch das Duo Merkel-Sarkozy ("beide mit Migrationshintergrund – sie aus dem nahen Osten, er aus Ungarn") waren vor Sonntags Spott sicher.

Die neuesten Apps fürs High-Tech-Handy waren dabei für ihn genauso unwichtig wie die elektrische Zahnbürste oder das ultramoderne Navigationssystem – Erfindungen, die Christoph Sonntag vorgab, eigentlich gar nicht zu brauchen, dabei aber immer wieder auf seinen hochmodernen Bühnencomputer schielte.

Fragen des Lebens, oft überraschend sinnlos und dabei aber treffend aussagekräftig, verstand der Kabarettist zu beantworten, während sein Publikum eine Pointe nach der anderen lachend verarbeiten musste. Neben seiner mitreißend vorgetragenen Schwabenhymne "So senn mir", ein Loblied auf die schwäbischen Tugenden, waren auch seine politischen Zwiegespräche zwischen Günther Oettinger und Winfried Kretschmann satirische Sahnehäubchen. Ob die Finanzkrise, die Klimakatastrophe oder das digitale Zeitalter mit seinen Tücken – alles pickte sich Sonntag heraus und zerpflückte es wortreich, bis auch dem letzten Zuhörer klar wurde: Eigentlich war früher wirklich alles besser.